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Volltext: Special-Ausstellung weiblicher Handarbeiten im k. k. österr. Museum für Kunst und Industrie

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Stickei eien auf Leinwand, noch eine Kunst fortlcben, die in sich ebenso 
künstlerisch vernünftig wie wirkungsvoll ist. Man konnte von ihnen 
lernen, wie mit einfachen Mitteln Effecte zu erzielen seien, man konnte 
lernen, wie Trau und Tochter des Hauses, statt Mühe und Zeit an 
unnützer, augenverderbender Arbeit zu verlieren, ihre Haus- und Leib 
wäsche, die Leinwand für Tisch, Tafel und Bett richtig und farbig zu 
verzieren haben; man konnte diesen bäuerlichen Arbeiten neue Technik, 
neue Motive der Ornamentation in Fülle entnehmen. 
All’ dies zusammengenommen, die Arbeit des Orients wie die der 
bäuerlichen und nationalen Hände, musste nun wohl zur Ueberzeugung 
führen, dass, wenn die Stickerei wie ehemals als eine Kunst geübt 
werden solle, wenn die Damenhand sie mit Geschmack und Erfolg auch 
nur als angenehme Beschäftigung treiben solle, sie in ganz anderer 
Art zu lehren sei. Man müsse unsere ordinären Stichmethoden, wenn 
nicht aufgeben, doch auf das beschränken, wozu sie eben dienlich sind; 
man müsse statt dessen die orientalischen und nationalen Methoden 
einführen und mit ihnen zugleich das Gebiet der Anwendung erweitern 
und die Stickerei ganz vorzugsweise auf die Verzierung der Wohnung 
und ihrer Ausstattung hinlenken, wodurch sie auch eine erhöhte indu 
strielle Bedeutung erhielte; man müsse endlich, um auch den gut 
gezeichneten Mustern gute Ausführung zu sichern, die stickende Hand 
zuerst zu einer zeichnenden machen. 
Das waren etwa die Gedanken, die zur Gründung der ersten 
Kunstschule für Stickerei führten, oder wie sie jetzt heisst, der Fach 
schule für Kunststickerei, und ihrer heute bereits zahlreichen Nach 
folgerinnen. Sie nahm alle die wie neu entdeckten Stickereimethoden 
in ihr Programm auf, und führte den Zeichenunterricht und das Kunst 
verständnis als die nothwendigste Grundlage ein. Man ging vernünftiger 
weise langsam vor und erweiterte das Programm der Methoden Jahr 
für Jahr. Anfangs waren die Muster zu fein linear, zu sehr entsagend 
in Bezug auf die Farbe, denn die farbige Seide mit ihrem Glanze, die 
sattgefärbte mild und weich schimmernde Wolle, das echte Roth und 
Blau sind ja die schönsten, wirkungsvollsten Mittel, die vor allem der 
Stickerei frei zu Gebote, stehen. Warum ihnen entsagen? Warum ver 
schmähen, was so dankbar sich gebrauchen lässt? Dann kam die sog. 
altdeutsche Stickerei in die Quere, Contourstickerei mit ein wenig von 
Schattenstrichen, in Roth und Blau, bei denen es auf den Witz und 
die Lieblichkeit der Zeichnung, des Gegenstandes ankam, nicht aber 
auf die coloristische oder decorative Wirkung. Sie waren allzu mager-' 
und dürftig, von diesem einzig richtigen Standpunkt aus betrachtet. 
Allmälig kam man auf den richtigen Weg; schön geschwungenes 
Ornament, Farbenwirkung, durchaus vollkommene Ausführung, in 
welcher Technik immer, wurden das Ziel. Dabei kamen dann die 
fremden Methoden, eine nach der anderen, zu ihrem Rechte, Goldfäden
	        
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