I. Sculpturen. — Originale.
Indische Bildwerke stellen gewöhnlich das
Uebernatürliche durch das Unnatürliche dar, z. B. den
Begriff der Allmacht durch das Anbringen vieler Arme,
Buddhistische Bildwerke versuchen das Ueber
natürliche durch das verfeinerte Menschliche darzustellen,
wenn sie nicht überhaupt realistisch sind.
Im Zusammenstoss mit den griechischen Elementen,
welche Alexander der Grosse nach Indien brachte,
fand der Buddhismus eine weitere Entwickelung und
die menschliche Form wird auf’s Aeusserste zu ver
edeln gesucht. Dass Alexander der Grosse die Ab
sicht hatte, Indien zu hellenisiren, geht aus verschiedenen
Schriftstellern hervor. Unter Anderem erzählt Plutarch
in seiner Rede IIsqI ’AÄE%ccvdQov uQETTjg xrixVS dass
er Asien mit hellenischen Endzwecken durchsäet hätte.
«xatEöitEioE xr]v ’Acii.av IXÄrivmotg xe%e6l«. Auch wird
erwähnt, dass die in Indien geprägten Münzen diesen
Einfluss darthun, während Aelian darauf hinweist, dass
»die Inder Homer in ihrer Sprache singen«, woraus
jedenfalls hervorgeht, dass damals wenigstens an den grie
chischen Einfluss in Indien geglaubt wurde. Uebri-
gens beweisen andere Sammlungen aus Swat, Egypten,
Kleinasien, Cypern etc., dass, wo immer der Hellenis
mus mit nicht-griechischen Elementen zusammentraf,
er denselben Einfluss ausübte. Nirgends aber war der
»Barbaras« geistesverwandter, als wenn er als Bud
dhist den griechischen Einfluss, der ebenfalls das Mensch
liche vor Allem stellte, auf sich einwirken Hess*).
’) Professor Curtius sagt hierüber Folgendes in seiner
Abhandlung (im Jahre 1875) über «die griechische Kunst in Indien»;
»Seit 1870 hat man mit Ausgrabungen begonnen
so dass sich jetzt die wichtige Epoche, welche um 250 v. Ghr.
anhebt, viel genauer erkennen lässt. So wie die Griechen im Kabul-
thale heimisch wurden, haben sie ihrer Bildung auch nach Indien
die Wege geöffnet: die alt-indische Handarbeit ist von griechischer
Kunst neu befruchtet worden; der Hellenismus und der Buddhis-