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Volltext: Wiener Porzellan aus der Manufaktur Du Paquiers

burger Stecher bis zu den Stichfolgen französischer Dekorateure, 
besonders den Inventionen des Berain und Marot, deren ornamen 
tale Motive auf zahlreichen Gefäßen und Geräten Vorkommen. Für 
den „indianischen“ Dekor waren die Illustrationen in den Reise 
berichten der Zeitgenossen über das ferne China maßgebend, oder 
auch originale ostasiatische Porzellane aus dem 17. und 18. Jahr 
hundert. Für die großzügigen Jagdszenen lieferten die Stichfolgen 
des Johann Elias Ridinger die Vorlagen, für die Puttenszenen die 
Stichwerke Stellas und Boels, für die Blumen der einheimischen Flora 
französische und deutsche Kupfer- und Holzschnittfolgen. 
Die Porzellane aus der Manufaktur Du Paquiers tragen keine 
Marke als Kennzeichen ihrer Herkunft und Echtheit. Entscheidend 
für die Bestimmung und zeitliche Gruppierung sind neben der 
Beschaffenheit von Masse und Glasur die ornamentalen und figuralen 
Dekorationsweisen. Richtpunkte für die Zuordnung sind die 
wenigen datierten und signierten Porzellane, von denen kaum mehr 
als ein Dutzend bekannt sind. Den Formen nach ist ja während der 
25jährigen Produktionszeit kein einschneidender Wandel zu ver 
zeichnen. Erst nach der Übernahme durch den Staat bemühte man 
sich, den neuen Stiltendenzen des Rokokos gerecht zu werden. Von 
da an wurden die Produkte der Wiener Manufaktur mit dem 
österreichischen Landeswappen, dem Bindenschild, bezeichnet. 
Gleich wie in Meißen bildet auch für Wien der „indianische“ 
Dekor den Ausgangspunkt der Verzierung. In mehr oder weniger 
freier Art werden die einzelnen Motive übernommen und dem 
eigenen Empfinden angepaßt. Buntbemalte reliefierte Blüten mit 
Vögeln und groteske ornamentale Relieffelder überziehen oft die 
ganze Wandung des Gefäßes (Abb. 1). Auch Kirschzweige mit 
Blüten in Eisenrot und Purpurfarbe, dunkelgrünen Blättern und 
schwarzer Konturierung oder Chrysanthemen- und Päonienblüten 
sind über die ganze Oberfläche gestreut (Abb. 4). Vielfach treten 
plastische Details — Tigerhenkel, Maskenausguß, Köpfe mit Feder 
palmetten — hinzu, die den exotischen Charakter vervollständigen. 
Manchmal ist das ganze Gefäß eine bizarre Verquickung von euro 
päischen und ostasiatischen Formelementen. So ist die sechsseitige 
„indianische“ Grundform einer Teekanne mit Reliefauflagen von 
Blütenzweigen, tanzenden Chinesen und spielenden Chinesenkindern 
mit einem Schnabelausguß, der von einem europäischen Silbergefäß 
stammt, und mit barocken Akanthusblättern kombiniert (Abb. 3). 
Als Deckelknauf sind die Chinesenkinder beliebt. Auf einem 
Drachen, der sich über einen Deckel wölbt, liegt ein Bübchen lässig 
als Bekrönung und führt das wilde Tier gemächlich am Zügel 
(Abb. 6). Gleicher exotischer Charakter kommt der Schildkröte zu, auf 
deren Rücken ein Orientale thront (Abb. 7). Doch auch er ist nur 
Deckelknauf, und der Leib des ungewöhnlichen Tieres dient als Gefäß. 
Die zahlreichen Reiseberichte über China mit ihren Illustrationen 
der fremden Sitten und Gebräuche lieferten die Vorbilder für die 
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