rinmmer 19.
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 299.
mährend man den Jäger, der die Schnur hält,
gemifj einen Putta, noch nicht sehen kann,
denn ein Stück eingestürzter Plauer liegt
noch im Verband der Ziegel, mit der zer
bröckelten Schichte der eigenen früheren
Bemalung unser IRosaik nun deckend. 1
Zwischen all diesen Seetieren taucht
aber die Plattform eines Eilands auf, zu
dem ein mildgeringeifer Drache hin-
schmimmt und einen nackten ITlann ans
Ufer speit. Zweifelt der Blick, ob mir
wirklich die aus den Katakomben bekannte
Jonasszene schauen, belehrt uns der Ruf:
„Zucehette, cucurbite!“ aus dem munde
einfacher fandleufe, die mit uns das Bild
anschauen, daß hier derselbe Jonas gleich
daneben unter einer Kürbislaube ruht,
deren früchfe an tlafurfreue nicht leicht
übertroffen werden können. Vor wenigen
Tagen wurde auch die dritte dazugehörige
Szene, wie Jonas oerschlungen wird, ent
deckt. mit diesen funden ist der christliche
Charakter der lllosaiken und des ganzen
Baues entschieden. 1
Ob wir in der ITlifte dieser Wasserszenen noch die
Spuren eines Altars finden, der dann der Vorläufer des
jeßigen Taienalfares wäre, ist abzuwarfen.
So wie aber auf diesem ganzen Bilde die Jagd nach
den Tieren das künstlerisch belebende und uerbindende
Platin ergibt, ist bei den Tämmern und Ziegenböcken und
den anderen Tandtieren mehr das hütende, schonende
Prinzip in der Gestalt eines jugendlichen Hirten betont,
welcher die Hütte der Gruppenfelder im Seitenschiff ein
nimmt. Stehend trägt er das Tamm auf der Schulter,
und ein lllutterschaf drängt sich aufblickend an ihn heran.
Seine Kleidung ist die auf antiken Hirtenszenen und Kata
kombenbildern übliche: Ärmelfunika und Schulterkragen
(alicula), an den Beinen die oerschnürten fasciae crurales,
die in Sandalen übergehen. ITlit der rechten Hand hält
er die Syrinx, führt aber keinen Hirtenstab. 0 Rechts und
links uan diesem Bilde sind eine Gazelle und ein Hirsch
dargestellt, ringsherum und zwischen den Windungen des
Ornamentes finden wir noch oerschiedene Vögel, fink,
Storch, Steinhuhn, Terche, Tauben, Reiher, diesen mit
s üon ^uhbodenmosaiken und fischdarsfellungen nennen wir:
Parenzo (ITlarucchi, Recenti scoperte, 5. 9f., Taf. X und 11 cu-
mann, Dom oon Parenzo, 5. 26), 5. ITlaria formosa in Pola (Gnies,
niitt. C. C. 1900, 5. 57 ff.), Castua (Kubitschek, Rom. ITlosaik.
S. 251 ff. Die Wasserlinien finden sich auf dem ITlosaik uon ITla-
daba). Toure (Staf. monum, de l’Jsere, Valenze 1867) bespricht
ein ähnliches Stück aus Die. Hm nächsten scheinen unseren Wasser
szenen zu stehen das aus der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts
stammende ITlosaik oon Sertei (Supplem. ITlelang. d’flrcheolog.
et d’histoire, Bd. 12) und das oon Wieland (Ausflug ins altchrist
liche Afrika, S. 189) beschriebene ITlosaik mit allerlei Seegetier.
Die spätere Symbolik der fische auf die Gläubigen, die dur h das
Ceben schwimmen, siehe Ambrosii Opera llligne, Patr. lat. K,
5. 1717. Das oon uns seinerzeit blofjgelegte Stück des jdfKj-,--
fundes abgebildet bei Canckoronski, Taf. Xll. Jagdszenen in
altchristlichen Kirchen bezeugt der Protest des heiligen flilus (Opera,
llligne, Patr. gr., ßd. LXXIX, S. 578). erhalten sind das Illosaik
oon Cirta (Recueil des notices de la soc. arch, de la proo. de
Constantine, 1865, Taf. XIV in Cabrol. Diction I, 2, S. 1659). Der
oon Renan entdeckte und oon de Rassi in konstanfinische Zeit
oersetzte ?ufjboden der Kirche oon Sour (Tyrus) ist publiziert oon
Durand in den Annales archeolog., Bd. XXIII, 5. 179 und Bd.
XXIV, S. 209 und 286. eine Hippopotamusjagd aus Baonit
(Ägypten) bei Cabrol, Dictionnaire II, S. 257, fig. 1277.
* Janasszenen ähnlicher Art aus den Katakomben bei
Wilpert, Alalereien, Taf. 26, 45, 47, 58, 70, 82, 95, 109, 115, 118f.,
122, 160, 187, 189, 208, 221, 224, 255, 267.
6 Vgl. die Darstellungen des guten Hirten bei Wilpert,
1. C., Taf. 11, 21, 25, 55, 58, 42, 61, 65, 66, 67, 72 f., 100, 106.
112, 117, 150 f., 155, 146, 169, 185, 190, 192, 198, 205, 222, 255,
256, 265 f.
einem schlangenartigen fisch im Schnabel. Anschließend
ein ganzes feld mit Täntmern, einem ruhenden Widder,
Reh, einem Paar Hasen und auch einem unzweifelhaft
deutlichen Esel. manche besser gezeichnet, aber alle
charakteristisch und insgesamt ein naturfreudiges Bild der
Tierwelt.
Unserer modernen Empfindung würde es wider
streben, solche wenn auch nur ornamentale Tierbilder
und Jagdszenen in einer Kirche anzubringen. Und einen
Kirchenraum haben wir Dar uns, selbst in dem falle, als
es die Halle eines christlichen Prioathauses aus der letzten
Zeit der Verfolgung wäre. Gegen die Annahme einer
ITlarkfhalle oder eines Thermensaales sprechen schon die
Jonasszenen als Hinweis auf den Auferstehungsglauben
ganz entschieden. Ähnlich ist auch der gute Hirte, wohl
nicht direkt als Bild Christi, sondern als Symbol des
seelenfürhrenden Heilands hier zum ersten Alale auf
einem christlichen fufjboden dargestellt, genau in der
selben Haltung, wie wir ihn mehr als achtzigmal auf den
Wänden und den Kryptadecken der Katakomben finden.
Ein Christusporträf hätte man sicher nicht im fußbaden
angebracht. Ebenso darf auch in den erwähnten fisch
bildern keine Darstellung des bekannten Katakomben
symbols in fischform gesehen werden,
Es sind eben der Hauptsache nach, der Tendenz
nach Tierszenen aus dem realen Beben, wie solche Tier
bilder in der antiken Ornamentik zahllos oorkommen.
Auch liegt nahe, wie sehr die Bewohner einer Hafenstadt
mit den Tierformen des ITleeres und des Tandes oertraut
sein mußten, umsomehr, da ein fruchtbares, geradezu
üppiges Gefilde die nach ITlediolanum größte Stadt Ober
italiens umsäumfe. Darum sind wohl auch in einer
anderen altchristlichen Basilika oon Aguileia, auf dem
Tulliofeld, ebenfalls Tiere, aber weitaus nicht in dieser
markanten fülle und formenabwechslung als fußboden
schmuck zu finden.
Übrigens waren fischerei- und Jagdszenen nichts
Unerhörtes in der altchristlichen Kirchenbaukunst, gerade
weil sie ebensowenig symbolischen Gehalt hatten als die
zahlreichen — nicht alle Vogel- und Tierbilder der
Kafakombenmalerei.
Ihre Aafurfreudigkeit ist ihre Erklärung und ihre
Berechtigung zugleich. Gleichwie in den Psalmen und
besonders im Gesang der so oft dargestellten drei Jüng
linge im feuerofen alle Tiere aufgerufen werden, Gott zu
loben, soll die ganze Rahir, oom Ornament sinniger