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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVIII (1883 / 219)

Bereits auf der Pariser Weltausstellung von 1867 ist die Bedeutung der Wiener Bronze- 
lndustrie allgemein anerkannt worden, und hat diese Ausstellung eine ansehnliche Er- 
weiterung des ausländischen Marktes herbeigeführt. .ln den folgenden Jahren hatten sich 
unsere Bronze-Industriellen immer mehr daran gewohnt, bei hervorragenden Künstlern 
Zeichnungen und Modelle für ihreArbeiten zu bestellen, und die Entwicklung der Wiener 
Bronze-Industrie hatte sicherlich in ruhigem stetigem Fortschritt zu den erfreulichsten 
Resultaten geführt, hatte nicht die ünanzielle Katastrophe des Jahres 1873 auf die Kunst- 
industrie einen so verderblichen Rückschlag ausgeübt, dass dieselbe jahrelang alle Mühe 
hatte, sich nur auf der schon errungenen Höhe zu behaupten. Gegenwärtig sei vor Allem 
der von Jahr zu Jahr wachsenden Concurrenz Deutschlands in Kunstbronzen die größte 
Aufmerksamkeit zu schenken. Noch hatte uns Deutschland in künstlerischer Beziehung nicht 
überholt, es arbeite aber dort die Bronze-Industrie mit weitaus größeren finanziellen Mitteln 
als bei uns, mit staunenswerther Energie und der ganz bestimmten Absicht es früher 
oder später den Franzosen gleich zu thun. Demgegenüber gäbe es bei uns nur ein wirk- 
sames Mittel, das sei der enge Anschluss an die localen Factoren auf dem Gebiete der 
Kunst. In diesem Anschlusse sei die Wiener Bronze-Industrie emporgebluht, durch ihre 
originelle Eigenart habe sie sich allerorten Zutritt verschafYt; nur wenn die Wiener 
Bronzen, unbeirrt durch Berlin, München oder Paris, diese originelle Eigenart weiter ent- 
wickeln, würden sie sich trotz aller Ungunst der Verhältnisse auch in Zukunft ehrenvoll 
auf dem YVeltmarkte behaupten. 
Beide Vortrage wurden von den Anwesenden mit lebhaftem Beifalle aufgenommen. 
Literaturbericht. 
Langer, Dr. Carl: Anatomie der äußeren Formen des menschlichen 
Körpers. Mit 120 Holzschnitten. Wien, 1884. 8". 
Das soeben veröffentlichte Werk des Professors der Anatomie an der Wiener Uni- 
versitat ist für Künstler, Kunstjunger und Kunstgelehrte eine gleich willkommene Er- 
scheinung. Langer ist eine Autorität auf dem Gebiete der Anatomie und hat sich mit der 
bildenden Kunst seit Jahren so eingehend beschäftigt, und seine gediegenen Kenntnisse auf 
kunsthistcrischem Gebiete in mehreren Abhandlungen so bewährt, dass diesem seinem Werke 
ein volles Vertrauen entgegenkornmt. Prof. Langer ist in diesem Buche der Versuchung 
aus dem Wege gegangen, die modernen Theorien über Abstammung und Entstehung der 
Racen in das Werk aufzunehmen, wie es in der breitspurigen Anatomie für Künstler von 
H a r le ss-Hartma n n geschehen ist. Sein Buch hat dadurch an Klarheit derDarstellung und 
an Brauchbarkeit außerordentlich gewonnen, Bei der Massenhaftigkeit der gegenwärtigen 
Kunstliteratur sind wir jedem Fachgelehrten zu Dank verpßichtet, wenn er sich auf das 
Wesentliche und Nützliche seines Specialfaches beschrankt. Besonders haben uns die Me- 
thoden der Messung, die eingehenden Betrachtungen über Dürer's Proportionswerk über 
Lionardo als Anatom, über den Canon der antiken Künstler, das griechische Profil, 
über Bewegung interessirt. Wie treffend ist, um nur ein Beispiel anzuführen, die Bemer- 
kung S. toz über d: Bewegung der Hände Christi im Abendmahle Lionardo da Vinci's? 
Die Zeichnungen sind ganz vortrefflich. Dem ausführlichen lnhaltsverzeichnisse folgt 
ein Hinweis auf die zahlreichen Künstler und Kunstwerke, welche in diesem Werke er- 
wähnt werden. R. v. E. 
Schultz, Alwin: Kunst und Kunstgeschichte. I Eine Einführung in das 
Studium der neueren Kunstgeschichte. Leipzig, G. Freytag, 1884. 8. 
Die sogenannte Popularisirung des Wissens ist ein Charakterzug unserer Zeit und 
ihm verdanken schon mehrere encyklopadische Publicationen ihren Ursprung. Die neueste 
erscheint unter dem Gesammttitel: wDas Wissen der Gegenwart: und als v8. Bänd- 
chen derselben wurde vor Kurzem das obengenannte Werk ausgegeben. Das Priucip der 
Theilung der Arbeit ist auch in den Wissenschaftlichen Kreisen vollauf maßgebend und 
darum nimmt man das Büchlein, das von einem der berufensten Fachleute, dem Professor 
der Kunstgeschichte an der Prager Universität, geschrieben ist, von vornherein mit der 
zuversichtlichen HoEnung auf Belehrung und Vergnügen zur Hand. Und dieses Vertrauen 
wird im Ganzen und Großen auch bei keinem Leser zerstört werden, welcher mit der 
rechten Auffassung des Zweckes dieser Publication und der Kreise, für welche sie bestimmt 
ist, zur Lectüre schreitet. Viel Neues werden Fachleute nicht in dem Buche finden, aber 
dasselbe ist eben für Leser bestimmt, welche sich zunächst erst über die allgemeinen Be- 
griffe der Kunstwisseuschaft und über das Wesentliche der verschiedenen Techniken be-
	        
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