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Internationale Sammler-Zeitung.
Plummer 22.
UJohliätigkeitsmarken.
(Der Reichs« erein für Kind erschuf}) in Wien hat eine
hübsche rote Wohlfartsmarke ausgegeben. Zur Darstellung sind
Schiffe der österr. Ungar. Kriegsmarine, Ansichten oon Bosnien
und der Herzegoruina und Sanatorien gebracht.
Uersrhiedenes.
(DerWert d ?s Sammelns.) Zu unserer Rundfrage erhalten
mir noch nachträglich 0011 frl. Bianca Scgantini, der Tochter
Giouanni Segantini’s, folgende Zuschrift aus ITtaloja: „Hatte
Ihnen einen langen Brief über Sammlungen geschrieben, ist mir
aber uerloren gegangen, so daß ich Ihnen jeßt nur sagen kann,
daß ich aus oerschiedenen Gründen sehr für das Sammeln bin,
roenn es mit Sinn, und, möchte fast sagen, historischem Kunst-
zroeck gemacht wird “
(Die Galerie Gerstenberg in Berlin.) Jn der „ß. Z. am
mittag“ schreibt Adolf Donath: Im Grunemald draußen, aber
schon etwas entfernt oon dem Geklingel der Bahnen, liegt das
Palais des Generaldirektors 0. Gerstenberg, mitten in einem
mächtigen Park und doch ganz hart an den Kiefern des Waldes.
Und das Palais selbst, das der Besser bescheiden sein „Eand-
haus“ nennt, bi gt die Sehnsucht derer, die Bilder sammeln: einen
eigenen hohen und dabei intimen Galeriesaal mit Oberlicht. Ulan
tritt kaum in den Saal und ist schon überrascht, fünf Constable!
Das ist eine Sache. Und darunter Hummern wie „ITlaloern Hall“
und das Gegenstück zu dem berühmten „Heumagen“ der londoner
Hationalgalerie, die in dem Gesamtroerk des englischen Uleisters
zweifellos obenanstehen. Als atmete hier die Eandschaft, als trieben
hier Eicht und Euft ihre zartesten farbenspiele: so durchaus echte
llatur geben diese Constables. Und dicht bei ihnen grüßt uns einer
der großen Zeitgenossen des Candschafters, einer freilich, der schon
hinstarb, als Constable noch junger ITtüller mar: Reynolds. Van
ihm sieht man ein nobles Porträt, aus der Sammlung Königs
marter stammend, die Schulte Unter den Einden uor ein paar
Jahren «ersteigert hat. Den Engländern, die die Stirnseite des
Saales zieren, folgen hier die franzosen, zuerst die oor 1850:
Delacroix' („Der Tod des Eara“) und Ge'ricoult („Reiter mit
zwei Pferden“), dann die ITteister bis 1870: Daubigny mit einer
breiten «erträumten ITtondlandschaft, Corot mit seiner silbrigen
Euftstimmung, Daumier mit einer wuchtigen Skizze zu den sich
prügelnden Knaben des Eouure, Courbet mit einer seiner Schnee
landschaften und zweien uon seinen Porträts. Das „frankreich seit
1870“, roie Uluther dieses Kapitel oon der Entwicklung des Im
pressionismus bezeichnet, repräsentieren u. a. ein ITlonet aus
seiner frühesten Zeit und ein typischer Degas (Ballerinen). Und
mitten unter den modernen franzosen hängt ein bezaubernder
Goya (schreibende Dame), gleichsam roie einer, der mit zu ihnen
gehört, und dann noch diese Anreihung scheint mir nicht un
absichtlich ein interessanter Greco („Der heilige Bertram“).
Das «is-ä-ois der franzosen des 15. Jahrhunderts bilden Cierstcn-
bergs Hiederländer des 17. Jahrhunderts, ln dieser Reihe eben
sind die besten .Stücke der Künigsroarterschen Sammlung: Ruis-
daels „Ziegelbrücke“ und „Der Wasserfall“, Hobbemas „Kirche
«on Brederode“ und „Die Schüßen“ «onTeniers. Dann sind noch
zwei Steen da, einer uon den drei oder «ier „Schulmeistern“ und
„Die Hochzeit oon Cana“, daneben ein «an Goyen, ein Van de
Velde und ein ungewöhnlich feiner Ostade. Das wären so die
„Schlager“ der Gerstenbergschen Bilder-Galerie, Aber die Sammel
tätigkeit Gerstenbergs erstreckt sich auch auf die Graphik. Ja,
er hat oielmehr mit der Graphik begonnen und im Eaufe der
Jahre eine Kollektion erworben, die neben der Berliner Sammlung
Paul Daoidsons überhaupt zu den erlesensten Sammlungen des
Prwatbesißes in Deutschland zählt. Von Dürer und Rembrandt
fehlt kaum ein bedeutendes Blatt. Von Rembrandt zum Beispiel
finden wir eins der schönsten Hunderfguldenblätter, dann die
Eandschaft mit dem Turm in dem so raren ersten Zustand und ein
Exemplar des Bürgermeister Six, das jenes oielbesprochene teure
Pariser Blatt «ielleicht an Prächtigkeit noch übertrifft. Whistler
und ITleryon sind hier komplett oertreten und unter den ITleister-
graphikern «on heute nimmt ITlax Kling er einen besonderen
Ehrenplaß ein.
(Die ITlosaikfunde in Aquileja.) Es wurde beschlossen,
die neuentdeckten lllosaiken der Domkirche in Aquileja (s. Ar. 19
der Intern. Sammler-Zeitung) in der Weise zu erhalten, dafj jene
im Hord- und IHittelschiffe auf das ITioeau des gegenwärtigen
Kirchenbodens gehoben, jene im südlichen Schiffe aber oorläufig
in ihrer gegenwärtigen Situation belassen werden.
(Jos ef Haydns Spieluhren.) Es ist so gut wie unbekannt,
dafj Josef Haydn eine besondere Vorliebe für Spieluhren besaß und
selbst eine ganze Anzahl oon Kompositionen für diese mechanischen
ITlusikroerke geschrieben hat. Die kön. Bibliothek in Berlin
bewahrt 24 dieser kleinen Spieluhrkompositionen des Kleisters auf,
die sämtlich unoeröffentlicht sind. Eine fünfundzwanzigste (für
eine sogenannte flötenuhr) ging «or kurzem durch eine Berliner
Autographenfirma in Prioatbesitj über.
(Eine alte Schädelsammlung.) Vor etwa 200 Jahren
wurde in einer englischen Kirche in der Grafschaft Horthampton
eine Krypta entdeckt, aus der eine grolle Zahl oon menschlichen
Schädeln und andere Reste zutage gefördert wurde. Erst jetjt hat
sich ein Gelehrter, Dr. Parsons, mit diesem fund beschäftigt, der
die Aufmerksamkeit der forscher uerdient, weil das Alter der
Schädel auf 8 bis 900 Jahre angenommen werden kann und aieil
sich außerdem ihre Zahl auf 5 bis 6000 beläuft. Es war infolge
dessen Gelegenheit zur Untersuchung geboten, ob sich die Schädel
form der dortigen Be«ölkerung während des leßten Jahrtausends
uerändert hat Hach den Ergebnissen seiner ITlessungen, die Parsons
dem Anthropologischen Institut oorgelegt hat, ist dies nicht der
fall, sondern die Schädel könnten ebenso gut «on Eeuten stammen,
die erst oor einem Jahr gestorben wären. Dies beweist wieder
die außerordentlich langsame Veränderlichkeit des ITlenschenkörpers
im Eauf der Zeiten.
(Das besterhaltene Ichthyosaurus-Skelett.) Wie man
der „frkf Ztg.“ mitteilt, ist dem Pariser Museum d’histoire naturelle
uon mehreren Gönnern ein äußerst roertuolles, bei Holzmaden
in Württemberg aufgefundenes Skelett eines Ichthyosaurus
zum Geschenk gemacht worden, das in der «ollkommenen Art
seiner Konseroierung in keiner anderen Sammlung der Welt seines
Gleichen hat. Das etwa 1 m lange Skelett dieses fossils ist nicht
allein «öllig intakt, sondern auch die Konturen der Haut mit den
falten der flössen sind deutlich sichtbar und heben sich in tiefem
und glänzendem Schwarz uon der matten, gräulichen Grundfarbe
des umgebenden Gesteins ab. Die Eoslösung aus dem Gestein
wurde oon dem auf diesem Gebiet als Spezialisten bekannten
Herrn B. Hauff ausgeführt und hat nicht weniger als zwei Jahre
gedauert.
(Deutsche Kunstausstellungen in Südamerika.) Am
25. lTlai 1910 soll in Buenos Aires die erste deutsche Kunst
ausstellung eröffnet werden, die unsere Kunst in Südamerika
bekannt macht. Um ihr Zustandekommen haben sich besonders
die Gesellschaft für deutsche Kunst im Auslande und das Reichsamt
des Innern bemüht. Die Ausstellung findet zu gleicher Zeit mit
der Weltausstellung statt, die zur Hundertjahr-feier der Unabhängig
keitserklärung der argentinischen Republik «eranstaltet wird; sie
soll hauptsächlich oerkäufliche Werke lebender Künstler, aber auch
besonders wichtige Schöpfungen aus prioaten und öffentlichen
Sammlungen enthalten ITlan hofft auch ein materiell günstiges
Resultat zu erzielen. Dieser ersten deutschen Kunstausstellung soll
im Jahre 1910 eine zweite in Rio de Janeiro und im darauf
folgenden Jahre eine dritte in Valparaiso sich anschließen.
(Eine Guillotine unter dem Hammer.) In Paris kam
«origen Samstag eine Kollektion oon Gegenständen aus der Reuo-
lutionszeit zur Versfeigsrung. Das interessanteste Objekt war eine
Guillotine, die im Jahre 2 der Republik bei zahlreichen Hin
richtungen in feurs funktioniert hatte. Da noch im leßten JTlament
Zweifel aufgetaucht waren, ob die Guillotine echt sei, hafte der
Bürgermeister uon feurs telegraphisch bestätigt, daß die Guillotine
tatsächlich während der Schreckenszeit in Verwendung stand Zur
Auktion hatten sich zahlreiche Kauflustige eingefunden, darunter
der Akademiker Henri Eaoedan und der bekannte Kabaretier
Alexandre, der die Guillotine als „Schmuckstück“ für sein Kabaret
erwerben wollte. Während der leßte Besißer der Guillotine sie um
den Preis oon 1400 francs erstanden hatte, erzielte sie bei der
Auktion nur 921 francs. um welchen Preis sie einem Briefmarken-