MAK
Internationale 
$ammler-2eifunf| 
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde 
Herausgeber: Norbert Ehrlich. 
20. Jahrgang. Wien, 15. Februar 1928. Nr. 4. 
T)er fetzte STeif der Sammfung 31eyer. 
Nun findet die Auflösung der Musikerautogra 
phensammlung Wilhelm Hey er (Köln) ihren Ab 
schluß. In zwei Sitzungen (vor- u. nachmittags) wird 
am 23. Februar der vierte und letzte Teil durch K. E. 
Henrici und Leo Lipm a miss o h n im Auktions 
hause H e n r i c i in Berlin versteigert werden. 
Wie die vorangegangenen drei Teile ist auch 
dieser überaus reich an Kostbarkeiten. Allen voran 
marschiert wieder Beethoven, der mit siebzehn 
Nummern vertreten ist. Neben interessanten Briefen 
an sein „Schmerzenskind“, sein Mündel Carl, an Carl 
Bernard, G. A von Griesinger, Franz Xaver Piuk und 
anderen, ein eigenhändiges Musikmanuskript mit 
Notiz „Fantasie für Klavier, op. 77“. Aufschrift der 
Titelseite „Nr.I Fantasia 1809 geschrieben“, am Köpfe 
der ersten Notenseite „Fantasia 1809 de L. v. Bthvn“, 
Titelseite und 22 achtzeilige Seiten in Querformat. 
Das anscheinend in Stichvorlage benutzte Autograph 
ist sehr sauber und sorgfältig geschrieben und als 
wirkliche „Reinschrift“ anzusprechen. An verschiede 
nen Stellen sind kleine Rasuren erkennbar; durch 
stochene Takte kommen nur vereinzelt vor. Das Ma 
nuskript wurde am 4. Februar 1810 — zusammen mit 
einer ganzen Reihe anderer Werke op. 73—76, 79— 
80, 81 und 82, — Breitkopf & Härtel in Leipzig zum 
Verlag angeboten und am 2. Juli zugesandt. Erschie 
nen ist op. 77 im Dezember 1810 mit der Widmung 
an den Grafen Franz Brunsvi ck. Das Manuskript, 
das aus dem Besitze des Wiener Musikschriftstellers 
Max K a 1 b e c k zu Heyer kam, ist mit 10.000 Mark 
bewertet. Die übrigen Beethovennummern sind mit 
400 bis 1500 Mark geschätzt. 
In dieser Preislage halten sich auch die Briefe 
Mozarts, von denen der vom 8. Oktober 1791 be 
sonders hervorgehoben sein soll. Er ist an seine 
Gattin Constanze gerichtet und zeigt uns den Ton 
dichter von einer ziemlich ungewohnten Seite, näm 
lich übermütig. Er schreibt an Constanze, die sich 
damals in Baden auf hielt, u. a.: „Liebstes, bestes 
Weibchen! Eben komme ich von der Oper (die 
Zauberflöte). Sie war ebenso voll, wie allzeit. Das 
Duetto Mann und Weib; und das Glöckchen Spiel im 
ersten Ackt wurde wie gewöhnlich wiederhollet.. . 
und was mich am meisten freuet, ist der Stille bei- 
fall! — man sieht recht wie sehr und immer mehr 
diese Oper steigt...“ Nach einem Bericht über die* 
Titus-Aufführung in Prag schildert Mozart dann 
seinen „lebenslauf“ der letzten Tage und bittet Süß- 
mayr „in meinem Namen ein paar tüchtige Ohr 
feigen“ zu geben: „laßt ihm nur um gotteswillen 
keinen Mangel leiden; gebt ihm lieber mehr schläge, 
als zu wenig.“ Der Brief schließt auf der 4. Seilt 
mit den Worten: „Adieu, liebes Weibchen! Der 
Wagen will abfahren. — ich hoffe heute gewiß etwas 
von Dir zu lesen und in dieser süßen Hofnung ktiße 
ich dich lOOOmal.“ 
Mozarts Vater, der fiirstlich-salzburgische Hof- 
kompositeur und Vizekapellmeister, Leopold Mozart, 
erscheint mit elf Briefen, die größtenteils noch unge 
druckt sind; sie beziehen sich hauptsächlich auf die 
Drucklegung von Mozarts „Versuch einer gründ 
lichen Violi'nschule“, das bekannte Lehrbuch, das 1756 
in Lotters Verlage erschien. Die Briefe enthalten aber 
auch viele persönliche Nachrichten, die die beiden 
Familien betreffen, musikalische Mitteilungen etc. 
Einen breiten Raum im Katalog nehmen die 
Schubert- Manuskripte ein. Da ist unter anderem 
das „Trinklied“ (mit lateinischem Text nach Ritt- 
gräff) für vier Männerstimmen in Partitur. Ueber- 
schrift, „Trinklied, Gmunden July 1825 Frz.Schubert“. 
Das launige Quartett, das 3 '/i sechszeilige Seiten füllt, 
ist auf Schuberts zweiter Reise nach Oberösterreich, 
die er in Gesellschaft des Sängers Johann Michael 
Vogl im Sommer 1825 unternahm, während seines 
Aufenthaltes zu Gmunden im Hause des Kaufmanns 
Traweger entstanden. Erstdruck 1848 als „Trinklied 
aus dem 14. Jahrhundert mit der Opuszahl 155 bei 
A. Diabelli & Co. in Wien. Die beiden deutschen 
Uebersetzungen des lateinischen Textes - Edit monna, 
edit clerus - sind im Autograph von fremder Hand 
hinzugefügt. 
Das Trinklied ist auf 400 Mark geschätzt und 
wird im Wert Weitaus übertroffen durch das Manu 
skript' von „Mirjams Siegesgesang“, das mit 4500 
Mark gleich hinter Beethovens „Fantasie“ rangiert. 
Die Aufschrift lautet: „Mirjams Siegesgesang von 
Grillparzer, Chor mit Sopran-Solo. Franz Schubert, 
März 1828.“ Das Manuskript enthält die nur wenige 
Aenderungen aufweisende Reinschrift des schönen 
umfangreichen Werkes, die Schubert an der Hand 
der für einzelne Teile vorangegangenen Entwürfe' 
verfertigt hat. 
Ebenfalls im März jenes Jahres, genau ein Jahr 
nach Beethovens Tode, fand jenes einzige von ihm
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.