Erläuterungen
zur
Ausstellung alter Möbel im Oesterr. Museum.
Von Jacob Falke.
I.
Wer die Möbel auf unserer Weltausstellung, wie sie von allen Län
dern Europa’s herbeigesendet waren, mit kritischem und vergleichendem
Blick betrachtete und dabei zu Hilfe nahm, was an der eigenen Erinne
rung seines Lebens Derartiges vorübergegangen war, der konnte sich
Einer Wahrnehmung nicht entziehen: unverkennbar trat ein Umschwung
im Geschmack hervor.
Während noch vor wenig Jahren Alles, was der Mode folgte, was
auf dem Höhepunkt des modernen Geschmackes stehen sollte, einer der
Stylformen des 18. Jahrhunderts angehörte, mochte es sich nun mehr
dem Rococo oder der nach Louis XVI. benannten Art anschliessen, hat
der Geschmack gegenwärtig einen Schritt rückwärts gethan, — rückwärts
nicht im ästhetischen Sinne, sondern in der Chronologie der Kunst
geschichte, in Bezug auf den Styl, den er sich zum Vorbild ersehen.
Der moderne Geschmack erlaubt sich in dieser Beziehung eine merk
würdige Willkür in der consecutio temporum. Imitirend, wie er ist, nahm
er nach dem Untergang des letzten noch einigermassen eigenthümlichen
oder vielmehr eigenen Styls, dem des Empire, das eigentliche Rococo,
also die Kunstart im Zeitalter von Louis XV., rein nachahmend oder co-
pirend wieder auf. Dann warf er sich völlig auf die prunkende Art
Ludwig XIV., um sie mit Louis XVI. zu vertauschen und sodann zwi
schen dieser Stylart und derjenigen von Louis XV. zu schwanken. Wer
alt genug ist, ein paar Jahrzehnte zurückzudenken, dem wird das Alles
noch in eigener Erinnerung sein. Der Wandel und Wechsel war schnell
genug. Heute haben die Franzosen, welche in ihrer Beweglichkeit, in
ihrer Sucht nach Neuem, die Leiter waren, mit den vornehmsten Spitzen
ihres Geschmackes sich dem Style Louis’ XIII. zugewendet, sind also um
mehr denn ein Jahrhundert rückwärts gegangen, haben damit aber auch
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