612 Gruppe V. Textil- und Bekleidungs - Industrie.
welche die Ausstellung von E. Creutznach’s Nachfolgerin Chemnitz
zeigte.
Die Ausstellung der deutschen Wirkwaaren war durchaus keine
der Bedeutung der Branche angemessene. Die grossartige Chemnitzer
Industrie, deren Export nach Amerika allein 5 bis 5 1 / 2 Millionen Thaler
beträgt, war nur durch wenige Firmen vertreten, und bot kein Bild
ihrer Leistungsfähigkeit und der Mannigfaltigkeit ihrer Artikel. Zu
erwähnen sind ausser den Genannten Hermann Grüner und Gebr.
Elkan mit Strümpfen und Handschuhen aus Baumwolle, Wolle und
Halbseide. Die bedeutende Wirkwaarenindustrie von Apolda, welche
Kulir- und Kettenwaaren, Rundstuhl- und Walkwaaren liefert, war
durch das bekannte Haus Christian Zimmermann & Sohn ver
treten; aus Württemberg sind Mayer & ünger und Ludwig Maier
in Stuttgart, Joh. Lieb in Ulm zu erwähnen, desgleichen H. C. Härtel
in Waldenburg in Sachsen sowie F. G. Rätzer in Burgstädt in
Sachsen. In Phantasieartikeln leistet Berlin Vortreffliches, wie die
Ausstellungen von Hildebrandt & Co. und Schlottmann APetzke
beweisen.
Bekleidungsstücke und Hüte.
Während die vorausgehenden Betrachtungen sich mit den ver
schiedenen Erzeugnissen der Spinnerei, Weberei, Wirkerei und anderen
beschäftigten, und dieselben als zum Theil äusserst complicirte Producte
aus den einfachen Rohmaterialien erkennen Hessen, erübrigt es jetzt
gewissermaassen als Schlussstein, der endlichen Verwendung dieser
Artikel zu einem ihrer Hauptzwecke, zur menschlichen Kleidung, zu
gedenken. Dieselben werden nunmehr die Elemente, aus denen die
Kunst des Schneiders und Modisten ihre unzähligen in Form, Geschmack
und Zweck unterschiedenen Producte herstellt.
Unter allen für den äusserlichen Gebrauch des Menschen bestimmten
Gegenständen nimmt die Kleidung eine eigenthümliche Stelle ein.
Hervorgegangen aus klimatischen Bedürfnissen und dadurch sich in
gewisse grosse Kategorien theilend, erlangte sie früh eine sociale Be
deutung und wurde das Mittel, durch welches sich Gleiche als zu ein
ander gehörig darstellten, die Trennung der Gesellschaftsclassen sich
äusserlich charakterisirte. Das Wort „vestis virum reddit“, „das Kleid
macht den Mann“, war im wörtlichsten Sinne bedeutungsvoll. Mit dem
Verschwinden oder wenigstens Schwächerwerden der socialen Gegensätze
sehen wir auch die Tracht sich verallgemeinern und ihre trennenden
Besonderheiten verlieren. Die durch Gesetz und Herkommen vorge
schriebene Kleidung tritt zurück gegenüber einer nationalen Tracht
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