MAK

Volltext: Jahrgang 1 (1909) (1.1909,5)

Hummer 5. 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 75. 
Das Gx libris für Dr. Gustao Eeuschner (fig 3), einem 
begeisterten Anhänger non Richard Wagner, zeigt in der 
JTladulation fein gesehene Akzente. Statt einer bestimmten 
Darstellung oder eines Hinweises auf irgend eine Szene 
in Wagners Tondramen, wählte Prof. Kolb eine allgemeine 
Verbildlichung des Brennpunktes in Wagners Schöpfungen. 
Durch alle Tondramen Wagners klingt immer dasselbe hohe 
£ied der Diebe in den elementar gewaltigsten Tönen. Daher 
blieben alle kleinen Attribute, die nur stören würden, 
weg. Zwar ohne Beigabe der üblichen £yra, der sonst 
unerläßlichen tlotenzeile u. dgl. und doch oder troßdem 
eine der besten Gx libris-Schöpfungen, die ich kenne. Wie 
hat der Künstler die gestellte Aufgabe gemeistert! Die 
Durchbildung der Körper, in denen pulsendes Heben steckt, 
zeigen, daß ein Großer auf dem Gebiete der graphischen 
Künste, ein Könner dieses Blatt geschaffen hat. 
Die Gx libris-Radierung für Dr. Anfan Ceuschner 
(5ig. 4) mit Beethooen-lTtaske und einer Reihe weißer 
Alpenkeften in gigantischer ITlajestät ist ebenfalls ein 
ganz wundernolles Blatt, das in Sammlerkreisen sehr 
gesucht ist. 
Gnfzückend sind auch die Gx libris-Schöpfungen Kolbs 
für Dr. Täple, Richter, Aathansolm, Hannah Kolb-Tärcke f 
Walter Denelle, Schulz, Traplowiß, Wallbrunn, Zur Westen, 
Paul Werner, ?. Degen, Dr. Ragin, Schmidt, sowie sein 
eigenes Blatt mit St. £ukas und der sich sträubenden 
jungen Kunst, fast jedes Blatt non diesem ITleisfer oerlockt 
zur Analyse auf form und Gehalt. Gs geht ein kraftooll 
männlicher Zug durch seine Arbeiten, aus denen eine präch 
tige Individualität heroorleuchtet und die uns zeigt, daß 
Kolb den edelsten und reinsten Zielen zustrebt. 
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Chronik. 
Antiquitäten. 
(Wie man Altertümer macht.) Aus Innsbruck wird 
der Cinzer „Tagespost“ geschrieben. Die kommende Jahrhundert 
feier der Tiroler Freiheitskämpfe non anno neun, die im ganzen 
Tande festlich begangen tnerden soll und für die heute bereits 
das kleinste Alpendörfchen seine Vorbereitungen trifft, roird rnie 
selten bei einer anderen Gelegenheit ein Schauspiel historischer 
Waffen, Sahnen und Emblemen bieten. Jede Schüßen- und Veteranen- 
Vereinigung roird mit den Sahnen und Kanonen oom Jahre 
1809 aufmarschieren und bei jedem patriotischen Sestspiel, roie 
es ja im Umkreis oon etlichen Kilometern fast jeder größere 
Ort zu ueranstalten beabsichtigt, uhrd es „historische Gegen 
stände“ in Hülle und Sülle zu sehen geben. Ulan roird roieder 
staunen über den Reichtum oon Antiquitäten, den das Cond Tirol 
aufroeist, und dabei ganz oergessen, ein roie kleiner Prozentsah 
daoon nur echt ist und tatsächlich mit Fug und Recht die Jahr 
hundertfeier mitmachf. Ulan mißoerstehe uns nicht: roas an Er 
innerungen an die Kämpfe des Jahres 1809 in den oerschiedenen 
Uluseen oder größeren patriotischen Korporationen aufberoahrt roird, 
ist wirklich echt, und das Innsbrucker Ferdinandeum zum Beispiel 
hat da eine kaum mehr zu überbietende Sammlung, die neben 
uielen Origina fahnen und -Waffen sogar die Stiefel und Barthaare 
des Andreas Hofer enthält. Aber roas bei Sestzügen und „histo 
rischen“ Schauspielen gezeigt oder manchmal auch ganz im Ver 
trauen einem reichen Engländer oder Amerikaner um schweres 
Geld oerkauft roird, ist meistens kaum hundert Wochen, geschweige 
denn hundert Jahre alt, raenn es auch mit täuschender natürlich 
keif nachgeahmt wurde. Wie man Altertümer macht? Das Rezept 
ist ungeheuer einfach: zum Beispiel eine echte Spingeser Sahne, 
die im Kriegsjahr 1809 alle Kämpfe gegen die Bayern und Fran- 
zosen miterlebte; man nimmt eine neue Sahne, die man uorerst 
ein wenig als Staubfeßen benüßt hat, um die hellen Sarben abzu- 
schmächen, schmiert sie auf beiden Seiten dick mit Unschliff ein 
und legt sie auf den Dachboden in das Getreide. Binnen weniger 
als zwei Wochen haben die Uläuse in den unschlitthältigen Stoff 
so uiele und so kunstuolle Tücher gefressen, daß jeder auf min 
destens hundert Jahre schwört. Dann wird der Seßen noch auf 
einen Gartenzaun gehängt, wo Srau Sonne mit ihren Strahlen die 
leßfe Arbeit besorgt und den Sarben jenen altehrroürdigen Ton 
oerleiht. Die „historische“ Spingeser Sahne braucht dann nur noch 
eine Stange, um fertig zu sein. Komplizierter, weil langwieriger 
ist die Herstellung alter „Kanonen“ roie sie beispielsweise beim Wiener 
historischen Sestzug zu sehen waren und roie sie fast jeder Tiroler 
Schießstand aufzuweisen hat. Ulan nimmt ein altes, hölzernes 
Brunnenrohr, schlägt darum einen Blechmantel und füllt das ganze 
mit einer tüchtigen Tadung groben Puloers und einem Tehmpfropfen. 
Die Entzündung des Puloers gibt dem „Kanonenrohr“ jene inter- 
ressanten Sprünge und Rißen, die auf ein patriarchalisches Alter 
schließen lassen. Dann oerfertigt der erstbeste Dorfschlosser mit 
Benüßung oon altem Eisen den rückwärtigen Verschluß und die 
Roharbeit ist oollendet. Alles andere besorgt die Jllutfer Ttatur. 
Zuerst wird die Kanone auf etliche Zeit in die Jauchengrube gelegt, 
wo die scharfe äßende Flüssigkeit dem Werk sozusagen die leßte 
Feile gibt, und dann roirft man das ganze einfach in irgend eine 
Hofecke und überläßt es über Winter dem Schnee. Wenn der 
Frühling kommt, braucht die Kanone nur noch eine Tafette ge 
wöhnlich ein auf ähnliche Weise präpariertes Wagenradpaar 
um beim nächsten „historischen“ Festspiel berechtigte Bewunderung 
zu erregen. Ähnlich roird mit der Herstellung anderer „historischer“ 
Gegenstände oerfahren und es gibt Orte in Tirol, die auf diesem 
Gebiet eine förmliche Industrie aufroeisen können mancher Bauer 
könnte daoon erzählen, roie oft er schon ein altes „Familienstück“ 
oerkauft hat, jene zerschlissene, oon Kugeln zerfeßte Fahne, die 
auf den Höhen oon Spinges ooranleuchtete oder eine alte Feld- 
haubiße, die am Berg Isel und bei der Erstürmung der Haller 
Brücke Wunder tat . . . 
(Sportliche Antiquitäten) Der aufblühende Wintersport 
hat das Augenmerk der Sammler auf alte Wintersporlgeräte gelenkt. 
Besonders gesuchte Objekte sind, roie Hermann Rosenoro in 
Berlin der „Frankf. Ztg.“ berichtet, Schlittschuhformen aus der Zeit 
um 1800. ln die Sohlen knöchelhoher Schnürschuhe aus ornamen 
tiertem Teder sind zwei fingerbreite Eisenschienen eingefügt, doch 
gibt es auch minder elegante „Schrägen“, die eine Holzsohle und 
allerlei Riemenroerk an den Füßen des Täufers halfen. Der Ulün- 
chener Eislaufoerein hat bereits eine stattliche Sammlung solcher 
Schlittschuhe, lloch ein Wintersportgerät aus bayrischen Händen 
mag den Ciebhaber sportlicher Antiquitäten ansprechen, das sind 
die zum Eisschießen benötigten Stöckeln, runde Holzscheiben, oon 
ungefähr 30 cm Durchmesser, deren eine Fläche in den leichtge 
krümmten, zuweilen mit einfacher Schnißerei bedeckten Handgriff 
übergeht. Der Fechtsport bietet dem Sammler Gelegenheit, im 
Dussack (auch Tusseck) ein Sportgerät oon historischem Wert 
kennen zu lernen, gehört doch dieses zum Schulfechten bestimmte 
Schwert, das ganz aus Holz gefertigt, am oberen Ende eme Griff 
öffnung zeigt, nicht in das Gebiet der Waffenkunde.
	        
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