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gürtel mit Seidenfransen sind marokkanische Erzeugnisse aus Fes;
aber alles Uebrige gehört dem westlichen Sudan eigenthümlieh
an. Der österreichische Afrikareisende Prof. 0. Lenz in Prag
hat in diesem Costüme seinen Einzug in Timbuktu gehalten.
Nach der entgegengesetzten Himmelsrichtung, nach der Ostküste
Afrikas, führt uns ein weibliches Costüm aus Massauah, das noch
aus der Zeit stammt, bevor die Italiener daselbst ihre erythräisehe
Oolonie angelegt hatten. Die Stickereimotive dieses Gewandstücks
verrathen zum Theile schon exotischen Charakter. Ein Mädchen
aus Bethanien (bei Jerusalem) könnte zur Illustririmg des alten
Testaments dienen; nicht viel anders mag Eebekka beim Gange
zum Brunnen gekleidet gewesen sein. — Mit den drei letzten
Figuren dieser Abtheilung betreten wir europäischen Boden.
Dem mohamedanisehen Orient gehört noch das bequeme rothe
Morgencostüm eines vornehmen Türken an. Mit dem griechischen
Paare gelangen wir bereits auf aussermohamedapisches Gebiet,
obzwar sich in der Tracht dieser beiden Figuren der Orient sowohl in
Bezug auf die Form (die weiten Beinkleider der Griechin!) als
auf die Verzierung (Goldschnürchen - Stickerei) noch vollständig-
tonangebend erweist.
In der zweiten Abtheilung der Stirnwand, links von derThüre
zum Sitzungssaale, setzt sich zunächst die Tracht der Bewohner der
Balkanhalbinsel fort. Hier sind es namentlich dieBocchedi Cattaro,
ferner die dalmatinischen Grenzbezirke gegen das bosuisch-herze-
gowinischeHinterland, die durch ihre malerischen und kriegerischen
Trachten vertreten sind. In Bezug auf Schnitt und auf Verzierung
in Schnürchenstickerei bilden sie mit den im Säulenhofe ausgestellten
bosnischen Trachten ein zusammenhängendes Ganzes. Einen ab
weichenden, der abendländischen Weise näherstehenden Typus
zeigt die weibliche Volkstracht der Insel Sahioncello; ein dazu
gehöriges goldenes Halsband mit angehängtem Kreuze, als Volks
schmuck höchst bemerkenswert!!, ist unten im Saale I ausgestellt.
Denselben abendländischen 1 Charakter zeigt auch die weibliche
Volkstracht von Ragusa. Eine Mischung nationaler und abendlän
discher Elemente gewahren wir an der Tracht der bocchesischen
Seefahrergilde (Nobile corpo della marinerezza boccliese), die durch
einen ihrer Graduirten in der Ausstellung vertreten erscheint, —