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Rudolf Lechner.
Die Verwendung der Lithographie für technifche und wiffenfchaftliche
Werke ift durch den Holzfchnitt und die Zinkographie ftark gefchmälert worden.
Der Ku pf er und Stahlftich wird wohl wegen der koftfpieligen, zeitraubenden
Herftellung nur mehr von wenigen Verlegern verwendet; unter diefen Wenigen
befinden fich Brockhaus, Cotta und das b ib 1 io g r a phi f c h e I nft i t u t.
Endlich mag noch erwähnt werden, dafs die Photographie jetzt nur mehr
feiten als Illuftration in gedruckten Werken vorkommt, woran wohl die unver-
hältnifsmäfsige Koftfpieligkeit und die Gefahr des Verlöfchens nach längerer Zeit
die Schuld tragen. Wenn es einmal gelungen fein wird, die Photographie auf
mechanifchem Wege vollkommen zu drucken, was gewifs über kurz oder lang
der Fall fein dürfte, dann wird der Verlagsbuchhandel nicht fäumen, fich derfelben
zu bedienen, und es dürften der Holzfchnitt und die Steinzeichnung eine mächtige
Concurrenz zu beftehen haben.
Es ift auch als erfreulicher Fortfehritt zu conftatiren, dafs der künftlerifche
Gehalt die Illuftration im deutfehen Verlagswerke im Allgemeinen immer mehr
durchdringt, das heifst, dafs zu ihrer Herftellung immer häufiger wirkliche Künftler
verwendet werden.
Das Papier, worauf der deutfehe Verlag gedruckt wird, verdient nicht
unbedingtes Lob. Gewifs liefern die deutfehen Papierfabriken gutes, fchönes und
auch prachtvolles Papier, aber im Allgemeinen fleht es doch hinter dem franzö-
fchen und englifchen zurück. Namentlich ift es fehr zu bedauern, dafs das
deutfehe Papier, mittlerer Gattung wenigftens, fo ftark (es heifst, oft bis 60 Per
cent) mit H o 1 z ft o ff gemengt wird, dafs daraus die ärgften Uebelftände ent
liehen. Diefes Holzftoffpapier, welches anfangs fehr hübfeh ausfieht, verliert, der
Einwirkung von Licht oder Wärme ausgefetzt, die durch chemifche Bleiche er
zielte weifse Farbe und wird ganz braun und grau. Viele Verleger haben diefs
bereits zu ihrem Schaden an folchen Verlagswerken erfahren, welche ihnen von
Sortimentslagern remittirt wurden. Deutlich war diefs bei den Zeitungsfammlun-
gen fowohl der deutfehen als öfterreichifchen Abtheilung zu fehen. Faft alle
Blätter zeigten fchon nach wenig Wochen eine bräunliche, mehr oder weniger
dunkel nuancirte Farbe, zwifchen denen einige weifs gebliebene Stellen fon
derbar hervorleuchteten. Unter diefen befand fich in dem öfterieichifchen
Tableau eine Nummer der Wiener „Preffe“, welche auf dem Papier der
Times gedruckt war! Und diefes wunderhübfehe, kräftige und nicht abfär
bende Papier ift in London gerade fo wohlfeil, wie das wahrhaft elende, worauf
unfere meiften Zeitungen gedruckt find ! Es wäre von grofser Wichtigkeit
für den deutfehen Verlagsbuchhandel, wenn die heimifchen Papierfabriken den
franzöfifchen und englifchen nacheiferten und es dem deutfehen Verleger mög
lich machten, zu feinen Büchern fo prachtvolles Papier zu verwenden, wie es
in Frankreich und England faft ausnahmslos, nicht nur bei Pracht-, fondern
auch bei gewöhnlichen Büchern, ja fogar bei politifchen Zeitungen der
Fall ift.
Was fchliefslich die Buchbinder-Arbeit im deutfehen Buchhandel
anbelangt, fo ift auch hier ein erfreulicher Fortfehritt zu conftatiren. Die Geftal-
tung des deutfehen Buchhandels, welcher feinen Verlag in Commiffion verfendet,
erlaubt im Allgemeinen nicht das Einbinden ganzer Auflagen, wie diefs in
Frankreich, namentlich aber in England faft durchgehends gefchieht, und es
erklärt fich daraus auch die bedeutend höhere Stufe, auf welcher der im Buch
handel vorkommende englifche Einband lieht; dennoch findet man die deutfehe
fogenannte Gefchenkliteratur, Gedichte, Claffiker, höhere Belletriftik, Albums
und Prachtwerke mit grofsem Gefchmacke und oft feltener Vollendung eingebun
den und ift auch hier bei Anfertigung der Stanzen die glückliche Verwendung
ktinftlerifcker Kräfte erkennbar.
Noch darf bei unferer näheren Betrachtung der deutfehen Verlagswerke
nicht unerwähnt bleiben, dafs in neuerer und neuefter Zeit der deutfehe Verleger
Der deutfche und öfterreichifch-ungarifche Verlagsbuchhandel.
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lieh beftrebt, zu billigen Preifen zu procluciren. Der oft gehörte Vorwurf:
„die deutfehen Bücher find zu theuer“ hat nur mehr wenigem Verlag gegenüber
feine Berechtigung. Seitdem die Claffiker Gemeingut geworden, ift eine Menge
guter und hübfeh gedruckter, oft unglaublich billiger Claffikerausgaben erfchie-
nen. Man kann überhaupt fagen, dafs fall bei allen Werken, wo die Möglichkeit
gröfserer Auflagen geboten ift, auch wohlfeile Preife gefetzt werden. Bei Büchern,
wo im Voraus nur auf einen geringen Abfatz gerechnet werden kann, müffen die
Preife naturgemäfs höher fein. Diefs ift, wie im deutfehen, auch im ausländifchen
Buchhandel der Fall; nur befindet fleh der franzöfifche und englifche
Buchhandel infofern in einer günftigeren Lage, als beide einen gröfseren, fogenann-
ten Weltmarkt haben und dafs man dort mehr Geld auf den Ankauf von Büchern
verwendet. Die deutfche Familie ift viel zu fparfam, was ihren literarifchen
Bedarf betrifft, und wir wollen hoffen, dafs doch endlich die Zeit kommen werde,
wo es jeder Gebildete für eine Ehrenfache halten werde, feine eigene Bibliothek
zu befitzen.
In einigem Zufammenhange mit den Biicherpreifen fleht auch die
Honorarfrage, das will fagen, dafs diefelben Gründe, welche die Gröfse der
Auflage beftimmen, auch für die Gröfse des Honorars mafsgebend find. Die
Klagen über das geringe deutfche Honorar find übrigens fchon lange nicht mehr
wahr und die guten Autoren haben reichlichen Lohn ihrer Arbeit. Was die
fchwindelhaften Honorare anbelangt, welche uns öfter in Journalen über den
Rhein herüber gemeldet werden, fo möchte ich das deutfche Publicum bitten,
folche Nachrichten mit Vorficht aufzunehmen. Die Reclame fpielt hier eine
gröfse Rolle.
Der fo lobenswerthen Tendenz, durch Plerfteilung wohlfeiler Bücher die
Literaturerzeugniffe auch den minderbemittelten Schichten des Volkes zugänglich
zu machen, tritt feit einigen Jahren die fociale Frage durch die endlofen
Strikes der Setzer und Drucker hindernd in den Weg. Die Satz- und Druckpreife
haben in den letzten Jahren um mehr als 75 Percent aufgefchlagen 1 Kein billig
Denkender wird die Berechtigung der Beftrebungen unferer Arbeiter auf Verbef-
ferung ihres Lohnes für ihre Arbeit beftreiten wollen. Aber der neuefte Tarif
der Setzer und Drucker überfchreitet bereits die Grenze des Vernünftigen. Was
ift das Refultat? Die Produktion wird fich wefentlich vermindern. Viele Bücher
können nach dem jetzigen Tarife entweder gar nicht gedruckt werden, oder fie
werden fo empfindlich vertheuert, dafs der Abfatz darunter leiden mufs. In den
meiften Druckereien hat fich auch bereits Mangel an Arbeit eingeftellt und viele
Arbeiter find brodlos geworden. Der übertrieben hohe Lohn war ihnen alfo ver
derblich. Ich zweifle nicht, dafs die Tarife in Kürze wieder auf ein vernünftiges
Mafs zurückkehren werden, und diefe Anficht ift auch bereits eine allgemeine in
den betreffenden Kreifen.
Bevor ich nun zu allgemeinen Schlufsfolgerungen und vergleichenden
Betrachtungen übergehe, halte ich es für nothwendig, mich noch vorher mit dem
öfterreichifchen Buchhandel fpeciell zu befaffen.
Der öfterreichifche Verlags-Buchhandel.
Wenn der öfterreichifche Verlags Buchhandel auch einen integrirenden
Beftandtheil des deutfehen Buchhandels bildet, fo ift es dennoch nothwendig, ihn
abgefondert von diefem zu betrachten, da einer der wichtigften Zwecke einer
Weltausftellung wohl der ift, zu zeigen, auf welcher Stufe der Leiftungsfähigkeit
die Induftrie des Vaterlandes fleht und eine der vornehmften Pflichten des
Berichterftatters, diefs zu unterfuchen und darzuftellen.
Der deutfch-öfterreichifche Verlag war in einer recht hübfeh
hergerichteten Collectivausftellung in dem gedeckten Hofe 13 a zum gröfsten
Theile zufammengefafst und bot ein angenehmes Bild. Hier war die Betheiligung