nicht nach dem uns erhaltenen Modell verfertigt worden ist, so daß man
annehmen muß, daß unser Stück, wenn es für diesen Altar bestimmt war,
nur eine Vorskizze oder ein Konkurrenzmodell gewesen ist.
Das Museum besitzt ferner zwei Arbeiten, die dem Bildhauer Giovanni
Giuliani, dem Lehrer Raphael Donners, angehören. Die eine ist ein Marmor-
relief: „Der Leichnam Christi" (Abb. 26).
In einer Grotte, die aus rötlichem Marmor gebildet ist, liegt, aus weißem
Marmor gearbeitet, der Leichnam Christi ausgestreckt auf einem Felsen,
über den ein Tuch gebreitet ist. Der Kopf ist nach rückwärts gefallen, der
Brustkorb stark herausgedrückt, der linke Arm hängt herab, die rechte Hand
liegt auf der Hüfte. Der Körper ist in den Verhältnissen sehr schlank, doch
weich in den Formen gebildet, ein stark zerknittertes Tuch bedeckt die Scham.
Die Beine sind schlank und lang, der Fuß außerordentlich fein durchgebildet
mit hohem Rist und langen Zehen. Über der Figur sind in Wolken zwei
Engelskinder angebracht, von denen das eine in Trauer niedergesunken ist,
das andere mit der Hand nach dem Leichnam "weist. Auch diese Gruppe ist
aus weißem Marmor. (Höhe des halbrunden Reliefs 26 Zentimeter.)
Rechts auf dem Felsen ist die Signatur I:G:S in Kapitale angebracht,
die 11g": wohl ganz richtig als: „johann Giuliani Sculpsit" gelesen hat. Als
Beweis, daß die Schreibweise Johann nichts Ungewöhnliches sei, führt Ilg
an, daß sich auch in einer Urkunde der Künstler Giuliani mit Ihoann
(Johann), nicht Giovanni unterschreibt. Er gibt auch eine kurze Biographie
des Künstlers und stellt die ihm bekannten Arbeiten Giulianis zusammen."
E. Tietze-Conrat hat dann in dem Aufsatze: „Georg Raphael Donners Ver-
hältnis zur italienischen Kunstmk" noch einige Skulpturen von der Hand
Giulianis nachgewiesen. Für die österreichische Kunst ist Giuliani als Lehrer
Raphael Donners von größtem Interesse, der auf seinen Reisen nach
Venedig in der Familie Giulianis verkehrte und dessen Kunst durch das
Studium der italienischen Meister wesentlich beeinflußt wurde.
Die Sammlung von Tonmodellen Giulianis, die sich im Stifte Heiligen-
kreuz befindet, gibt uns die Möglichkeit, die Art des Meisters in der Behand-
lung der Kleinplastik kennen zu lernen. Eine Anzahl der Modelle ist signiert
und wir finden als charakteristische Merkmale des Meisters den spitzen
Kopf, die starke entwickelte Nase (auch bei den weiblichen Figuren), die
weichen, nicht allzu muskulösen Formen des Körpers, die eigentümliche
Behandlung der langen Finger und die der Füße, die auffallend hohen Rist
haben und bei denen die Zehen sehr charakteristisch gebildet sind. Die große
Zehe steht von den anderen sehr stark ab, die Mittelzehe ist länger als die
große Zehe, die kleine Zehe, hochgestellt, schließt stark an die übrigen Zehen
an und berührt kaum den Boden. Wir finden auch auf unserem Relief des
Leichnams Christi die besprochenen Merkmale der I-Iand Guilianis, so daß
"' „Leben und Werke johann Bernhard Fischers von Erlach des Vaters", von Albert 11g, Wien, 1895,
Seite 40g.
i" llg, a. a. 0., Seite 406.
"N „Kunstgeschichtliclies Jahrbuch der Zentralkommission", 1 (1907).