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Volltext: Der gute billige Gegenstand

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SOMA MORGENSTERN 
ßlLLIGK HALTUNG 
Der billige Gegenstand, hat er noch heutzutage eine Kmpfehlung nötig? 
Bedarf er gar einer Apologie? Alles arbeitet ja für ihn. Die Zeit, schlecht 
hin als die Neuzeit bekannt, unsere Zeit mit allen ihren Techniken 
und Praktiken streitet sie nicht mit ihrer ganzen, zu allem entschlossenen 
Findigkeit gerade für den billigen Gegenstand? Die Umwälzung aller 
\A'erte, die Standardisierung aller Fabrikate, die Egalisierung aller 
Gewohnheiten, die Kollektivierung aller (ilehirne — münden nicht alle 
Strömungen der Neuzeit just in die Billigkeit? Wie immer man das 
Wort ..billig“ ausdeutet, im moralischen oder im ästhetischen oder im 
(xeldsinne: dreifach einbegründet im Geiste der Zeit, dreifach legitimiert 
steht der hillige Gegenstand triumphal da. Allenfalls in der Theorie, 
allenfalls in den Doktrinen. 
Ein wenig anders in der Wirklichkeit. Wohl hat sie ihre Farben und 
Nuancen scheinbar an die Theorien abgegeben, um vor deren auf gerissenen, 
entfesselten Bnntheit, in Bescheidenheit ergraut, dazustehen, aber so grau 
in grau egalisiert, wie die Doktrinen glauben machen, ist sic am Ende 
doch nicht. 
Die Statistik zeigt Besultale. Resultate sind grau. Uns interessiert die 
Haltung des Menschen vor dem Kaufobjekt. Diese Haltung ist ein psy 
chologischer ProzeB und zeigt durchaus kein standardisiertes Bild. Von 
Nuancen abgesehen, lassen sich die Menschen in ihrer Eigenschaft als 
Kunden nach der Haltmig vor dem Wort ..billig“ in drei Gattungen ein 
teilen. Es gibt welche, die das Wort so fasziniert wie das Wort: Okkasion. 
Es sind Kunden, die nicht von Kauflust geleitet, sondern von einer Art 
Kauflist verleitet werden. Billig heißt für sie okkasionell, also eine 
Gelegenheit, irgend was, irgend wen zu überlisten. Die Erfahrung lehrt, 
daß es nicht unbedingt arme Leute sind, die so empfinden und handeln. 
Dann gibt es Menschen, denen das Wort „billig“ mit dem weißen 
Schrecken aller ,,Weißen Wochen“ die Glieder lähmt. Es sind nicht 
immer reiche Leute, die so empfindsam sind. Und Leute gibt es noch, 
die zwar geistreich sein wollen, aber es dennoch nicht billig finden, etwa 
zu sagen: ,,Ich bin nicht reich genug, um mir billige Schuhe leisten zu 
können.“ Diese Gewitzigten sind meistens nicht arm und auch nicht 
geistreich. 
Gewiß ist der teuere Gegenstand besser und schöner und keine Heuchelei 
wird den billigen guten gegen den besseren teueren mit Erfolg ausspielen
	        
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