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III.
Die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts sah noch
zwei andere Manieren für den farbigen Kupferstich ent
stehen und binnen wenigen Jahren in Blüthe ge-
rathen: die Tuschmanier (Maniere au lavis) und die
Punktirmanier (Maniere pointille). Das Vergnügen, die
Liebhaberei an solchen Kunstblättern war so stark
geworden, dass man sich mit Le Blons Verfahren so
wenig wie mit der Kreidemanier begnügen wollte. Es
war ja noch das Aquarell, die Gouachemalerei vor
handen, und auch zu ihrer Vervielfältigung sollte der
Kupferstich dienen, und dieses Bestreben rief eben die
Tuschmanier hervor. Was die punktirte Manier be
trifft, so hatte sie es nicht auf die Nachahmung
einer bestimmten Art der Malerei abgesehen. Auch
war sie in ihrer Technik eigentlich nichts Neues,
denn die Platte mit Punkten zu überziehen statt der
Strichlagen, dichter oder weiter, je nachdem man
Schatten oder Licht haben wollte, das war auch
schon von früheren Stechern, selbst schon im 17. Jahr
hundert, geübt worden, wenn auch damals nur als
Hilfstechnik. Neu war aber die Uebertragung der
verschiedenen Farben auf die völlig punktirten Platten.
Einmal entstanden, wurde diese Punktirmanier
rasch zur höchsten Vollkommenheit gebracht. Ihr Vor
zug bestand in leichterer Herstellung vermittelst Aetzung
der Punktirung auf der gefirnissten Platte. Was sie
empfahl, war die außerordentliche Weichheit, die
Zartheit der Töne, die Sanftheit der Uebergänge, wo
bei Kraft und Tiefe nicht gerade vermisst zu werden