MAK
Seite 314. 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Hummer 20. 
man daraus, dal] manche ITlenschen nur auf das Sammeln 
erpicht sind und ihnen das Resultat Rebensache ist; hier 
handelt es sich also um ITlenschen, die nicht für sich 
selber, sondern für andere sammeln. Anderseits gibt es 
ITlenschen, die sich eine Sammlung fertig erwerben, bei 
denen demnach die Tust nur mit dem Besitze, nicht aber 
mit der zu ihm führenden Tätigkeit oerkniiptt ist. 
Betrachten mir zuerst das Sammeln als Tätigkeit, 
so ist oor allem darauf hinzuroeisen, dal] eine Anstrengung 
oorliegt, bei der eine irgendwie geartete Überlegenheit über 
andere ITlenschen, über Tiere, ja selbst über die leblose 
llatur erforderlich ist. Sammeln beruht zum größten Teil 
auf Ausnützung der günstigen Gelegenheit, auf Gewandt 
heit, Ja nicht selten auf Eist. Gerade diese Anstrengung, 
die Überwindung non Schwierigkeiten, die häufig mit dem 
Sammeln uerbunden sind, macht Dielen ITlenschen die 
Sammlung erst wertooll und teuer. Dazu kommt ferner, 
daß jeder Sammler sich ein Ziel, sozusagen ein Ideal des 
Sammelns, oorstellt. Es ist also die Tätigkeit des Sammelns 
ein Annähern an das Ziel, eine Art der VerDollkommnung. 
Auf primitioer Stufe, also bei Kindern und Raturnälkern, 
insoferne letztere ein spielmäßiges Sammeln kennen, kommt 
noch ein uieiterer Umstand hinzu. Das bloße Konstatieren 
oon Ähnlichkeiten und Gleichheiten ist eine Quelle der 
Tust. Unter diesem Gesichtspunkt ist das Sammeln gleich 
artiger Gegenstände in grofjer Zahl zu betrachten, wie 
z. B. das Ginsammeln oon flachen Kieselsteinen, kleinen 
Schneckenhäusern, Kastanien, usw. ln diesen Fällen kann 
man bei Kindern auch das oben erwähnte ITloment der 
Tist gut beobachten: die Tust wird wesentlich erhöht, wenn 
das Sammeln, wie dies bezüglich der Kastanien in oielen 
öffentlichen Parkanlagen der fall ist, oerboten ist und 
hinter dem Rücken des Aufsehers erfolgen mul]. Wenn 
wir diese seelischen Kräfte, die durch das Sammeln zur 
Ginübung gelangen, überblicken, so finden wir, dafj es in 
der Tat solche sind, deren Ausübung im Kampfe ums 
Dasein eine große Rolle spielen, d. h. im höchsten Grade 
biologische Bedeutung haben. 
nicht anders steht es mit der Tust am Besitze des 
Gesammelten. Hier macht sich zunächst die Tatsache 
geltend, dal] alles Tust auslöst, dessen Grcuerbung oiel 
lTlühe gekostet hat. Der „imaginäre“ Wert eines Samm- 
lungsobjektes steigt in dem mafje, in welchem man sich 
zu seiner Grreichung anstrengen mußte. ferner ist ja 
auch hier darauf hinzuweisen, daf] die Sammlung, bezro. 
jedes neue Objekt, eine Stufe zum Ideal darstellt, das dem 
Sammler norschwebt. Der wichtigste faktor, der auch die 
Tust an der fertig erworbenen Sammlung erklärt, ist aber 
darin gelegen, daf] es sich bei den Sammlungsgegenständen 
um Wunschobjekte anderer, Gleichstrebender handelt; die 
Tust an ihnen- bedeutet also die freude am (relatioen) 
Alleinbesitz. Hier wird man z. B. an die Autogramm 
sammler erinnern dürfen. 
Diese Tust am Alleinbesitz ist jedoch ein faktor, der 
nicht selten zu pathologischen Gntartungen führt. Gs kann 
nämlich der Wunsch nach Besitz e ’ nes Objektes derart das 
übrige Bewufztsein trüben, daf] er allein herrschend roird 
und zu Handlungen führt, die mit der Gesamtpersönlich 
keit im krassesten Widerspruche stehen. Jede Sammlung 
ist in gewissem Sinne eine ITlacht und die Tust, die sie 
erregt, ist die Tust des ITlachtbewußtseins. 
Hat also auch die Tust an der Sammlung selbst, 
wie man sieht, große biologische Bedeutung, so erkennt 
man doch, besonders aus dem zuleßt Gesagten, daij sich 
ethische Konsequenzen ergeben, die oon der allergrößten 
Wichtigkeit sind. Wir haben im Darstehenden psychische 
faktoren ermittelt, welche innerhalb gewisser Grenzen dem 
Teben sicherlich höchst oorteilhaft und nützlich sind. Ts 
muß aber auch mit der gröfjten Entschiedenheit betont 
werden, daf] sie jenseits dieser Grenzen unuermeidlich zur 
seelischen Entartung führen. Deshalb ist auch für den 
Sammler im speziellen uon Wichtigkeit, was die oberste 
lTorrn des ITlenschen im allgemeinen sein muß: die Herr 
schaft des bewußten, oon allgemein-ethischen Gesichtspunkten 
orientierten Willens über die niederen Gewalten im eigenen 
, Innern. 
Prähistorische 
Das klassische, schon längst zu einer literarischen 
Seltenheit gewordene Buch über die fälscherkünste oon 
Paul Endel erscheint soeben bei friedrich Wilhelm 
Grunow in Teipzig in einer neuen, oon dem Wiener 
Schriftsteller Artur Rößler bearbeiteten und wesentlich 
bereicherten Auflage. 
Das ganze dunkle Reich der fälscherkünste, in das 
uns die leßten Jahre leider so manchen tiefen Blick haben 
tun lassen, eröffnet sich hier. Alles wird gefälscht, oon 
den Kunstwerken der Ägypter bis zu den alten ITlusik- 
instrumenten, oom alten flintenschloß bis zum Tizian; 
und entdeckt die Wissenschaft neue Gebiete, so werfen 
sich auch die fälscher auf diese. Wohl das interessanteste 
Beispiel hierfür bildet das Gebiet der uorgeschichtlichen 
Altertümer. Gerade die uorgeschichtlichen fälschungen sind 
oft reich an freiwilligem und unfreiwilligem, immer aber 
sehr groteskem Humor. Da wurde einmal einigen ITlit- 
gliedern der Pariser Akademie der Inschriften ein ehr 
würdiges altes Töpfchen mit den Buchstaben ITt. J. D. D. 
übermittelt, nach langen forschungen löste der Gelehrte 
das Rätsel. Die Buchstaben bedeuteten Magno Jovi 
Deoium Deo (dem großen Jupiter, dem Gotte der Götter). 
Fälschungen. 
Aber o weh! Der Topf war nie dem Jupiter, sondern dem 
Senf gewidmet gewesen und die rätselhaften Buchstaben 
auf dem Töpfchen bedeuteten ganz einfach: „ITloutarde 
Jaune De Dijon“. Der Gelehrte war gefoppt, aber er hatte 
Humor genug, selbst über den Spaß zu lachen, der 
übrigens in den Erlebnissen des ehrenwerten ITtr. Pickwick 
sein Seitenstück findet. 
Das mar nur eine harmlose JTlystifikation, aber die 
oorgeschichtliche Wissenschaft kennt auch eine Reihe 
gefährlicher fälschungen. So führten zum Beispiel die Eisen- 
buhnarbeiten am Aeuenburger See bei Concice zur Ent 
deckung einer großen ITlenge oon Pfahlbaugeräten, die so 
reißenden Absaß fanden, daß den Anforderungen bald 
nicht mehr entsprochen werden konnte. Schnell entschlossen 
machten die Arbeiter, die ihre unerwartete und reichlich 
fließende Geldquelle nicht so rasch oersiegen lassen 
wollten, nun selbst die gewünschten Gegenstände nach, 
die in uiele Sammlungen übergingen. 
Im Jahre 1881 ereignete sich ein ähnlicher Schwindel. 
Rahe bei Beauoais in einem Tonlager wurden 600 Skelette 
oon riesiger Größe gefunden, mit steinernen Streitäxten 
und Schlagkolben bewaffnet, und über jedem Schädel ein
	        
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