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Volltext: Die Ausstellung kirchlicher Kunstgegenstände in Wien

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Schnütgen: 
halten, welche die Figuren einfassen als Zickzackrand mit eingelegtem 
Blatt und welche die bunte Umrandung bilden, in der Kreise, Eosetten 
und ihre Constellationen zu Musterungen sich zusammensetzen. Dieser 
merkwürdige Stoff übertrifft an Schönheit Umfang, Inhalt, Alter alle 
Zeugdrucke, die bis dahin bekannt geworden sind, auch den im Berliner 
Kunstgewerbemuseum befindlichen von Lessing entdeckten und als sassa- 
nidisch beschriebenen kleinen Adler, der einen Ganymed hält. Es ist ihm 
daher eine genauere Untersuchung als sie hinter Glas stattfinden kann, 
und eine eingehendere Beschreibung, als sie hier möglich ist, gar sehr zu 
wünschen. 
Fast zu lange haben wir uns bei den koptischen Geweben aufgehalten, 
deren Beschreibung knapper ausgefallen wäre, wenn nicht ein besonderer 
Umstand gestattete, die Beschreibung der an sich für unseren Zweck bedeu 
tungsvolleren mittelalterlichen Paramente hier wesentlich zu beschränken. 
Die hervorragendsten derselben sind nämlich auf der am 11. Okt. eröffneten 
Crefelder Textilausstellung erschienen, wo sie von unserer Seite grössere 
Beachtung beanspruchen und verdienen, als in Wien. Die „Jahrbücher“ 
werden gewiss nicht darauf verzichten wollen, ihnen dort im Zusammen 
hänge mit den übrigen in reicher Fülle vorhandenen Kostbarkeiten eine be 
sonders intensive Aufmerksamkeit zu widmen. Beschränken wir uns also bei 
den Paramenten, die in Geweben und Stickereien bestehen, auf einen 
Ueberblick. — Für die meisten derselben, also für die Mehrzahl der litur 
gischen Bekleidungsstücke lag bereits in der karolingischen Periode eine 
ausgebildete Form vor. Aus dieser frühen Zeit hat sich aber kein ein 
ziges Exemplar vollständig erhalten, wohl aber manches Bruchstück. Die 
romanische Periode aber ist hier durch mehrere wohl erhaltene Ornate 
vertreten, unter denen die wohl noch dem XI. Jahrh. angehörige Brixener 
Glokencasel den ersten Platz einnimrat. Sie hat im Unterschiede von fast 
allen alten Messgewändern die ursprüngliche Form ganz unverkürzt be 
wahrt. Die gewaltige Adlerfigur, die ihre Musterung bildet, zeigt auf 
byzantinischen, das ganz schmale Börtchen, welches über die Schultern 
laufend vorn wie hinten ein Gabelkreuz bildet, auf palermitanischen Ur 
sprung hin. Hat an ihr die Stickerei gar keine Verwendung gefunden, 
dann beherrscht diese ausschliesslich die beiden folgenden etwa um ein 
Jahrhundert jüngeren Casein aus dem Stifte St. Paul. Quadrate bilden bei 
beiden die Hauptformen für die zahlreichen Darstellungen, Gold und viel 
farbige Seide das Material, in denen diese auf dem Leinenfond ausgeführt 
sind, gleich vorzüglich in Zeichnung wie* in Technik. Sie haben auch noch 
die glockenförmige Gestalt, die erst im XIV. Jahrh. zu der rautenförmigen 
mit abgerundeten Ecken reducirt wurde, desswegen hat auch die noch dem 
Anfänge dieses Jahrh. entstammende Seidencasel aus dem Stifte Melk, die 
mit geometrischer Musterung und grosser Darstellung der Kreuzigung be-
	        
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