Zentralblatt für Sammler, Oebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Uorbert ehrlich und J. Hans Prost.
1. Jahrgang. Wien, 15. Oktober 1909. Kummer 18.
fTloöerne FlItertumspflege.
Von michelangelo freiherrn uon Zois (Wien).
emo propheta in patria!
So könnte man eine Arbeit über moderne
Altertumspflege in Österreich beginnen, roenn
man dabei an die rastlose Tätigkeit der k. k.
Zentralkammission für Kunst und historische
Denkmale denkt, die nun über fünfzig Jahre
besteht, unzählige Kunstmerke und Denkmale
jeglicher Art nar dem Untergange rettete, aber
erst dann populär rourde, als die Heimatschutj-
beroegung in Deutschland einsetjte und spezifische
wienerische fragen der Denkmalspflege es not-
roendig machten, dafj die genannte Behörde aus
ihrer sonstigen bescheidenen Zurückgezogenheit
heroortrat und das ganze Geroicht ihres Ansehens
zu gunsten der Erhaltung der menigen Überreste
non Altroien in die Wagschale roarf. Bei dieser Ge
legenheit mögen niele Österreicher und Wiener das erstemal
non dem Bestände dieser Zentralkommission, die sonst so
häufig mit der statistischen oermechselt roird, gehört haben.
Ulan roeifj nicht recht, soll man sich darüber freuen
oder ärgern. Die Antmort hängt danon ab, ab man eine
Behörde, ein Amt, mit einer frau vergleichen kann, non
denen es heifjt, dafj jene d.e besten seien, non denen man
am roenigsten spricht, oder ab man der Ansicht zuneigt, dafj
das Interesse an den Denkmälern der Vergangenheit ein
ITlesser für den Grad der Kultur sei, somit in der Alter
tumspflege ein Etwas erkennt, um das sich Alles, roas
mit Recht „gebildet“ genannt roerden roill, interessieren
mulj. Ich gestehe, ich neige letzterer Uleinung zu, die aber
noch nicht sehr stark oerbreitet zu sein scheint. Denn
sonst hätten schon mehr ßeroohner der, um mich konkret
amtlich auszudrücken, „im Reichsrate vertretenen König
reiche und Tänder“ die Gelegenheit benütjt, um sich durch
die Ulitteilungen der k. k. Zentralkommission für Kunst-
und historische Denkmale über den Wirkungskreis und
die Agenden dieser Behörden zu informieren.
Wenn man so vor diesen Heften sitjt, überkommen
einen allerhand Gedanken, (erstens staunt man über die
Unmasse material, das in diesen gedruckten Tätigkeits
berichten aufgestappelt ist und .... Ra ja! Siehe den
einleitenden Satj. Denn roenn das nicht roäre, roas für
ein Geschrei roürde über die „segensreiche, zroeck- und
zielberouljte Tätigkeit“ erhoben roerden. Urbi et orbi
roürde man verkünden: Seht, roie viel der Staat für den
Heimatschutj tut! Ohne mit den Wimpern zu zucken, zahlt
er hohe Subventionen aus, um die Restaurierung be
deutender Kunstroerke zu ermöglichen, läljf er Arbeiten
ausführen, die nur dazu bestimmt sind, ideale Güter zu
erhalten und zu schütjen. Und mindestens roürde man
den größten Gong nehmen, der aufzutreiben ist, denselben
umnehmen und einem P. T. Publico kund und zu missen
tun, dafj mir an derSpitje der Kulturnationen marschieren
und diesmal nicht um die berühmte Idee zurück, sondern
um Tangen voraus roaren. Waren. Denn das Verhältnis
hat sich in der letjteren Zeit dadurch zu unseren Un-
gunsten verschoben, dafj andere Staaten sich ein Denk-
malschutjgesetj geschaffen haben, mährend roir noch
nicht über den Entwurf eines solchen gekommen sind.
Lind dann bedenkt man wieder, roas für ein mächtiger
faktor diese „ITlitteilungen“ sein könnten, roenn sie in
weite Kreise kämen, Ausgestaltung erfahren würden, die
vergessen liefje, dafj roir es hier mit einem Produkte
einer k. k. Behörde zu tun haben, die ihren statutarisch
vorgeschriebenen Jahresbericht dem ministen um erstattet.
Denn roenn man in den Heften blättert, die Rotizen zu
beseelen versteht, dann erkennt man, dafj hier Geist
vom Geiste herrscht, der den „Kunstwort“ schuf und
zur Blüte brachte, dafj hier Schätje von Ringlichkeiten
liegen, geistige Bildung, Kunstsinn und Tiebe zur Heimat
in die Herzen der „Beroohner der im Reichsrate vertretenen
Königreiche und Tänder“ zu tragen, manchmal spürt man
ja etwas roie das Wehen eines schwachen Windes aber
erstens ist es blojj manchmal und zweitens spürt man es
blofj und es täte uns in Österreich not, roenn der Wind
öfters stark bliese und den funken, der im Volke schlummert
und Kunstverständnis heifjt, anfachen roürde.
Hier gingen die Wege einer neuen Kunst, die roir
erhoffen. Denn die Kunst ist ein Ausdruck der Kultur,
von Kultur aber kann man nur dann reden, roenn sie im
Volke wurzelt und sich nicht auf enge Kreise beschränkt,
und der Weg zur Kultur wieder führt über das Verständnis
und die Tiebe zu den Werken der Vorfahren; die sollen
aber nicht ergänzt, restauriert, oder gar zum Illuster ge
nommen roerden, sondern von uns erfafjt und als Unter
grund benü^t roerden, auf dem roir souverän roeiterschaffen.
Kundige roerden dies verstehen, jene aber, die un
kundig sind, mögen sich einmal in lllufje und Ruhe eines
jener Häuser betrachten, die in der Kunsttopagraphie:
„Wien“ abgebildet sind, Dann roerden sie Kundige sein
und nicht efroa glauben, man roolle den Versuch machen,
die Kunstentroicklung nach rückwärts zu schrauben, oder