MAK
Seite 218 
Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. 18 
daherspringt, oder zahllose Varianten vom Wohlleben 
der Soldaten, die immer eine heuchlerisch sentimentale 
Note besitzen. 
Aus der Fülle des Stoffes sei noch ein Karton 
hervorgehoben, in dem die Kuriosa aufbewahrt 
werden: so z. B. feindliche Aufrufe, Zukunftskarten, 
interessante russische Maueranschläge aus den Wechsel 
fällen der Kriegsereignisse, Flugblätter, Kriegszeitungen, 
Schiffsdepeschen, die einen charakteristischen Beitrag 
zur Geschichte des Seekrieges bilden, u. v. a. Daß 
hierunter Gabriele d’Annunzios „Himmclsbrief“ 
nicht fehlt, dem nichts Zweites von gleicher Lächer 
lichkeit an die Seite gestellt werden kann, ist selbst 
verständlich. 
Dem Sammler wird jedes Buch, jedes Blatt und 
Kärtchen bedeutungsvoll sein. Es ist ja auch eine 
einzigartige Sammlung diese Sammlung der Haß 
literatur. Ihr als selbständiges Ganze angegliedert ist 
die graphische Abteilung, die in der Kupferstich 
sammlung der Hofbibliothek untergebracht wurde. 
Sie verfügt über keine Kuriosa, sondern umfaßt nur 
eine freie Auswahl jener Erscheinungen, die mehr oder 
weniger Anspruch auf künstlerische Gestaltung 
legen. 
Wiederaufnahme der Kunstauktionen im Wiener Dorotheum. 
Es ist eine erfreuliche Erscheinung, daß der Kunst 
markt vom Weltkriege unberührt geblieben ist. Die 
Stockung, die nach dem Kriegsausbrüche eintrat, hielt 
nicht lange an, der tief im menschlichen Wesen wur 
zelnde Sammeltrieb, kurze Zeit mühsam zurück 
gedrängt, brach bald um so stärker hervor und suchte 
seine Betätigung, wo er sie nur finden konnte. Neue 
Fig. 4. 
Gebetbuch, um 1500. 
Sammelgebiete wurden urbar gemacht, ohne daß die 
alten darüber vernachlässigt worden wären. Freilich, 
ein künstlicher Damm war da aufgerichtet worden — 
das Angebot hielt sich in sehr bescheidenen Grenzen. 
Man brachte wenig Kunstgegenstände auf den Markt, 
weil man der Meinung war, daß die Kauflust im Kriege 
eine geringe sei und daß man die entsprechenden 
Preise nicht erzielen würde. Wie grundfalsch diese 
Ansicht war, das ging aus den Äußerungen der Fach 
männer hervor, die in der „Internationalen Sammler- 
Zeitung“ zum Worte gelangten*). Wie ein roter Faden 
* Siehe die Nummer 15 und 16/17 der „Internationalen 
Sammler-Zeitung “. 
zog sich durch alle Interviews die Klage, daß es an 
Ware mangle, wogegen die Nachfrage eine sehr lebhafte 
sei. Dasselbe bestätigten auch die einzelnen Auktions 
versuche, die da und dort gemacht wurden. Nicht nur 
daß sich die Preise behaupteten, in den meisten Fällen 
waren sie jetzt im Kriege sogar bessere, als vordem 
im Frieden. Es wird darum von den Sammlern aufs 
sympathischeste begrüßt werden, daß die Leitung des 
Wiener Dorotheums den Entschluß gefaßt hat, 
nun mit größeren Kunstauktionen hervorzutreten. 
Den Anfang macht das Wiener staatliche Auktions 
institut mit einer in der Hauptsache aus dem Nachlaß 
des ehemaligen Generaldirektors der Länderbank in 
Wien, Herrn Eduard Palmer bestehenden Sammlung, 
die von seltener Reichhaltigkeit ist. Sie umfaßt Öl 
gemälde und Aquarelle, Miniaturen, englische Farb 
stiche, Kunstgegenstände aller Art und Textilien. 
Unter den Gemälden stehen Altwiener Meister 
obenan, für die Generaldirektor Palmer eine begreifliche 
Schwäche hatte. Keine Mittel scheuend, ist cs ihm 
denn auch geglückt, in seinem Besitze eine Anzahl 
ganz erlesener Stücke zu vereinen. 
So hinterließ er vier Waldmüller, die alle Vorzüge 
dieses beliebtesten Meisters der Altwiener Malkunst 
aufweisen. Der Entstehung nach zu den ältesten gehört 
das Gemälde „Die Braut“, das „Waldmüller 1826“ 
signiert ist. Das „.Bildnis einer alten Frau mit Kopf 
tuch“ ist nicht näher bezeichnet, ist aber jedenfalls 
auch der älteren Periode seines Schaffens zuzuweisen. 
Der große Wandet in der Wertschätzung des 
Meisters läßt sich an dem Bilde ..Heimkehr von der 
Trauung“ nachweisen, das unsere Abbildung (Fig. 1) 
vorführt. Aus dem Jahre 1802 stammend, ist dieses 
signierte Ölgemälde, wie Wurzbach in seinem „Bio 
graphischen Lexikon des Kaisertums Österreich“ be 
merkt, in der Monatsausstellung des Österreichischen 
Kunstvereines, wo es noch in seinem Entstehungsjahre 
exponiert war, um 800 Gulden verkauft worden. Im 
Februar 1910 taucht das Bild auf dem Wiener Kunst 
markte wieder auf. Alfred Wawra bringt es in einer 
Auktion unter den Hammer und erzielt dafür K 12.900'— 
(Auktion vom 14. und 15. Februar 1910.) 
Der vierte Waldmüller der Sammlung Palmer ist 
ein Landschaftsbild, ein Motiv, das Waldmüller oft 
behandelte: „Der Dachstein mit dem Gosausee“. Das 
Gemälde (31x26 cm) ist signiert: „Waldmüller 832“. 
Der Katalog kennzeichnet das Bild nicht mit Unrecht 
als ein Meisterwerk des Künstlers. 
Perlen der Kunst sind auch Agricolas Aquarelle: 
„Drei Nymphen, den schlafenden Amor betrachtend“
	        
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