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Volltext: Die Ausstellung oesterreichischer Kunstgewerbe 4. November 1871 - 4. Februar 1872

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Studium der Antike, die Lehre der Baustyle, das Studium der grossen 
Malerei und figuralen Plastik, die Ideale der grossen Kunst im Auge be 
haltend, betrieben werden müssen. Nicht in einem zur Pflege der Kunst 
gewerbe geschaffenen Institute, sondern an der Akademie der bildenden 
Künste ist der Ort, wo ein Museum der Gypsabgüsse im Geiste der mo 
dernen deutschen Kunstforschung aufgestellt werden muss. 
Noch wichtiger als diese mit der Akademie der bildenden Künste im 
Zusammenhänge stehenden Fragen sind die grossen Monumentalbauten, 
welche in der nächsten Zeit in Wien zur Ausführung kommen sollen: 
die Hof-Museen, das Hof-Schauspielhaus, die Universität, das Stadthaus, 
das Parlamentshaus und die Akademie der bildenden Künste. Für das 
kunstgewerbliche Leben Wiens ist es von unnennbarem Vortheile, dass 
dasselbe seine Kraft an solchen grossen Bauten erproben, durch dieselben 
Erziehung und geistige Richtung erhalten kann; von eben so grossem 
Vortheile ist es ferner, dass unter den Architekten, welche zur Lösung 
dieser Aufgaben berufen sind, sich Männer der verschiedensten Stylrich 
tungen befinden, Vertreter des Hellenenthums und der Gothik, der fran 
zösischen und italienischen Renaissance. Wie das architektonische Leben 
Wiens aus diesem Grunde eben vor Einseitigkeit und Trockenheit gewahrt 
ist, vor jenem Doctrinarismus, der anderswo die Physiognomie grosser 
Städte zur Eintönigkeit verurtheilt, so kommt auch diese Mannigfaltigkeit 
der Stylrichtungen unseren Kunstgewerben ganz besonders zu Statten. 
Die Weltausstellung im nächsten Jahre wird deutlich zeigen, dass 
die Herrschaft einer ausschliesslichen Stylrichtung im modernen Kunst- 
und Kunstgewerbe-Leben vollständig gebrochen ist, und dass es nicht 
mehr angeht, dass eine Richtung ausschliesslich über die andere zu Ge 
richt sitzt. Hoffen wir, dass auch die äusseren Umstände sich so gestalten, 
dass wir einer Periode des Friedens und der Wohlfahrt entgegen gehen. 
Denn Friede uud Wohlfahrt, Bildung und Sitte sind es, unter deren Schutze 
Kunst und Kunstgewerbe am besten gedeihen. E. 
m
	        
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