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Volltext: Die Ausstellung kirchlicher Kunstgegenstände in Wien

Die Ausstellung kirchlicher Kunstgegenstände in Wien. 
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geringsten derselben übertreffen an Selbstständigkeit der Erfindung und an 
Korrektheit der Durchführung alle diese Miniaturgrüppchen vom Berge 
Athos, die auf schematischer Wiederholung und handwerksmässiger Ver 
vielfältigung beruhend, fast als eine Art von Verknöcherung erscheinen. — 
Da in diese dritte Gruppe auch die wenigen Gemälde Aufnahme gefunden 
haben, welche hier vorhanden, so werden wir ihrer noch mit einigen 
Worten zu gedenken haben. Ein Flügelaltärchen aus der Schule von 
Siena mit der Jahreszahl 1338 ist ein überaus anmuthiges und edles 
V erk, ebenso ein Altar mit doppelten Flügeln, der aber mindestens ein 
halbes Jahrhundert jünger ist. Ein Triptychon mit Miniaturen vom Nonn- 
beig und ein grösseres Gemälde vom Jahre 1410 zeichnen sich zugleich 
duich den Vorzug aus, dass ihnen der ursprüngliche Rahmen erhalten ge 
blieben ist, an letzterem sogar mit Minuskelinschrift in Silber auf rothem 
Grunde. Auf graue Leinwand sind mit wenigen Lokalfarben 12 Dar 
stellungen aus dem Leiden Christi derb und kräftig um 1500 aufgemalt, 
um ein Fasten- oder Hungertuch zu bilden. — Gering an Zahl, aber vor 
züglich au Qualität sind auch die vom Grafen Wilczek und vom Stifte 
Herzogenburg gesandten Glasmalereien. Sie bestehen in herrlichen früh - 
gothischen Grisaille-Ornamenten mit farbigen Einfassungen, sowie in geome 
trisch gemusterten Feldern mit Standfiguren und Brustbildern, selbst mit 
Donator und Donatrix, aus der Mitte des XIV. Jabrh., wahre Muster har 
monischer Stimmung. Aus derselben Zeit stammt ein Feld mit Wappen, 
sowie eine Grisaille-Tafel mit zwei kleinen Darstellungen. Das XV. Jahrh. 
ist nur durch drei kleinere Bilder, die Frührenaissance nur durch eine 
Madonna im Strahlenkränze vertreten. 
Die vierte Gruppe, welche die Metallarbeiten und das Email umfasst, 
übertrifft alle anderen an Werth und Bedeutung. Was hier an Kelchen, Ci- 
borien und Monstranzen, an Oelgefässen und Reliquienbehältern der mannich- 
fachsten Art, an Taufgefässen und Aquamanilien, an Krummstäben und 
Rauchfässern, an Kreuzen und Crucifixen, an Lampen und Leuchtern, kurz 
an kirchlichem Geräth aus der altchristlichen Periode bis in das vorige 
Jahrhundert vereinigt, ist geradezu überwältigend, eine vollständige Ge 
schichte dieses so hervorragenden Kunstzweiges. Und was hier an Her 
stellungsverfahren vorliegt, an Guss-, Treib-, Ciselir-, Filigran- und Gravir- 
Arbeiten, an Zellen- und Gruben-Schmelz, an Relief- und Maler-Email, an 
Niello- und Tauschirung, an Stein-Fassung und Verzierung, bietet einen 
vollständigen Ueberblick über sämratliche dem Goldschmiede, der in ge 
wissem Sinne den Architekten, Maler und Bildhauer in seiner Person zu 
vereinigen hatte, im Mittelalter geläufige Techniken. Eine oberflächliche 
Aufzahlung oder Zusammenstellung würde hier ohne besonderen Nutzen 
sein, eine eingehende systematische Behandlung aber einen Raum bean 
spruchen, der hier auf einmal nicht in Beschlag genommen werden kann,
	        
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