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soliiefragende Fialen, schleclit parallel laufende Linien, naeliläesig ge
schnittene Bögen, so dass der Wirklichkeit gegenüber die Zeichnung
(vgl. die Illustrationen des Katalogs), in welcher das alles schön und
exact ausgefülirt ist, als Schmeichler, als Lügner erscheint. Schliesslich
tritt auch hier wieder an dem Knaufe des Schaftes das Uuprakfikable
nicht selten recht auffallend hervor, noch mehr als dies schon bei den
Kelchen wahrgenommen wurde
Wenn nun gerade die Nebeneinanderstollung so vieler Monstranzen
gothischen Stiles auf solche Erwägungen führte, wobei eine gewisse
Mannigfaltigkeit in der Durchführung durchaus nicht unterschätzt werden
sollte, so kann dies doch die Freude an den Gegenständen selbst darum
noch nicht verkümmern. Wie die Gothik es auf diesem Gebiete hätte
anders und besser machen sollen, das hat eben noch immer Niemand
zu sagen gewusst. Noch mehr versöhnt wird man mit ihr vollends dann,
wenn man neben diesen gothischen Monstranzen einige andere gesehen
hat, die den späteren Zeiten entstammen. Dort herrscht doch wenigstens
Stilbewusstsein, und jene Gebilde erzeugen darum, unbeschadet der
obigen mehr logischen als ästhetischen Bedenken, ganz wohl die gewisse
Beruhigung und Befriedigung, welche der Anblick des Stilvollen in dem
ästhetisch gebildeten Gemüthe stets hervorruft; hier aber, welch ein un-
juhiges Eingen mit Ideen, bei denen zuletzt doch nicht minder das Ziel
der Zweckmässigkeit, zugleich aber auch jenes der künstlerischen Schön
heit verfehlt wird! Als redendsto Beispiele dieser Art sind zu nennen:
ein fast Yj,, m. hohes Zopfstüek aus Zara, eine den Stammbaum Christi
nach Art älterer Zeichnungen oder Schnitzwerke darstellende, und die
aus einem schwer verständlichen Aestegewirr gebildete sogenannte Colomans-
Monstranz, die beiden ersteren mit mehr Mühe als Geschick, die letztere
ziemlich kunstvoll ausgefülirt, aber alle drei — mehr Monstra als Mon
stranzen 1
Sehr versucht wird man, dem gegenüber der einer weiteren
künstlerischen Ausgestaltung gleichfalls Spielraum gewährenden Sonnen
oder Strahlenmonstranz das Wort zu reden, insofern bei dieser Form
in der naturgemässen Weise die runde Hostie als Centrum festgehalten
und um sie herum die ganze Scheibe der Monstranz mehr minder con-
contrisch behandelt wird. Schon in der gothischen Zeit, wo doch die
Eücksicht auf Stileinheit alles überwog, regte sieh manchmal das Ge
wissen des Künstlers und führte ihn dahin, nicht nur an Stelle dos
herkömmlichen Cylinders die runde Kapsel zu setzen, sondern dieser
auch im Eahmen des Ganzen einen ansehnlichen Platz einzuräumen,
ohne dass man darin eine Störung der Gothik finden durfte; ein inter
essantes Beispiel hiefür ist die Monstranz von Wenzersdorf (Nr. 618,
s. Katalog lafel VII.); bei der durch ihr Detail berühmten Monstranz
der Votivkirche wurde die Idee einer Verbindung des runden Mittel-
theilea mit gothischem Aufbau noch weiter ausgetührt, doch will hier
wegen des stärkeren Hervortretens des ersteren das letztere fast doch
nur als eine blos durch die Eücksicht auf deci gothischen Stil des
ganzen Gotteshauses erzwungene Zuthat erscheinen. Es ist hier am
allermeisten zu bedauern, dass bei der Betheiligung an der Ausstellung
von den Einsendern gar so sehr das archäologisch Interessante vor dem
künstlerisch Vollendeten bedacht wurde; sonst würde sich unter den