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fullscreen: Alte und Moderne Kunst XXI (1976 / Heft 144)

l Aktuelles Kunstgeschehen I Österreich 
Wien 
Museum des 20. Jahrhunderts 
kunst aus sproche 
Die umfangreiche Schau wurde von Friedrich 
Achleitner, Heimrad Bäcker, Ernst Jandl, Gerhard 
Rühm, Alfred Schmeller, Peter Weibel und Peter 
Weiermair sehr übersichtlich zusammengestellt. 
Gezeigt wurden Beispiele von Ad1leitner bis Weibel. 
Diese alphabetisch weit auseinanderliegenden 
(A-W) Beteiligten kennzeichnen auch das ganze 
Unternehmen. Während Achleitner sich nach an die 
Fläche des Papiers und an die Verwendung der uns 
gebräuchlichen Buchstaben hält, schreitet Weibel 
zur Fotomantoge fort, wobei das Wort nur sehr 
bedingt zum Tragen der Aussage kommt. 
Dazwischen gibt es aber noch eine Menge Extreme, 
die sehr wenig mit Sprache, eher mit 
Sprachlosigkeit zu tun haben. (Sich vielleicht zu 
Recht oder Unrecht auf Wittgenstein berufend.) 
Am besten sind, im Sinne der Ausstellung, die 
Schriftbilder von Rühm, hier besonders „mein 
leben", „mannlfrau", „ichldu". Auch einige streng 
optische Wortfügungen Achleitners zeigen sehr 
deutlich, was diese Richtung will. Jandls etwas 
witzigere Formulierungen werden dem 
unvorbereiteten Besucher vielleicht noch Zugang zu 
dieser Ausdrucksweise geben. Als wichtig müssen 
auch Heinz Gappmayrs Exponate bezeichnet werden, 
wenn auch so vieles nicht mehr ganz dem Titel der 
Schau entspricht. Was sonst aber noch ringsum 
gezeigt wurde, waren meist Rand- oder 
Zufallsprodukte, Experimente oder Lockerungsspiele, 
wie sie fast ieder Gestaltende einmal durchführt. 
Prioritätsstreitigkeiten erinnern an den Bart des 
Propheten. (5. 11.-31. 12. 1975) - (Abb. 1) 
Galerie Basilisk 
Peter Dwarak 
Der iunge, außerordentlich begabte Graphiker, wir 
stellten ihn im vorigen Heft in der Spalte 
„Künstlerprofile" vor, zeigte neben dem Zyklus 
„mixed pickles man" eine Menge neuer Blätter, die 
sehr deutlich seine harte, zupackende Art 
kennzeichnen, die aber auch eine Erweiterung 
seines Themenkreises anzeigen. Bei den in sehr 
satten Tönen gehaltenen Graphiken herrscht immer 
ein starkes kritisches Engagement vor, das auch vor 
der Entlarvung gutbürgerlicher Hößlichkeit nicht 
zurückschreckt. (4.-24. 11. 1975) - (Abb. 2) 
Modern Art Galerie 
Jürgen Messensee 
Der Maler vertrat Österreich erfolgreich 1973 bei der 
Biennale in Säo Paula. Er zeigte in dieser Wiener 
Schau, wie sehr seine Ausdruckskraft von der 
Kombination von Linien und Flächen getragen wird. 
Immer im Figuralen verankert, vereinfacht er aber 
meist die Formen generell zu Chiffren. In einer von. 
Picasso herkommenden Artikulation und mit dem 
Einsatz großer und kräftiger Farbnuancierungen 
erreicht er eine sehr starke Faszination. Hier ist 
eine klare Aussage, keine verspielten, verzettelten 
Abweichungen in kleinliche Details. 
(5.-23. 11. 1975) - (Abb. 3) 
Peter Skubic 
Ausgewählte Arbeiten der Jahre 1973-1975: Ringe, 
Anhänger und kleine Plastiken aus Stahl und 
Edelmetall. Die meisten Arbeiten sind allerdings 
aus Chrom-Nickel-Stahl, und Skubic will den 
Schmuck nicht vom Material, sondern von der 
Formung her kostbar machen. Er verwendet dabei 
meist geometrische, in modernem technisd1em 
Denken verankerte Formen, etwa den Würfel oder 
die Kugel. Häufig finden wird auch phallisdte 
Motive angespielt, womit wir zu einer uralten 
Amulettforrn kommen und damit zu einer Wandlung 
in der Beziehung „Schmuck", die auch Skubic 
anstrebt. (26. 11.-IQ. 12. 1975) - (Abb. 4) 
Galerie Wolfrum 
Karl Korab 
Neben zwei Gouachen und vier Original- 
zeichnungen aus den Jahren 1957158 waren viele 
38 
Drudrgraphiken zu sehen. Die kostbaren 
Zeichnungen zeigten mit sparsamen, andeutenden 
Linien Akte, die Siebdrucke, 60 Stück, die sehr 
sauber gearbeitet sind, Überschneidungen von 
Mensch und Technik. Die Farben sind in der für 
Korab typischen reinen Flächigkeit gehalten, oft 
auch in kleine Sektoren und Streifen geteilt. Eine 
Mappe mit zehn Radierungen zu Adalbert Stifters 
„Mappe meines Urgroßvaters" ergänzte die 
Auswahl. 
(5.-15. 11. 1975) - (Abb. 5) 
Galerie Würthle 
Alfred Wickenburg 
Etwa 70 Exponate aus vielen Stadien aus 
Wickenburgs Schaffen. Trotzdem ein geschlossenes 
Werk von großer Aussagekraft. Viele Leihgaben 
der „Neuen Galerie" Graz. Von ihnen müssen 
besonders die Rötelzeichnungen hervorgehoben 
werden. Ein „Venustempel" ist mit lockerem Stift 
wie kaligraphisch meisterhaft hingeschrieben. Die 
Aquarelle haben kraftvolle Farben, eher 
unvermischt, trocken. Auch hier sind starke 
graphische Elemente, die Farbe ist fleckig. Sehr 
spukhoft und doch wieder ungemein lebendig und 
bewegt sind die Illustrationen zu Gogols „Tote 
Seelen". 
(30. 10.-22. 11. 1975) 
Zentralsparkasse Zweigstelle Quellenplatz 
Peter Stransky 
Der Sohn des bekannten Wiener Malers zeigte 
Malerei und Graphik. Die Arbeiten bewiesen, daß 
er sich langsam vom Einfluß seines Vaters frei 
macht. Natürlich ist seine Sprache auch eine 
expressive, besonders bei der Darstellung der 
Menschen, die hier mit einigen markanten 
Beispielen vertreten war. Die landschaftlichen 
Motive, meist vom Rande der Großstadt, werden 
aber lockerer erfaßt. Ihre graphische Gestaltung 
braucht den Vergleich mit bekannten Malern wie 
Escher oder Eisler nicht zu scheuen. 
(2. 11.-2. 12. 1976) - (Abb. 6) 
Raiffeisen-Zentrale 
Alte und neue Plastik 
Neben einigen Leihgaben aus dem 
Erzbischöflichen Dom- und Diözesanmuseum waren 
13 Kleinplastiken und fünf große Metallplastiken 
unserer Zeit zu sehen. Bei den gotischen Arbeiten 
handelte es sich um Madonnen aus Haitzenhof, 
Hauskirchen und Talarhof und um eine Groblegung 
und Beweinung Christi. Der Kontrast zu den 
Plastiken unserer Tage war groß, wenn auch von 
den Modernen so gute Arbeiten wie iene von 
Avramidis, Bottoli, Pillhofer, Watruba u. a. zu 
sehen waren. Von den ungeschulten Besuchern einer 
solchen Ausstellung wird zu den modernen Arbeiten 
kaum ein Zugang gefunden worden sein. Man sollte 
daher überlegen, ob es bei einer Wiederholung 
nicht besser wäre, nicht zu mischen, und ob man 
sich nicht bemühen sollte, eine gewisse Entwicklung 
aufzuzeigen. 
(13. 11.-2B. 11. 1975) - (Abb. 7) 
Historisches Museum der Stadt Wien 
Wien im Mittelalter 
Das Thema ist umfassend und gleichsam ein 
Auftakt zu der Ausstellungstütigkeit im Jubiläums- 
iahr „Tausendiähriges Usterreich". 466 Exponate 
zeugen von Leben und Kultur des mittelalterlichen 
Wiens. Die zeitliche Spanne der dargestellten Ge- 
genstände reicht vom 12. bis zum 16. Jahrhundert. 
Wir finden archäologische Funde, schriftliche Doku- 
mente, Münzen, Plastiken, Bilder, Zeichnungen, 
Kunsthandwerke, Waffen und Gebrauchsgegen- 
stände. Die Exponate kommen z. T. von solch 
angesehenen Leihgebern wie dem Louvre, Paris, 
dem Museum der schönen Künste, Budapest, der 
Staatsbibliothek, Berlin, u. a. 
Einen großen Raum nehmen berechtigterweise die 
Kunstwerke von St. Stephan ein. Die Plastiken 
kommen bei der Aufstellung und Beleuchtung 
besonders gut zur Geltung. Sehr schön auch d 
verschiedenen Architekturplastiken wie Schluß 
steine, Wasserspeier u. ä. Daneben stehen sel 
eindrucksvoll die farbenkräftigen und ausdruc 
vollen Glasmalereien, mit dem Höhepunkt der 
Habsburger-Fenster. Auch aus anderen Wiene 
Kirchen sind sehr gute Beispiele gotischer 
Plastik zu sehen. Hervorzuheben ein Kruzifixu 
der Ruprechtskirche um 1170-1180. Die Tafel- 
malerei ist mit einer ganzen Reihe sehr anschc 
licher Beispiele vertreten, wobei wir hier besa 
auf die Stadtansichten, auf die Ansichten der 
Umgebung Wiens, aber auch auf die Lebens- 
umstände, den Hausrat und auf die Kleider ie 
Zeiten aufmerksam gemacht werden. Die Buch 
kunst und die Waffen sind ebenfalls mit erlesi 
Stücken vertreten. Ein schwerer Roßharnisch a 
Mailand und ein geriffelter Küraß für Erzher: 
Ferdinand I. aus Augsburg bilden dabei besoi 
Glanzpunkte. Eine wichtige Ausstellung 
(18.12. 1975 bis 18. 4. 1976). 
Salzburg 
Galerie Welz 
Herbert Breiter 
Neue Ulbilder, Aquarelle und Zeichnungen d: 
in Schlesien geborenen und seit 1975 in Salzbi 
lebenden Malers waren in der Galerie Welz: 
sehen, die sich Breiters Werk seit seinen früh 
Einzelausstellungen stets angenommen hat. M 
könnte sagen, daß auch in diesen Bildern der 
seines Lehrers Max Peiffer-Watenphul noch z 
bleibt, man könnte auf Darstellungstendenzer 
einem „Naiven Realismus" hinweisen. Aber B 
ist immer und in iedem Bild ganz er selbst, s 
„gegenständlichen" Darstellungen von Kultur- 
landschaften mit Architekturen und bebauten l 
sind überschaubare, in sich abgeschlossene 
Kompositionen. Souverönes handwerkliches K 
macht es Breiter möglich, mit verschiedenen 
Techniken den gleichen gewünschten „Effekt" 
erzielen, Aquarell und Lithographie etwa öhn 
einander in vollendeter Weise. 
(1.-26. 10. 1975) - (Abb. B) 
Rudolf Hrodil 
Wie Breiter ist auch Hrodil Angehöriger einer 
konkret bestimmbaren, aber doch sehr deutli( 
vorhandenen „Salzburger Gruppe" und ebeni 
der Galerie Welz fast schon beheimatet. In s 
Stadtlandschaften als dem bevorzugten Them 
interessiert Hrodil nicht das Topographische, 
die möglichst genaue Vedute. Kräne, Autobus 
bahnhöfe, ganz „gewöhnliche" Dinge seiner 
alltäglichen Umwelt faszinieren ihn, doch niei 
als bloße Illustration. Unbehagen oder Wohl: 
Empfindungen also, von der „Umgebung" 
verursacht, sind es, die in seinen mit 
unverwechselbarem Strich virtuos gezeichnete 
Blättern oder in den gebrochenen Farbtöner 
Aquarelle ebenso spürbar werden wie die 
„Atmasphäre" der Großstädte des 20. Jahrhi 
(29.10.43. 11. 1975) - (Abb. 9) 
Kunstverein 
Richard Hirschbäck 
Schon 1971, als der 1937 in Schwarzach-St. Ve 
geborene und seit 1962 in Thumersbach bei 
Zell am See lebende Maler mit einem „Entw 
eine flächige Drahtverspannung" einen Grap 
wettbewerb der Salzburger Aktiengesellschaf 
Elektrizitätswirtschaft gewinnen konnte, war t 
bestimmender Grundzug seines künstlerischer 
Bildens sichtbar geworden: die intellektuelle 
Ver-Bildlichung und Ver-Sinnbildlichung seine 
der Umwelt und der durch seine Eigenart gep 
lnnenwelt mittels technoider wie „natürlichen 
Bildelemente. Hirschbäck war aber nicht bei 
Gütersloh an der Akademie gewesen, um nur 
eiskalte Abstraktion zu pflegen - neben 
Darstellungen, denen „Konstruktion" Wesens 
gibt es Bilder, vibrierend von Farbe, von Fan 
und von der künstlerischen Kraft einer Persön 
(26. 10.-16. 11. 1975)
	        
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