Rümmer 14.
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 219.
ausländischen Prinzessinnen, die sich die Könige jener Zeit zu
Gemahlinnen holten, das Vorbild zu der neuen JTlode gegeben
haben. Seitdem finden sich Ohrgehänge im Original und in Dar
stellungen oft, und es ist ein beliebtes lllotiu in der Kunst, daß
die Damen kokett mit ihnen spielen.
Die häufigste form, die mir auf den Denkmälern abgebildet
sehen, sind runde Scheiben, und eine solche ist auch das Alittel-
stück unserer Gehänge, Ihren Kern bildet eine münzenähnliche
Tonscheibe, die aber uöllig oerdeckt ist, am Rande durch ein
glattes Goldband mit Schnurrand, auf den flächen durch ein hüb
sches, konzentrisches ITlustcr in Gold und fayence. Die jetjt fehlende
mitte nahm oielleicht eine fayenceplatte oder ein Halbedelstein,
etroa non roter färbe, ein. Darum legt sich ein Ring aus flachem
Goldblech mit Dreiecksmuster aus aufgelöteten Goldkügelchen, einer
Technik, die sich schon zur Zeit der 12 Dynastie (um 2000 u. Chr.)
nachmeisen läßt; dasselbe Illuster zeigt ein Armband aus derZeit
Ramses’ II. in Kairo. Den äußeren Ring bildet ein Kranz oon
Blütenbläffern in Zellenarbeit, roie lllohnblätter geformte, gelblich
weiße Blätter mit goldenem fuß. Die Zvuickel sind blau ausgefiillt.
6s handelt sich bei allen farbigen Füllungen dieser Gehänge nicht
um Zellenschmelz, der ja in Ggypten erst in den letjten Jahr
hunderten uor Christo aufkommt, sondern um Ginlagen eingepaßfer
fayencestückchen. Die Scheibe ist umgeben uon dem technisch
merkroürdigsten Teil des Ganzen, einer Art uon durchbrochenem
Schlauch. Zu dessen Herstellung hat man dünne, tuellig gebogene
Golddrähte mit den Wellenköpfen aneinandergelötet, sie dann flach
gehämmert und zu dem Schlauch zusammengelötet, der nun, uon
einem Geldstrafen mit flechtmüster umfaßt, dem Ganzen, besonders
im Original, trat; seiner Größe den Gindruck der (Leichtigkeit oer
leiht Geschickt und elegant ist auch die Cösung der Aufhängung:
Oben auf der Scheibe reitet eine Art Sattel, dessen Backen wieder
mit dem ITlohnblattmuster in Zellenschmelz oerziert sind, mährend
die beiden Sattelknöpfe, zwischen denen in der Senkung das Ohr
läppchen ruht, in breite Ringe auslaufen. Diese nehmen den Pflock
auf, der das Gehänge im Ohr trägt und aus zwei ineinander ge
schobenen Röhrchen besteht. Die äußeren Gnden der Röhren sind
mit kleinen Rosetten oerziert. fast gleichzeitig schon mit dem Auf
treten der Scheibe als Ohrgehänge finden sich frei baumelnde
Anhänger. Bei unseren Stücken ist an den unteren Rand des
Schlauches eine Art Scheide gesetzt, deren flächen mit dem be
kannten Kranzornament in Zellenarbeit oerziert sind; abwechselnd
hängen lange, blaue Cotosblütenbläfter mit goldenem fufj und
kurze, goldene Blütenblätter herab. Über die untere Öffnung der
Scheide ist ein Draht gespannt, an dem, durch Röhren in Abstand
gehalten, fünf Blüten beweglich hängen, drei lange blaue Korn
blumen und dazwischen zwei kurze, wohl kugelförmige und rote
Blüten, die jeßt fehlen. Die Blütenblätter sind aus fayence, die
Stiele, fruchtböden und Kelchblätter aus Gold.
Über die Herkunft dieser schönen Gehänge ist nichts be
kannt als eben, daß sie, wie auch der Stil schon zeigt, aus Ggypten
stammen; damit fehlt auch eine äußere Datierung. Aber doch
kann über die Zeit, in der sie entstanden sind, kaum ein Zweifel
sein. Gerade in den leßten Jahren haben die Grabungen in dem
thebanischen Tal der Königsgräber Ohrgehänge ans Gicht gebracht,
die aus der Zeit Sethos' II (um 1200 o. Chr.) stammen und den
unseren zwar nicht gleich, aber so ähnlich sind, daß der Zeif-
abstand nicht sehr groß sein kann. Wir haben dort die gleiche
Befestigung am Ohr, nur die runde Scheibe fehlt, statt deren sich
die Scheide übermäßig breit gemacht hat. Das Ganze wirkt auf
dringlich, unproportioniert und schwer gegenüber der feinheit der
Arbeit, der Stilreinheit, den schönen Proportionen und der Gleganz
des Geschenks des Regierungsbnumeisters Wrede Professor Schäfer
möchte dieses um einige Jahrzehnte älter unseren als das Gehänge aus
den Königsgräbern, etwa in die Zeit der 19. Dynastie, um 1500 0. Chr.
Allerlei merkwürdige Uhren
In der lebten Zeit wurde die Zahl der merkwürdigen und
interessanten Uhren um eine Reihe oon Konstruktionen oermehrt,
die ihrer Gigenart wegen Beachtung uerdienen Gs sind allerlei
kleine und grafte, einzelne uon Dilettanten oerfertigte Wunderwerke,
die sich in der Wahl der Betriebsmittel uon den sonst gebräuch
lichen Zeitmessern sehr wesentlich unterscheiden.
Kutnow, ein in Gngland lebender lllechaniker, konstruierte
eine Standuhr, die ein sehr einfaches Werk besitzt und nicht auf
gezogen werden muß. Sie erhält den Antrieb durch ein elektrisches
Trockenelement, dessen Strom ausreicht, das Werk drei Jahre lang
in Gang zu erhalten. Gine ITtodelluhr blieb mährend dieser langen
Zeit immer ihm Gange, obwohl nur eine kleine Trockenbatterie
oerwendef wurde, die blaß wenig mehr als eine Krone kostet.
Dieser einfache Zeifangeber hat weder Pendel noch federmerk; er
erfordert so geringe Kosten, daß es mahrsche nlich ist, diese Uhr
in der nächsten Zeit als eine Uniuersaluhr angepriesen zu sehen.
Gin anderer englischer Uhrmacher fertigte oor einigen
Ulonaten eine Uhr an, die als Kunstwerk gilt, weil sie eine An
zahl besonderer Ginrichtungen besitzt, die man sonst bei Taschen
uhren nicht findet. Diese Taschenuhr zeigt außer den Stunden noch
den Aufgang oon Sonne und ITlond und den Gintritf oon Gbbe
und flut genau an, ebenso gibt sie Auskunft über die Stellung
jener Gestirne und läfjt das erscheinen der Sternbilder während
der oerschiedenen Jahreszeiten ersehen. Überdies hat sie ein
Schlagwerk, das Viertelstunden markiert. Bisher gab es wohl schon
Kalenderuhren, die in einfacher Weise auch die Stellung der Sonne
und des AJodes anzeigten. Das neue Werk unterscheidet sich aber
oon diesen durch seine Präzision und einige merfoolle Gr-
gänzungen.
Vor mehr als einem Jahre stellte ein einfacher Alaun eine
Uhr fertig, die nur aus Strohgetlecht hergestellt worden war und
mit großer Genauigkeit ihre funktion oerrichtete. Gine andere
merkwürdige Uhr steht seit mehreren Jahren im Gebiet der heifjen
Quellen in den Vereinigten Staaten uon nordamerika im Gebrauch.
Sie wird durch einen Geiser angetrieben, der wie oiele dieser
heifjen Springbrunnen mit gramer Regelmäßigkeit arbeitet, manche
dieser Haturmunder lassen Pausen uon mehreren Stunden zwischen
den einzelnen Ausbrüchen oerstreichen, während der zum Betrieb
des Uhrwerkes uerwendete Springer alle 38 Sekunden tätig ist.
Sprißt der Strahl hoch, dann trifft er auf einen Hebel, den er so
weit oomärts bewegt, daß der Abstand uon 38 Sekunden erreicht
wird. Gine Übertragung regelt den Gang der Uhr, die nur ein ein
faches Zahntriebwerk und Zeiger hat, sonst aber keinen Alechanis-
mus und uor allem niemanden erfordert, der sie aufziehen soll.
Oie große Regelmäßigkeit des heißen Springbrunnens sicher! den
beständigen Betrieb, der den Bewohnern dort willkommen ist.
Gin ebenso eigenartiges Uhrwerk ist das eines russischen
Bauers, der in einem Zeitraum oon sechs Jahren eine Riesenuhr
fertigstellte, die mehr als 300 Kilogramm wiegt. Sie zeigt wie ein
Kalender alle wissenswerten Dinge über die Bewegung der Gide
und des Alandes an und wird nur nach Ablauf uon dreizehn
Alonaten aufgezogen. Da ihr Verfertiger kein gelernter Uhrmacher
ist, darf man seine Ceistung umso höher bewerten. Zu den merk
würdigen Zeitanzeigern gehört auch eine Uhr, die jüngst in
Deutschland gezeigt wurde. Sie wird ohne ein federwerk, bloß
durch einen kleinen Kessel betrieben, der durch eine Spiritusflamme
stets warm gehalten wird. Durch geeignete Hebelübertragung wirkt
die kleine Alaschine als Zeitmesser, der nicht oerläßlich genug ist
und aufmerksame Wartung erfordert, damit er im Gang bleibt.
Gine andere eigenartige Uhr wurde uor einigen Jahren auf
1 der Wiener Cichtausstellung gezeigt. Sie besaß einen Weingeist'
behälter, der wie der Balken einer Wage in der mitte auf eine r
Stüße ruhte. Durch wechselweises automatisches Ginscholten uon
zwei Glühlampen wurde immer eine der beiden Weingeistkugeln
erwärmt, der Alkohol zum Überfließen nach der anderen Kugel
gebracht, die sich senkte, eine elektrische Glühlampe einschaltete
und die andere außer funktion seßfe. Dieses Spiel des ab
wechselnden Grwärmens der Weingeisfbehälter wiederholte sich
stets. Gs wirkte auf eine Hebelüberseßung und trieb ein einfaches
Zeigewerk an.