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Volltext: Die Ausstellung oesterreichischer Kunstgewerbe 4. November 1871 - 4. Februar 1872

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sie haben aber das Gemeinsame, dass sie alle der stylisirenden Richtung 
folgen. Modern sind sie nicht im Sinne der bisherigen Mode, sondern der 
neuesten Geschmacksreform, welche durch kühnes Vorgehen die Mode 
bereits an sich gefesselt hat. Vorwaltende Motive einer bestimmten Kunst 
epoche sind schwer bei ihnen zu erkennen, der Gesammtcharakter ist 
aber mehr derjenige der Renaissance, wenn wir ihn dem einer anderen 
Fabrik, auf welche wir gleich zu sprechen kommen werden, der von 
Giani, gegenüber stellen. Es sind auch verschiedene Künstler, welche die 
Zeichnungen erfunden haben. Wir nennen ausser Hatzinger noch 
Brunner, Costamagna, Drahan, Lieb und Rödel. 
Einen ebenso eigenen, individuellen Charakter trägt die Fabrik von 
Giani, welche der gleichen Gruppe angehört. Auch sie vertritt durchaus 
die moderne Reform, ja sie war die erste bei uns, welche mit der Mode 
brach und das Publicum nach sich zog. . Man erkennt bei Giani noch 
leicht, auch' in den Geweben weltlicher Bestimmung, dass er seinen Aus 
gang von der kirchlichen Kunst genommen hat, der er übrigens nicht 
untreu geworden ist. Daher finden sich auf seinen Geweben zahlreiche 
Motive mittelalterlicher Art und Herkunft, und diese sind es, die seiner 
Fabrication ihren speciellen Charakter geben. Dass diese Muster für uns 
heute sehr verwendbar sind, haben wir oft genug ausgesprochen. Zum 
zweiten hat Giani zahlreiche orientalische Motive aufgenommen, theils 
persischen, indischen, theils chinesisch-japanischen Ursprungs, soweit die 
letztere Kunst regelmässige Ornamentation bietet, die sich für unsere 
Zwecke verwenden lässt. Zum dritten kommen dann frei erfundene Mo 
tive hinzu, die sich aber alle mehr oder weniger der einen oder der an 
dern der erwähnten Richtungen anschliessen oder auch sich der Renais 
sance nähern. Von dieser letzteren Art erwähnen wir ein vortreffliches 
Muster, gezeichnet von Ferd. Lieb. Sonst finden wir Anton Riegler 
als den Schöpfer zahlreicher Muster in der Exposition von Giani. 
Wir erwähnen bei dieser Gruppe einer Anzahl trefflicher Kirchen 
stoffe von Albert Kostner jun., die ebenfalls in mittelalterlicher Richtung 
gehalten sind. 
Eine dritte Gruppe bilden die beiden Fabriken von Cosmanos und 
Neunkirchen. Wir nennen diese beiden insofern zusammen, als sie, 
die eine wie die andere, keine eigene Richtung verfolgen, keinen indivi 
duellen Charakter besitzen, sondern der laufenden und wechselnden Mode 
folgen und damit beide vom französischen Geschmack sich abhängig zeigen. 
Sonst sind die Erzeugnisse beider Fabriken sehr verschieden, denn die 
eine, die Cosmanoser, arbeitet vorzugsweise für die Kleidung und stellt 
sich damit ganz eigentlich unter die vergänglichste, mit der Saison wech 
selnde Mode, während die Neunkirchner Fabrik vor allem für die Zimmer- 
decoration, insbesondere für das Schlafzimmer, die Baumwollstoffe, Cre- 
tone, Zitze u. s. w. fabricirt. Die erstere Fabrik, vielleicht im Gefühl, 
dass ihre Arbeiten nicht als reine Producte der Kunstindustrie betrachtet
	        
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