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sie nordwärts ihre ganze Liebenswürdigkeit und Schönheit entfaltet, so
wie bei Rafael und seinen Schülern. Auch verband sie sich im Norden
häufiger und inniger mit Holzvertäfelung, Holzmarqueterie und Holz
plafonds und veränderte damit wesentlich ihren Charakter. Am meisten
in Deutschland nähern sich italienischer Art die Decorationen des Schlosses
Trausnitz bei Landshut, die leider nur in ungenügenden Zeichnungen
vorhanden sind. Sehr nahe auch stehen der italienischen, doch nicht der
früheren Art, die Malereien in dem Castell in Trient, die wesentlich
unter venetianisehem Einfluss entstanden sind. Unsere Beispiele daraus
sind Aufnahmen der Staatsgewerbeschule in Innsbruck. Ebenfalls italieni
schen Geistes sind die reizenden Stuccaturornamente des Sternschlosses
bei Prag, während die Decoration des sogenannten spanischen Saales in
Schloss Ambras (ebenfalls Aufnahmen der Innsbrucker Staatsgewerbe
schule) mehr deutsch in Art und Empfindung sind. Die Anwendung der
Marqueterie, auch einer ursprünglich italienischen Kunst, auf die Deco
ration der Wände zeigen die Beispiele aus der Franzensburg im Laxen-
burger Park, die Copien aus dem Fürstenchor in Innsbruck und vor
Allem die große Reihenfolge der Aufnahmen aus dem Schloss Velthurns
bei Brixen in Tirol, welche unter Storck’s Leitung von den Schülern
unserer Kunstgewerbeschule gemacht worden sind. Es ist außerordentlich
lehrreich zu sehen, wie an den Wänden und den Plafonds dieses Schlosses,
das um das Jahr 158o vom Bischof von Brixen, Joh. Thom. Freiherr
v. Spaur, so reich wie kostbar ausgestattet wurde, in der Verbindung
von Malerei mit Marqueterie und zierlicher Holzarchitektur sich deutsche
und italienische Art vereinen. Die ganze Serie dieser mit äußerster Ge
nauigkeit und Vollendung ausgeführten Zeichnungen wurde, um sie nicht
zu trennen, bereits im nächstfolgenden Saale, dem Vorlesesaal, aufgehängt.
Wir wenden uns noch einmal rückwärts, um uns von deutscher Spät
renaissance noch die Reihe der reich verzierten Gemächer aus dem
Rathhause in Augsburg in Kupferstichen nach Salomon Kleiner’s Auf
nahmen zu betrachten, sowie dasjenige, was unter den Fenstern von fran
zösischer Renaissancedecoration ausgestellt ist. Es sind vorzugsweise die
älteren Gemächer des Schlosses Fontainebleau, aus der Zeit Franz I. und
Heinrich II., welche die französische Renaissance vertreten und sie bereits
in dem vorgeschrittenen Stadium der nachrafaelischen Zeit befindlich
erkennen lassen, insbesondere die große Galerie, welche von Heinrich II.
den Namen trägt, mit ihrer reichen figürlich-malerischen Ausstattung
(Pfnor, Palais de Fontainebleau). Andere Beispiele unserer Ausstellung
geben das Louvre, das Schloss in Blois, der Assisenhof in Dijon. Auch
die Holzmarqueterie als Wandverkleidung ist vertreten in den Boiserien
verschiedener Pariser Kapellen.