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Volltext: Katalog der Theodor Graf'schen Funde in Aegypten

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ständig fertig. In beiden Fällen, wo man also statt des Zuschneidens und der Naht 
sich entweder des Knüpfens oder des Zusammenwebens bediente, ward das Gewand 
durch gewisse, hier nicht näher zu beschreibende, complicirte technische Vorkeh 
rungen am Webstuhl erzeugt. Diese Kunst hat sich, wenigstens was den Orient und 
speciell Aeg ypten betrifft, bis in das Mittelalter hinein erhalten ; denn, wenn es auch 
schon zu Nero’s Zeit in Rom auffiel und zu den Absonderlichkeiten gerechnet wurde, 
da der Philosoph Seneca stets Gewänder ohne Naht trug, so spricht dieser Umstand 
eben blos für das Ueberhandnehmen der aus mehreren Stücken zusammengenähten, 
billiger kommenden Kleider in der römischen Mode damaliger Zeit; keinesfalls 
darf aber daraus auf das völlige Verschwinden dieser Kunstübung geschlossen 
werden, wie dies manche Gelehrte thaten. In Aegypten ward diese Kunst, wie 
gesagt, noch lange fortgeübt, und wieder war es die am Menzalehsee blühende 
Manufacturstätte Tinnis, die Stadt der Weber par excellence, welche selbst noch 
in der Chalifenzeit ihren Ruhm, Gewänder ohne Naht zu erzeugen, über den 
ganzen Orient verbreitete. Es wurden daselbst derlei Bekleidungsstücke in allen 
Qualitäten hergestellt und ich erwähne nur, dass man als die kostbarsten für den 
Chalifen Tuniken (arab. bddane) anfertigte, welche an nothwendigstem Fadenge 
spinnst zu Kette und Einschlag nur ein Gewicht von je zwei Unzen (54’5 Gramm 
= 3'27 Loth) aufbrauchten, während die eigentliche Textur in Gold (vergoldete 
Membranlamellen) hergestellt wurde und die äusserst kunstvolle Arbeit dennoch 
durchaus solid war. Solch’ eine Tunica inconsutilis, für welche man also weder 
des Zuschneidens, noch der Näharbeit bedurfte (Id tafßil iva Id chijate) kam auf 
1000 Dinar (circa i3.ooo Francs) zu stehen! 
131. Feiner uni-gestreifter Leinenstoff mit rothem schmalen Band, das 
mit zartem Ornament ^»laufender Hund«) eingefasst ist. 
132. Bruchstück eines befransten länglichen Tuches (mindil). Zwischen 
den Endstreifen, welche dicht uni-gewoben sind, eine dreifache Reihe 
combinirter Herzblattfiguren, deren Farben (in Wolle) herausge 
modert sind. Darüber rechts ein mit Blatt- und Kreuzmotiven zart 
figurirtes Rundmedaillon (das linke ist herausgemodert). Gobelin 
arbeit in Combination mit der Textur. 
133. Bruchstück eines uni-gestreiften Leinengewandes. Der Halsausschnitt 
ist mit einer gewebten Wollborte besetzt, die auf blauem Grund 
überschossene weisse Ornamente zeigt. Die noch sichtbare Gobelin 
spange (s. Nr. 124) hingegen ist in die Textur gearbeitet und bietet 
auf blauem Grunde zierliche rothe gestielte Blattmuster. 
134. Bruchstück einer reizend ornamentirten Kindertunica. Das ziemlich 
grobe Nc/iari-Linnen hat verticale Uni-Streifen, über welche links 
und rechts knapp vom Halsausschnitt zwei breite gemusterte Parallel 
streifen nach vorn und hinten zum Saume herablaufen. Die letztem 
enthalten zwischen ihrer schmalen violetten Linieneinfassung als 
Füllung vertheilte bunte Blätter und Tüpfeln in greller Färbung. 
Combinirte Gobelinarbeit. Die äusserst zierliche in Kreuzform ge 
schnittene Halsöffnung zeigt auf den Seiten der Achseln noch den 
wohl erhaltenen Verschluss mittelst Knopfes und Schlinge. Besetzt ist 
der Halsausschnitt von einer hübschen blauen Wollborte mit weiss 
lancirten geometrischen Mustern. 
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