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Volltext: Die Ausstellung oesterreichischer Kunstgewerbe 4. November 1871 - 4. Februar 1872

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Retables einen hervorragenden Platz behauptet. Der Archäologe wird 
zwar fragen, wie Altarflügel in Intarsia zu einem gothischen, holzge 
schnitzten Innentheil kommen, wir aber haben mit diesem Punkte hier 
nichts zu schaffen und freuen uns an der wackern Ausführung allein. Die 
Aussenseiten beider Flügel stellen eine Kirchenbauscene vor, die Vorder 
seite des Altartisches sozusagen — das Rosenwunder der h. Elisabeth. Die 
Compositionen sind ganz malerisch, mit Perspectiven, Bäumen etc. be 
handelt, und man muss zugeben, dass die grossen Schwierigkeiten in 
diesem Material äusserst geschickt bewältigt sind. Der Künstler wollte 
hier an der Stelle, wo das Mittelalter Gemälde anbrachte, solche in seiner 
Technik nachahmen, begnügte sich aber doch wieder, die Darstellungen 
braun in braun, nicht bunt zu geben, nur zu deni Gesichtern und Hän 
den ist Elfenbein, für Waffen und dergleichen eingelegtes Zink genom 
men. Das Ganze empfängt dadurch den Charakter von Fournierungen an 
Möbeln des 17., 18. Jahrhunderts, mehr als von eigentlicher Intarsia 
arbeit. Zeichnung und Technik verdienen warmes Lob, sowie die An 
wendung des Genres zu kirchlichem Mobiliar ganz der historischen Tradi 
tion angemessen ist. 
Wir möchten die Beschränkung auf zwei, drei Töne der Hölzer, 
welche auch in Italien, dem Heimatlande unseres Kunsthandwerkes, die 
ursprüngliche Weise war, bei unsern gesammten eingelegten Tischler 
arbeiten wieder gewahr werdei^ so lange man in buntfärbigen Holzarten 
nichts besseres als jene immer wiederkehrenden styllosen Blumenbouquets 
zuwege bringt, welche noch ein Erbtheil des verflossenen Jahrhunderts 
sind. Den modernen Künstlern wäre deshalb das Studium des Teirich- 
schen Intarsienwerkes angelegentlichst zu empfehlen, in welchem ihnen 
durch die phantasievollen Schöpfungen der italienischen Frührenaissance 
eine Fundgrube von Motiven geboten, zugleich aber angedeutet wird, in 
welcher Weise die Alten mit den einfach gelben Einlagen auf braunem 
Fond ganz andere Wirkung zu erzielen wussten, als eine bunte naturali 
stische Blume mit allen Schattirungen hervorbringt. Eine solche einfache 
Farbenwahl zeigen die schönen Arbeiten, Büffet, Speisetisch und Stühle, 
vom Kunsttischler Bernhard Ludwig in Wien. Das erstere hat auf dem 
sattbraunen Grund von Nussholz stylvolle Ornamente in Ebenholz und 
gelbem, künstlich gefärbtem. Die Ornamente und Trophäen an dem Damen- 
secretär sind plastisch gedacht, daher minder entsprechend. Ein zweiter 
von Ahorn zeigt auf dem lichten Fond dieses Materials antikisirende 
Motive, Palmetten, Maeander, von Rosenholz eingelegt. Die Intarsia auf 
griechische Muster angewendet, ist ein neuartiger Versuch; fiel die 
Probe hier auch ganz artig aus, so bleibt das eigentliche Bereich der 
Technik doch die Renaissance. Diese in ihrer prachtvollsten Entfal 
tung, mit' immer wechselnden Motiven, reich und phantasievoll sowie in 
der reinsten Formenschönheit repräsentirt der schon genannte Schmuck 
kasten von Josef Storck; die Arbeit des Einlegens hat Tischlermeister
	        
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