lTummer 12.
Seife 183.
Internationale S
befinden sich teils in Eondon in der Rationalgalerie und
im Britischen ATuseum, teils im Boulak-ATuseum in Kairo,
fluch Berlin hat eine größere Sammlung non 23 Stück;
alles andere aber ist roeif zerstreut in den ITluseen Europas
und Amerikas, Dielfach auch in Priuatbesifj. fine einheit
liche Publikation, mit möglichst genauer Angabe der 5und-
umstände existiert leider bis jefjt nicht, sie roürde das
Studium bedeutend erleichtern.
Kennen mir den fundarf, so sind uns die fund
umstände zum Teil ganz unbekannt, roenigsfens bei den
Graf sehen Bildern. Beduinen raollen sie beim Suchen nach
Salz im Tande gefunden haben, schon losgerissen oon den
ITlumien, die also in früherer Zeit geplündert morden
roaren, roobei man die Bilder als mertlos megmarf. flinders
Petric hat seine Porträts und zrnar oerschiedene noch an
der ITlumie befestigt, einfach im Sande oerscharrt gefunden
oder auch in ganz einfachen Grabkammern, die untei der
Sanddecke in den felsboden eingeschnitten roaren. Seine
funde lehrten auch die Verbindung des Bildes mit der
ITlumie näher kennen. Tange dünne Teinmandstreifen
bilden eine äußerst kunstoolle, rankenförmig arrangierte
Umhüllung, die häufig oergoldet oder in bunten färben
gemalt ist und in diese Teinroandumhüllung ist über dem
Kopf eine dünne Holztafel mit dem Porträt des Toten ein
gefügt. Die Porträts haben 30—45 cm Höhe, 15—25 cm
Breite und erreichen nicht die Tebensgröfje, sind oft bis
zur Hälfte kleiner, fine, roie es scheint, gleichzeitige
Parallelerscheinung sind die sogenannten ITliimienmarken,
bei denen ebenfalls an der ITlumie selbst angebracht der
Kopf des Toten als plastisches Porträt eingefügt ist und
aus den Hüllen herausschaut. Vorläufer dieser Art oon
Iflumien sind die anthropoiden menschenähnlichen ATumien-
särge, roie sie überroll in Egypten seit der Zeit des neuen
Reiches bis in die Ptolemäerzeit üblich roaren und roie
man sie in allen egyptischen TTluseen sehen kann. Auf
diesen egyptischen anthropoiden Särgen ist das Gesicht
des Toten durchaus schematisch und konoentionell gebildet,
oft oon einer Perücke umrahmt, in lebhaften färben ge
malt. Wann und roo sich zuerst die Sitte entwickelte, an
den ITlumien selbst das Bild des Toten anzubringen und
an Stelle der schematischen form wirkliche Porträts zu
setjen, das entzieht sich bis nun unserer Kenntnis, sicher
aber ist, dafj es nur unter griechischem finflufj, also
nicht oor der Ptolemäerzeit geschehen sein kann.
Das lehrt uns schon ein oberflächlicher Blick auf
diese Bildergalerie, fgyptisch sehen alle diese ITlänner und
frauen gar nicht aus. Der eigentlich egyptische Rasse
typus, roie roir ihn kanonisch festgelegt aus einer Reihe
oon Denkmälern kennen: mandelförmig geschlitzte Augen,
niedrige Stirne, tiefe finsenkung der Tlasenbasis, roulstige
Tippen, mäfjig oorspringender Unterkiefer, dazu geschorene
Köpfe und glattrasierte Gesichter, alle diese Kennzeichen
egyptischer Rasse finden sich so gut roie gar nicht unter
ihnen Dertreten. Vielmehr ist es eine „pittoresque reunion“
der „nationalife's droerses,“ roie es Girard in seiner Ge
schichte der antiken ITlalerei bezeichnet, fine Reihe ist
ausgesprochen semitisch, eine andere ausgesprochen griechisch,
einige Römerschädel, einige Äthiopier, einige, die man fast
germanisch nennen möchte, gar oiele ohne ausgesprochene
Rasseneigentümlichkeit.
Dieses Völkerchaos, roie es Chamberlain nennt, beginnt
in fgypten aber erst in der Zeit Alexanders und der
Ptolomäer, da nach der Gründung Alexandriens die Tore
roeit offen standen für das siegreiche findringen der
fremden. Besonders die Griechen, das bezeugt die ITlenge
der Papyri, überfluteten das Tand und griechischer Geist,
griechische Wissenschaft, griechische Dichtung und Kunst
zogen ein in das Tand der Pharaonen. Die fntstehung
dieser ITlumienporträts setjt aber schon eine enge Ver-
ammler-Zeitung.
Schmelzung der fremden und finheimischen ooraus, denn
sonst roäre es roahl kaum denkbar, dal] die Griechen sich
in ihren Totenbräuchen, in der ITlumifizierung, der heimischen
Sitte der fgypter gefügt hätten, freilich scheint dieser
Verschmelzungsprozefj sich rasch entwickelt zu haben.
Die Ptolomäer gingen mit gutem Beispiele Daran; roie sie
sich neben Isis und Osiris göttlich oerehren liefen, so
liefen sie sich nach dem Tode einbalsamieren und die
höheren Stände folgten. Aber nicht in kalten, starren
ITlumiensärgen altegyptischer Art wollten die Griechen
ihre Toten sehen, das freundlich lebensnahe Bild der Ab
geschiedenen sollte noch über den Tod hinaus die Erinne
rung wahren. So bedeuten diese ITlumienporträts eine
Umbildung altegyptischer Sitte in durchaus griechischem
Geiste. Vor dem dritten Jahrhundert oor Chr. kann eine
solche nicht erfolgt sein. Durchaus griechisch ist denn
auch die Art der ITlalerei und die Kunststufe, die sich in
den Bildern, roenigsfens in den besseren, offenbart. Was
uns an egyptischen ITlalereien erhalten ist, in Wand
gemälden nnd Totensärgen, das ist über die primit oe
Stufe der flächenkunst mit oorroiegend dekoratioem
Charakter nicht hinausgekommen. Diese heimische Kunst
gerät nach der Berührung mit den Griechen in schnellen
Verfall und dafür zieht die griechische Kunst ein. Wohl
sind unter den TRumienporträfs auch abscheuliche Sudeleien
und sehr oiel ATinderroertiges und fast Byzantinisches,
aber die besten dieser Porträts in der Graf’schen Samm
lung in Wien zeigen eine solche Vollendung, daij sie mit
den besten marmorköpfen griechischer Künstler üerglichen
werden können, eine solche Vollendung, dafj die Kunst
seitdem bis in die Zeiten der Renaissance, bis zu Tionardo
da Vinci, nichts Ähnliches mehr geschaffen hat. Äuf ein
farbigem, roeifjem, grauem, gelblichem oder auch oergol-
detem Hintergrund sind die Köpfe mit oollkommenster
Beherrschung oon Helldunkel, oon Tichf- und Schatfen-
roirkung herausmodelliert zu packender Tebensroahrheif,
zu lebendigster Illusion. Das ist griechische Erfindung.
Die Überlieferung nennt uns auch den ATann, der zuerst
diese Wirkungen erzielte, der Schattenmaler Apollodoros
aus Äthen, der ATasaccis des Älfertums, zur Zeit des
peloponnesischen Krieges.“
Die Sammlung Graf enthält noch zahlreiche andere
Sehenswürdigkeiten, so zum Beispiel den kostbarsten
Teppich der Welt, dessen Tenbach in seinem Schreiben
Erwähnung tut. Der Teppich stammt aus der JTloschee
oon Alekka und ist oon Ärabern geraubt worden. Er
ist ganz aus Gold und Silber und die Zeichnungen sind
oon einer wunderbaren feinheif. Baron Rothschild roollte
das herrliche Stück um 90.000 K erwerben, Herrn Graf
aber roar der Teppich um keinen Preis feil.
Ich komme zum Schlufjroorf. Die Galerie, die kein
guter Wiener jemals gesehen hat, soll nun aus unserer
Vaterstadt roegkommen. natürlich ist es ein amerikanischer
Krösus, der sie für zweieinhalb ATillionen Kronen erroerben
roill. Äber, ich glaube, man sollte sich dagegen wehren.
Düster Clark, der Kupfergoff, oerständigte Herrn Direktor
Schulfes, dalj er nunmehr nach der oor einigen Wochen
erfolgten Aufhebung des Kunstzolles für aus Europa ein-
geführfe Bilder und Kunstgegenstände geneigt sei, sich in
den Besitj der Wiener Galerie zu setjen.
Das roäre jammerschade! Es gibt doch öffentliche Institute
und reiche Prioatleute genug bei uns, die sich eine solche
Gelegenheit, berühmt zu werden, nicht entgehen lassen sollten!
Der Staat gibt ihnen, wenn sie die Sammlung seinen Zwecken
zur Verfügung stellen, sicher gern einen netten Orden.
Also Patrioten, Wohltäter und Konsorten heraus!
Das Geschrei, roenn die Sammlung einmal aus Wien fort
ist, hat gar keinen Wert!
Ja, wenn roir einen Chauchard hätten!