i6
mit dieser schlechten Waare ein gutes Geschäft machen. Ich habe mir
in Berlin im »rothen Schlosse« die permanente deutsche Kunstgewerbe
halle angesehen, ein sehr auffälliges Gebäude, dessen Inhalt der glänzenden
Außenseite gar nicht entspricht.
Die Aufstellung der Objecte ist confus, und macht einen peinlichen
Eindruck; wahrscheinlich glauben die Arrangeure des Unternehmens die
Art der Ausstellung sei malerisch und geschmackvoll. Leidlich gute Ob
jecte werden durch die ordinärste kunstgewerbliche Marktwaare unterdrückt.
Es scheint, dass der Aufnahme in diesem Falle keine kunstverständige Jury
vorangeht. Und bei diesem Sammelsurium von mittelmäßiger Waare hält man
es doch für angezeigt, Extrazüge nach der deutschen Residenz zu arrangiren,
um den auswärtigen Gewerbevereinen und sonstigen Corporationen den
Besuch der Ausstellung zu erleichtern, um dem gesammten deutschen
Publicum zu zeigen, welche hohe Stufe der Vollendung die Kunstgewerbe
in Deutschland erreicht haben. Dazu noch die aufdringlichen Reclamen in
den Zeitschriften und durch Placate; das Alles ist ganz geeignet, das auf
strebende Kunstgewerbe Berlin’s zu discreditiren. Und das Alles soll noch
nach amerikanischem Vorbilde geschehen?! Dieses geringe Verständniss
für die Bedürfnisse und die ernsten Aufgaben des Kunstgewerbes, dieser
deutsche Chauvinismus, der an solcher Stelle den Fortschritt der deutschen
Nation immer im Munde führt, ist ein großes Hinderniss für die Ent
wicklung des deutschen Kunstgewerbes, weil diese Tendenz durch die
Gewerbevereine propagirt wird und es auch natürlicher Weise überall Leute
gibt, die diese modernen Producte als Kunstwerke bezeichnen und diese
Art kunstgewerblicher Thätigkeit als künstlerischen Fortschritt proclamiren.
Auch scheint es mir, dass an das künstlerische Wissen und Können
jenei Männer, welche einmal als Zeichenlehrer fungiren sollen, viel zu
gelinge Anfoiderungen gestellt werden; denn es handelt sich bei den
Kunstgewerbeschulen ja nicht darum, hlos künstlerische Handfertigkeiten
zu lehren, welche man später im praktischen Leben braucht, sondern
es handelt sich in erster Linie darum, das künstlerische Bewusstsein und
den künstlerischen Ehrgeiz bei jenen jungen Leuten zu wecken, welche
sich der gewerblichen Kunst zuwenden, damit sie von dem Bewusstsein
erfüllt werden, dass es die Kunst ist, welche das Gewerbe zu fördern berufen
ist und. nicht die bloßen Handfertigkeiten, wie dies bei Handwerksschulen
üblich ist.. So lange aber in den Kunstgewerbeschulen das künstlerische
Bewusstsein und der künstlerische Ehrgeiz nicht geweckt werden, so lange
fühlt sich der akademisch geschulte Künstler für wohlberechtigt, jene
Männer, welche sich dem Kunstgewerbe zuwenden, wie Künstler zweiter
rdnung zu betrachten und nicht als vollgiltige Künstler anzusehen. Auch
das scheint mir eine ganz verderbliche Richtung zu sein, dass immer
arauf hingewiesen wird, für die Kunstgewerbe sei eigentlich nur die
ornamentale Kunst maßgebend - ein Grundsatz, der ganz falsch ist und
durch die historische Entwickelung der Kunstgewerbe in keiner Weise