Nr. 11
Internationale Sammler-Zeitung,
Seite 165
heit gekannter und ungemein geschätzter Künstler geworden.
Die Kunstforschung hat hier dem Kunsthandel unschätzbare
Dienste geleistet. Und so geht es mit anderen Bildern auch.
Tiepolo, von dem die Ausstellung schöne Bilder zeigt,
steigt ständig an Geldwert, deutsche Holzplastik wird
immer unbezahlbarer, das römische Barock mit seinen
interessanten Meistern ist noch unerschlossen, und bereits die
Forschung sich weiter mit ihnen beschäftigt, ins Gigantische zu
ersten Ankäufe brachten Riesensummen, die sich, wenn die
steigern vermögen. Welchen Wert heute die Sammlungen
James Simon, Koppel, Kappel, von H o 11 i t s c h e r,
Huldse.hi nsky, von Pannwitz oder die Tiele-
Wink ler sehen Gobelins haben, ist schon sehr schwer ab
zuschätzen, was diese einmal wert sein werden, ist gar nicht
abzusehen. Sehr wichtig ist natürlich, daß sich die einzelnen
Sammler nicht Konkurrenz machen, und wieder hat es Bode
verstanden, hier vermittelnd und klug disponierend einzutreten.
So finden wir Sammlungen wie die des Herrn von Pann
witz, die vorwiegend die Kleinkunst bevorzugt, Sammlungen
deutscher Holzplastik wie die James Simons; dieser sam
melt vorwiegend Niederländer aus dem Kreise des Rembrandt,
jener die holländischen Genremaler, ein anderer italienische
Werke, wieder einer Venezianer oder Barockmeister, und
einem anderen ist Rubens, van Dyck und ihr Kreis als Samm
lungsgebiet zugefallen. So ist es auch mit dem Kunstgewerbe,
von dem die schönsten Spezialsammlungen, man denke bloß an
die Porzellane der Frau Feist und des Herrn von Dall
witz, in Berlin existieren.
Den Museen erwächst aus der Ausstellung am Pariser
Platz die entzückende Theaterszene von Kornelius T r o o s t,
mit den leuchtenden Lasuren und der feinen, fast miniatur
haften Malerei als eigener Besitz. Was aber der Besitz von
Werken wie des Simon sehen Vermur, der Kappelschen
Rembrandts, der Zinsgroschen von Rubens, mit den herr
lich leuchtenden Farben und dem tiefen Braunrot des Inkarnat,
das aussieht, als habe es eben erst des Meisters Werkstatt ver
lassen, aus dem Besitze Leopold Koppels, was die ver
schiedenen Tes'borghs, Metsus, die venezianischen
Arbeiten von Tizian, Bondone u. s. w., der bezaubernde
Madonnenkopf des Cirnada Coneglia.no des Herrn von
S t a r c k, des Gerard David des Herrn von Pannwitz, und
die T i e l e - W i n k 1 e r sehen Gobelins mit dem unerhörten
Reichtum ihrer Farben, für eine Stadt bedeuten, das braucht
wohl nicht erst ausgesprochen zu werden. Ausgesprochen
werden aber muß Bode der Dank, daß er diese Dinge für
Berlin erworben hat und den Sammlern, daß sie uns ihre
treugehüteten Schätze einmal gezeigt und zum Allgemeinbesitz
gemacht haben.
Beethoven in Mödling.
Von Robert Eder (Mödling).
Von all den Menschen, die hier in Mödling Erholung
und Sommerlust genossen, sagt Dr. Karl G i a n n o n i in
seiner »Geschichte der Stadt Mödling« (S. 259), hat die
Erinnerung einen Namen festgehaltcn und stolz mit
Marmortafeln jene beiden Häuser geschmückt, die seinen
unsterblichen Träger einst beherbergen durften —
B e e t h o v e n.
Drei Sommer der Jahre 1818 bis 1820 — hat er in
Mödling verbracht. »Am 19. Mai 1818 hier in Mödling
angetroffen,« notiert Beethoven in seinem Tagebuche.
Diese erste Ankunft des Meisters in Mödling war, wenn
des Kapellmeisters Seyfried Erzählung glaubhaft ist,
einigermaßen humoristisch. Beethoven, der seinen Möbel
wagen von Wien zu Fuß begleitete, verließ denselben,
spazieren gehend, und kam erst spät abends mach
Mödling, wo inzwischen der Kutscher, der den Meister
nicht so lange erwarten wollte, am Marktplatze dessen
Habseligkeiten abgeladen hatte, die ihr Besitzer nun in
der Nacht mit Hilfe von einigen Straßenjungen, zuerst
schimpfend, dann lachend, in seine Wohnung beförderte.
Diese war 1818 und 1819 im »Hafnerhaus«, Haupt
straße 79.
In seiner Kunst und in der Natur erhob sich Beethoven
über die Sorgen des Alltags. Mit Notenblatt und Bleistift
in der Hand saih man ihn gelegentlich im Walde. In
einem Skizzenhefte Hast man eine Aufzeichnung, die es
ausspricht, wie tief die Schönheit und Ruhe der Natur
auf ihn wirkte: »Ein kleines Haus allda, so klein, daß
man allein nur ein 'wenig Raum hat. — Nur einige Tage
in dieser göttlichen Brie! — Sehnsucht oder Verlangen —
Befreiung oder Erfüllung.«
Beethoven arbeitete ln Mödling 1818 an der großen
Klaviersonate B-dur op. 106, 1819 und 1820 aber an dem
Werke, das er für das vollendetste hielt, an der »Missa
solemnis«, die hier zwar nicht in der Partitur, aber in
der Erfindung vollendet wurde. Ein Brief Schindlers
von 1827 zeigt uns den tauben Meister beim Schaffen
an dem großartigen Werke; »Im Schweiße seines Ange
sichtes schlug er sich Takt für Takt mit Hand und Füßen
die Taktteile, ehe er die Noten zu Papier brachte, bey
welcher Gelegenheit ihm sein Hausherr die Wohnung
aufkündigte, indem die anderen Parteyen sich be
schwerten, daß ihnen Beethoven durch sein Stampfen
und Schlagen auf den Tisch Tag und Nacht keine Ruhe
gebe.« Ob Beethoven, meint Giannoni weiterhin, da
mals gleich diese Wohnung verließ und nach Gute n-
b r u n n bei Baden übersiedelte, ist ungewiß.
Nun besitze ich die hier wiedergegebenen
Silhouetten-Porträts von ihm (Fig. 3) und seinem Bruder
(F.iig. 4), worauf handschriftlich steht; »Der Compositeur
Beethoven als er von Baden komment hier zu Mödling
verweilt«, dann: »Der Apotheker Johann van Beethoven
als er zu Mödling verweilte.« Vielleicht 'hat Beethoven
die i!hm vorzeitig gekündigte Wohnung seinem Bruder
überlassen und ist selbst nach Baden gezogen. Im Jahre
1820 bezog er eine Wohnung im »Christhof«, Baben-
bergerstraßc 38. In Mödling entstand auch das beste
Beethoven-Bildnis durch den Maler Klober.
Noch will ich einer Notiz erwähnen, die ich mir, da
sie Mödling betrifft, vermerkte, aus »Die Familie
Beethoven. Ein Druckschrift von Ludwig van Beethoven«,
»Wiener Zeitung« (?), 25. Dezember 1907: »In einem
Nachtrag erzählt Beethoven, daß er seinen Neffen Karl
im Mai 1818 zu dem Pfarrer von Mödling
brachte, der ihm als »guter Jugendlebrer« empfohlen
wurde. Leider fand ich bald,« sagte er, »daß ich mich in
dem Herrn Pfarrer sehr geirrt hatte. Dieser geistliche
Herr hatte morgens noch nicht seinen Sonntagsrauseih
ausgeschlafen und war alsdann wie ein wildes Tier. Ja,