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Volltext: Die Ausstellung oesterreichischer Kunstgewerbe 4. November 1871 - 4. Februar 1872

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Indifferenz gegen äussere Einflüsse, gegen Schmutz und Staub heraus 
gerissen und eines ihrer grössten Vorzüge verlustig wird, und Aehnliches 
mehr. Bei allem dem ist aber nicht zu übersehen, dass man dem Fabri 
kanten nicht allein alle Vorwürfe aufladen kann; der Mangel an genügend 
geschulten, ihre Aufgabe klar erkennenden Künstlern und Zeichnern mag 
oft der Verwirklichung der besten Intentionen die unüberwindlichsten 
Hindernisse in den Weg legen, und dass den zugeschärften Anforderungen 
der Gegenwart gegenüber eine allgemeine Kunstbildung an sich nicht 
genügt, in einzelnen Fächern des Kunstgewerbes mit Erfolg zu wirken, 
sondern dass gerade hier, bei der nothwendig vorauszusetzenden Bekannt 
schaft mit den Bedingungen der praktischen Herstellung, die Ausbildung 
der Specialistik unerlässlich nöthig wird, davon liefert die Ausstellung 
mehr als ein Beispiel. So hat, um bei unserem Gegenstände zu bleiben, 
ein sonst tüchtiger Maler, Isella, für die Firma H. Ullrich Zeichnun 
gen zu Glasgefässen gefertigt, die wir trotz mancher achtungswerthen 
Details in ihrer Gesammtheit doch nur als verfehlt — in Form, Farbe und 
Decorationsweise — bezeichnen müssen. 
Glaslustres und Candelaber. Zweierlei Arten der Verwendung 
des Glases bei diesen Geräthen kommen hier in Betracht, je nachdem das 
Glas entweder selbst eine (wenigstens doch scheinbar) constructive Rolle 
spielt, wie bei den Venetianer Glaslustres des 17. und 18. Jahrhunderts, 
oder ob es blos als Decorationsmittel einer Metallconstruction erscheint. 
Die grössere Mehrzahl der Lustres, die sich auf der Ausstellung befanden 
und die beinahe lediglich von den Firmen Lobmeyr und Meyer’s Neffe 
exponirt waren, gehörten dem zweitgenannten Genre an. Der metallische 
Körper ist dabei gewöhnlich vergoldete Bronze, montirt mit Prismen 
u. dgl., darunter viel Gelungenes, was um so mehr anzuerkennen ist, als 
bekanntlich gerade das Zusammenbauen eines Lustres keine leichte Sache 
ist, indem sowohl die enorme Verkürzung, in der die einzelnen Theile 
gewöhnlich gesehen werden, als auch die Gliederung der ganzen Masse, 
in der ein geschlossenes Zusammenhalten und doch ein freies und leichtes 
Schweben zum Ausdruck kommen soll, in Betracht gezogen werden muss. 
Dass auch die Verbindung von Glas und Metall eine künstlerisch schwie 
rige Aufgabe ist, ist ebenfalls einleuchtend. Neben den Lustres zeigen 
sie aber auch einige Candelaber von Lobmeyr ziemlich glücklich gelöst. 
Die Gaslustres im Style der Alt-Venetianer Fabrication, mit reich 
gewundenen Armen, üppig hervorspriessendem Blätterwerk, Blumen und 
Perlen werden gegenwärtig in Böhmen in höchst vortrefflicher Weise 
imitirt (ebenfalls von Lobmeyr und Meyer’s Neffen ausgestellt), nur 
würden wir warnen, dabei, über den Formenreichthum hinausgehend, 
eine besondere Farbenwirkung, die beim Glase ohnehin allzuleicht bunt 
und hart wird, anzustreben, denn gerade die Immaterialität des Colorits 
derartiger Lustre aus farblosem Glase hat einen eigenthümlichen Reiz,
	        
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