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hausen, auf dem alten Schloss Liechtenstein bei Wien, noch in die Zeit
des romanischen Stils, in die Zeit der Hohenstaufen und des Minnegesangs,
Am meisten vielleicht ist von textiler Kunst übrig geblieben', und auch
dabei ist die Kirche vorzugsweise die Erhalterin gewesen. Freilich sind es
bis in das i5. Jahrhundert fast nur Fragmente, aus denen wir die tech
nische und künstlerische Geschichte dieses Industriezweiges hersteilen,
müssen. Das ist wenigstens möglich. Aus der zweiten Hälfte des 14. und
aus dem i5. Jahrhundert existiren sogar eine ganze Reihe gobelinsartiger,,
mit Figuren geschmückter Wandteppiche, welche diesen in Frankreich
und Flandern und auch in Deutschland gepflegten Kunstzweig in aus
gezeichneter Weise zur Darstellung bringen. Fragen wir aber nach Tisch
wäsche, nach Bettwäsche, überhaupt nach verziertem Leinenzeug, so sind
wir freilich nicht ganz verlassen, immerhin ist es nur wenig, was uns
geblieben.
Wir sind daher für die früheren Zeiten des Mittelalters, um zur
Kenntniss der Häuslichkeit zu gelangen, fast einzig auf die Bilder, auf
die Miniaturen in den Manuscripten angewiesen, da ja auch die Wand
gemälde nur in den Kirchen sich befinden und nur religiösen Gegen
standes sind. Aber auch die Miniaturen gestatten selten einen Blick direct
in das Innere eines Hauses, wenigstens nicht vor dem i3. oder 14. Jahr
hundert, und will man eine Vorstellung gewinnen, so muss man sich das
Bild aus vielen Einzelheiten zusammensetzen.
Dieses Bild zeigt uns die Wohnung im früheren Mittelalter dürftig
genug, besonders seit jener Zeit, da die Ueberreste der antiken Welt ver
braucht waren und verschwanden, und noch keine selbständige Kunstfertig
keit sich wieder erhoben hatte. Zumal fehlte es an der plastischen Kunst,,
um auch das Möbel plastisch zu schmücken. Daher zeigen die Miniatur
bilder in karolingischer Zeit keine Schränke oder Truhen von Erz oder
Eisen oder mit Bronzeornamenten geschmückt, wie sie uns aus den an
tiken verschütteten Städten Italiens erhalten sind; sie zeigen aber auch
kein hölzernes Mobiliar mit geschnitzten Ornamenten wie im späteren
Mittelalter. Alles Mobiliar, auch der kaiserliche Thron, ist einfach in
seiner Profiiirung, flach in seinen Füllungen und Umrahmungen, aber
reich mit Farbe und Vergoldung bedeckt. Manche Gegenstände sind
ganz vergoldet. Die farbige Verzierung hält an bis in das i3. Jahr
hundert, bis zum Schluss der Epoche des romanischen Stils. Damals
noch wurden Lehnen und Vorderseiten der Bänke gleich Häusern an
gestrichen mit einer kräftigen hellen Farbe, gelb, blau oder roth, und
darauf eine Reihe schwarzer Fenster im Rundbogen gemalt. Stützen
und Lehnen waren durchaus grade, etwaige Abschlussleisten von ein
fachem Profil.
Nach Brauch und Art bestand das Mobiliar in Schränken, Tischen,
Bänken, Betten und Sesseln. Diese letzteren waren selten und dienten
mehr als Ehrensitz denn zum täglichen Gebrauch. Als Ehrensitz be-