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Wollfäden von ziemlicher Feinheit gefertigt. Der einfache netzartige Grund
kann auf dieselbe Weise hergestellt sein, wie an Nr. 567, doch machen es
die complicirten Verschlingungen an den reicher und dichter gemusterten
Stellen sehr wahrscheinlich, dass man zu ihrer Herstellung irgend eine
mechanische Vorrichtung zu Hilfe genommen hat, die unseren Klöppeln
analog wäre.
Die Ornamentik ist bei der Betrachtung und Beurtheilung dieser
ägyptischen Textilfunde von doppelter Wichtigkeit. Sie enthüllt uns fiir’s
Erste einen ungeheuer reichen Schatz von decorativen Elementen einer Zeit,
deren Kunst wir bisher fast nur aus monumentalen Werken kannten. Die
Ornamentik ist es aber auch, die uns die wichtigsten, ja einzigen Anhalts
punkte für die Zeitbestimmung an die Hand gibt. Wenn wir von gewissen
allgemeinen Verzierungselementen der Antike (Welle, Mäander), sowie von
einigen verwandten Erscheinungen in der pompejanischen und der Kata
komben-Wandmalerei absehen, ist uns nur in Mosaik ein Theil des an
den ägyptischen Funden zu Tage getretenen Ornamentenschatzes bereits
früher bekannt geworden, und die Flächenmuster des Mosaiks sind es auch,
die wir zur Bestimmung unserer Funde hauptsächlich heranziehen müssen.
Indem wir uns der Betrachtung dieser Textil-Ornamentik zuwenden,
mögen zu Anfang diejenigen Ornamente Platz finden, die vorwiegend durch
die Technik bedingt sind. Es sind dies hauptsächlich die gewebten Orna
mente. Nach den zwei hiezu verwendeten Techniken lassen sie sich noch
weiter eintheilen in lancirte und broschirte. Gemeinsam ist ihnen beiden
die Neigung für geometrische Formen und eine weitgehende Stilisirung,
sobald vegetabilische oder animalische Motive in Betracht kommen. Die
lancirten (Taf. VI) sind fast ausschliesslich geometrisch: quadratisch, polygon
oder rund, kreuz- oder sternförmig gefüllt, häufig im Rauten- oder Zickzack
schema angeordnet, entsprechend den schmalen Borten, zu deren Herstellung
diese Technik — wie es scheint, ausschliesslich — verwendet wurde. Die
Broschirung (Taf. VII) diente dagegen hauptsächlich zur Musterung grosser
und breiter Flächen. Ihren Reiz entfaltet sie nicht so sehr in complicirten
Ornamenten, als vielmehr in der Verwendung vieler Farben nebeneinander,
die die gleichzeitige Handhabung mehrerer Schützen voraussetzt. Gewöhnlich
sind es rautenförmige, geometrisch gefüllte Muster, mit denen die Broschi
rung die Flächen der Leinentücher überzieht, doch finden sich auch Streu
muster vegetabilischer und animalischer Natur in weitgehendster Stilisirung
(Taf. VII).
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