Die freiheitliche Entwicklung Oesterreichs steht mit der Entwicklung der Archi
tektur in Oesterreich in innigem Zusammenhänge. Nie würde die österreichische Archi
tektur zu solcher Blüthe gelangt sein, wenn nicht in den Jahren 1848 und 1849 die Grund
lagen der bürgerlichen Freiheit geschaffen worden wären. Damals galt es, die Archi
tektur in ihr Recht einzusetzen und sie von der Vormundschaft des Beamtenthums und
des Bureaukratismus
zu befreien, sie als
freie Kunst zu erklären.
Die Architektur als
freie Kunst im Bau
leben eingeführt zu ha
ben, ist ohne Frage
eine der erfolgreich
sten Thaten, welche
der gegenwärtige Kai
ser von Oesterreich ins
Werk gesetzt hat. Es
ist daher begreiflich,
dassFerstel dieMärz-
tage von 1848, an wel
chen er regen Antheil
genommen, bis zu sei
nem letzten Augen
blick hochgehalten hat,
da die Bewegung jener
Tage die Befreiung der
Architektur vom bu-
reaukratischen Zwang
herbeigeführt hat. Fer
stel hat sich mit ju- talbauten Wiens für
die Zukunft der österreichischen Baukunst verhängnissvoll werden kann, wenn nicht
rechtzeitig Fürsorge getroffen wird. Wie lebhaft seine Besorgnisse gewesen sind,
die ihn für die Zukunft der Architektur erfüllten, geht in charakteristischer Weise
aus den Worten hervor, die er noch von seinem Sterbebette aus an seinen Freund
Hansen richtete. Das betreffende Schreiben, welches in der Geschichte des Archi
tekturlebens in Oesterreich eine hervorragende Stellung einnehmen wird, lautet:
-
sns
SS
gendlicher Begeiste
rung den politischen
Ereignissen des Jahres
1848 angeschlossen.
In älteren Jahren, als
sein Blut ruhiger und
sein politisches Den
ken reifer wurde, blieb
doch seine Weltan
schauung bis zum letz
ten Augenblick die
selbe. Er war freisinnig,
Deutsch-Oesterreicher
und ein patriotischer
Oesterreicher im vol
len Sinne des Wortes.
Er hat auch keine Ge
legenheit vorüberge
hen lassen, dieser sei
ner Gesinnung öffent
lich Ausdruck zu ge
ben. Ihm entging es
nicht, dass die Voll
endung der Monumen-
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