MAK

Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

DIE AUSSTELLUNGSBAUTEN. 
23 
als ein einftöckiger Bau mit erhöhter Mittelhalle und niedrigen Eck-Pavillons dar, 
welche, wie der Mittelbau, flach gewölbte, mit Sculpturen gefchmückte Louvre- 
Dächer tragen. Die fchräg gegen das Süd-Portal des Induftrie-Palaftes gekehrte 
Vorderfeite ift im Ganzen einfach gehalten; nur den Mittelbau zeichnet ein vier- 
fäuliger korinthifcher Porticus aus. Reicher und gefälliger, dem Charakter des 
Garten-Pavillons entfprechend, ift die Architektur der Rückfeite. Hier tritt an 
Stelle des Porticus eine tiefe, von vorfpringenden Wandpfeilern mit Säulenvor 
lagen eingefafste Vorhalle, an welche links und rechts Loggien, von gekuppelten 
toscanifchen Säulen geftützt, fleh anfchliefsen. Durch diefe Loggiengänge gelangt 
man aus der Vorhalle links in die Salons der Erzherzoge und Erzherzoginnen, 
rechts in die für die Suite beftimmten Gemächer, während der Haupteingang 
direct in den grofsen Mittelfaal und von dort in die anftofsenden Salons des 
Kaifers und der Kaiferin führt. Das fatte Roth der Hallenwände mit ihren matt 
gelben Pilaftern belebt den freundlichen Anblick des Gebäudes von der Garten 
feite noch mehr. In der Mittelhalle, deren Fufsboden ein etwas zu helles und 
buntes Glasmofaik von Salviati ziert, find die Wände oben von einem in pom- 
pejanifchem Styl ausgeführten Friefe umzogen. Die Decke fchmückt ein alle- 
gorifches Gemälde von Karl Schönbrunner, das zwar nicht uneingefchränktes 
Lob verdient, aber dem gefpreizten, fleckig und branftig colorirten Bilde von 
Boutibonne an der Decke des Hauptfaales weit überlegen ift. Das Decken 
gemälde im Salon der Kaiferin und die reizenden Grottesken an den Thüren 
diefes Gemaches rühren von Profeffor Sturm her. 
Die decorative Ausftattung und Einrichtung fämmtlicher Räume ift voi\,Pro- 
feflbr Jofef Storck entworfen; Giani, Haas, Lobmeyr, Faber und Dam- 
böck, Paulik und Schröffel, Bühlmayer, Ifella, Franzini, Vanni und 
Andere haben in der Ausführung der koftbaren Gewebe, Möbel, Kamine und 
Prachtgeräthe mit einander gewetteifert und ein Enfemble von fo ftylvoller und 
gediegener Pracht gefchaffen, wie es wohl kaum jemals in neuerer Zeit für einen 
vorübergehenden Zweck in diefer Vollendung hergeftellt worden ift. Wir über 
laffen die Würdigung des Einzelnen unferm Berichterftatter über die Kunftin- 
duftrie, glauben aber demfelben nicht vorzugreifen, wenn wir den bedeutenden 
Auffchwung, den das öfterreichifche Kunftgewerbe in den letzten Jahren genom 
men hat, fchon nach diefen dem Kaiferfalon gewidmeten Arbeiten mit Freude 
conftatiren. 
Das Gegenftück zu dem Kaifer-Pavillon bildet der Jury-Pavillon, ein Werk 
des Architekten Feldfcharek, der auch bei manchen der übrigen Ausftellungs- 
bauten dem Chef-Architekten zur Seite ftand und in dem zierlichen Bau, der den 
Sitzungen der Preisrichter gewidmet war, eine fchöne Probe feines lalents ab 
gelegt hat. Die Gefammt-Dispofition ift der des Kaifer-Pavillons verwandt, nur 
dafs der Mittelbau, der den grofsen Verfammlungsfaal umfafst, beim Jury-Pavillon 
zweiftöckig angelegt ift und die offenen Säulengänge, welche hier wie dort die 
Rückfeite beleben, fleh auch um den halbrunden Abfchlufs des Saalbaues herum 
ziehen. Die Dächer haben, dem fchlichteren Charakter des Ganzen angemeffen, 
die geftutzte Pyramidenform. Unter den mit Mafs und feinem Gefchmack an 
gewendeten Ornament finden befonders die fchönen Eifengitter der Portale (f. die
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.