INGENIEURKUNST
Bockftell ausgefcblagen und ausgeraumt. Ift diß Gewölb mit
bcften Fleiß verfemt, alles mit dutcbfcbleifenden Gürten über
rückt gewölbt, fcbön und wobt geraten, auch von männiglicb
gelobet worden. □
Den 9. flpril darnach haben wir die runde marmorfteinerne
Stuck, fo auf dem Fiat} vor der Hmt-Stuben fteben follen, unter
den Durchzügen binaufgezogen, außen vor der Pforten und oben
zum Fenfter bineingelaffen und ebenfo ringfertig aufgericht, als
die unteren fteben, alfo daß das Tragen von Grund aufeinander
gebet, wie es feyn folle; und haben diefe Säulen Opera Corintbica
und unten und oben gegoffene Poftament, fcbön herrlich von
Metall gegoffen, und wigt eine folcbe Säul bey 50 Centner und
ift eine mit allem 16 Schub hoch. □
Den 16. May haben wir den großen gegoffenen Hdler an dem
vorderen Schießer am Rathaus mit großer Müh gemacht, wiegt
bei 22 Centner, koft vom Gießer für Pofieren und alles F. 1400.—
zu vergulden F. 500.— und andere geringe Unkoften F. 100.—
koft atfo in allem F. 2000. —. □
Diefe Woche bat man auch am hinteren Schießer einen fotchen
Hdler in der Größe wie diefer auf metallifcbe Hrt gemablt,
nebmlicb 19 Werkfcbub groß in der Vierung. Hernach hat man
an diefem Rathauß herum ftreng verworfen und ausgebreit, fo
viel Hrbeit erfordert und in die Runde herum 580 Schuh Bögen
und viel gefimtes Werk und Fenfter hat, welche alle mit einem
fteinfablenen Wurf unterworfen feynd. □
Den 20. Mart, haben wir 4 Givamis auf die 4 Ecken der Hltanen
aufgericht, die hab ich von hölzernen Remling haben zufammen»
fcbließen und hernach von Zinn überziehen, ift gleichwohl halb
Bley darunter, der jüngere Orgelmacher allbie hats überzogen,
ift ein . . . 20 Schub hoch, die Spitjknöpf darob feyn von Metall
gegoffen und vergoldt. □
Den 8. May haben wir die vier großen Porten vornen am
Rathaus gefegt und aufgericht von lauter fcbönen, braunen und
weißen Marmor. Habe wieder ein folchen Zug darzu gemacht,
damit man die gewaltige Stuck, deren etliche bis 80 Centner
gewogen, aufgezogen, aufeinander gefegt, fonderlich die zwey
gewaltigen Portal Säulen haben wir gar gering aufgezogen und
gefegt, welches beede Herren Stadtpflegern und fehr viel andere
Leut gefeben haben, fo alles glücklich und wohl verrichtet worden.
Das gegoffene Gitter fo unter diefen marmorfteinernen Bogen
ift mit zwey Griffen, fo der Stadt Wappen halten, bat 2000 Gulden
gekoft, der Wolffgang Neidbard hats gegoffen und Cbriftopf Wur-
mann, Bildhauer, bat die Form von Holzwerk dazu gefchnitten.
Meine Herren haben mir wegen diefem Ratbausbau, weilen
er Gott Lob fo wohl aufgefübrt und geordnet, einen fcbönen
und vergoldten Becher mit einem Deckel darein das Stadtwappen
gefcbmelzt und darinnen 600 Goldgulden waren verehrt, gilt
damablen (eben im Steigen des Goldes) einer F. 2V2, war F. 1500. —.
Ift alfo diefer Bau durch Gottes Gnad dies 1620. Jahr wohl
und glücklich vollfübrt und darauf den 3. Huguft erftgemelten
Jahres das erfte mahl die Ratswabl darinn gehalten worden,
und feyn mit ihren Scbatj, Statuta, Dokumenta und Mobilien
völlig darein eingezogen.« L.
DIE HISTORIE HHT KEINE BERECHTIGUNO, DEM LE
BENDIGEN FÜR SEINE FORMHLE HUSSERUNG VOR
SCHRIFTEN ZU MFICHEN, SIE KFINN NUR RUF DIE
FÜLLE DER MÖGLICHKEITEN UND IHRE GESETZ-
MHSSIGKEIT HINWEISEN, DIE SCHHFFENSKRFIFT FIN-
REGEN, DAS URTEIL ERZIEHEN. FI. E. BRINKMFINN
W odurch unterfcbeidet fich die Eifenarcbitektur von der
Baukunft? In welcher Beziehung bedeutet die Eifen
arcbitektur eine künftlerifcbe Erfcbeinung? □
Nur durch das Material und feine Konftruktionsbedingungen
können wir den Weg zur Hftbetik nicht nur des Eifenbaues
und der technifchen Konftruktion, fondern der Hrcbitektur über
haupt und der ähr dienenden Künfte finden. Das Material ift
der Scblüffel zu den Gebeimniffen der künftlerifchen Schönheit.
Wenn auch nicht das Geheimnis felbft. Die Frage, inwiefern
Eifenarcbitekturen künftlerifcb empfunden werden können, wäre
fomit einfach erledigt. Unwillkürlich drängt fich jedoch zum
Vergleiche die alte Steinarchitektur auf, ftellt fich in den Weg
und verhindert den reinen Genuß des Schönen, das fich lediglich
in der Zweckmäßigkeit, in der Ökonomie der rationellen Kon
ftruktion und in den grundlegenden Bedingungen des neuen
Bauftoffes offenbart. Wir haben bei dem Vergleiche, der in
der Regel nur mit Unred->t geführt wird, auf der Seite der
Steinarchitektur einen durch Jabrtaufende gepflegten und tradi
tionell gewordenen Formenwillen vor Hugen, der den Begriff
des monumentalen in Mattigkeit und in der Materialverfcbwen-
düng begründet, und auf der Seite der Eifenarcbitektur den
Grundfatj der Entmaterialifierung, deffen oberftes Gefet) in der
größten Raumbewältigung mit den geringften Mitteln beftebt.
Dem ataviftifcben Grundzuge des allgemeinen künftlerifchen
Empfindens zufolge neigt das durch die Gewohnheit erftarrte
Schönheitsgefübl mit unzweifelhafter Entfcbiedenbeit den archi-
tektonifcben Steinformen zu und bat fich nur zögernd ent-
fchloffen, in den zarten und doch ungeheuerlichen Linien des
Eifenbaues die Merkmale eines neuen Stils oder einer neuen
Schönheit zu erkennen. Die Natur des Steinmaterials, das nur
druckfeft ift, bat die formalen Möglichkeiten der Steinarcbitektur
an unabänderliche Formen gebunden und die ftiliftifchen Möglich
keiten begrenzt. Wir fteben in der Steinarchitektur vor einem
abgefchloffenen Stilgebäude, und kein neuer Formgedanke ift
möglich, der nicht eine mehr oder weniger variierte Wieder
holung überlieferter Formgedanken ift. □
Die ftatifcben Grundfä^e der Stereotomie, die lediglich mit
der Druckfeftigkeit zu operieren haben, geben auch den kübnften
technifchen Steinbauten der modernen Zeit, wie den riefigen
Eifenbahnbrücken in den Hlpen, eine biftorifche Hnweifung auf
die römifche Konftruktion der Hquädukte, die eine Programm
erweiterung nur nach der Höbe der Pfeiler und der Stockwerk-
zabl der Bogenreiben ermöglichen, ln der Konftruktionsweife
dem Eifen viel näher verwandt ift das Holz, das von altersber
mit feinem Gerüftftil das Vorbild rationeller Konftruktion im
Gegenfatje zum Steinbau gebildet bat. Tatfächlich find die Holz-
konftruktionen der wirkliche Vorläufer des Eifenbaues, und
das Eifen ift in den erften Stadien feiner Entwicklung als kon-
ftruktiver Bauftoff wirklich zunächft als Erfat) des Holzwerkes
aufgetreten, wofür ja die Parifer Halle au blé, die wegen Feuers-
gefahr an Stelle des früheren Holzdaches eine Eifendeckung er
hielt, ein naheliegendes Beifpiel bietet. Hls Bauftoff ift das Holz
dem Stein infofern überlegen, als es nicht nur druckfeft, fondern
druck-und zugfeft zugleich ift. Allerdings find die Beanfprucbungen
auf Zug und Biegung beim Holz aus natürlichen Gründen be-
fcbränkt, ebenfo wie die Druckfpannung beim Stein der Material
natur gemäß ihre beftimmte Grenze bat. Es find die Grenzen,
die bei diefen beiden Materialien den ftiliftifchen und konftruk-
tiven Möglichkeiten Halt gebieten. Die Überlegenheit des Eifens
über diefe beiden Bauftoffe äußert fich darin, daß es die Eigen-
fcbaften der beiden andern fummiert, die Fettigkeit auf Druck,
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