Seife 66.
Hummer 5.
Internationale Sammler-Zeitung.
namens Widder, der sein lebelang mit fleiß, (Emsigkeit
und gutem Blicke köstliche Raritäten zusammengetragen
hatte und jene einer bekannten Kunstkennerin, der Gräfin
Ularia Kinsky.
Die Huflösung des Haushaltes der fürstin JTlelanie
Hletternich brachte eine Auktion uan reichem Inhalte und
erlesenen Stücken. Im Jahre 1906 folgte eine große Auk
tion uan Kunstschäßen aus dem Besitze des in Sammler
kreisen hoch in Geltung gestandenen Grafen Pettenegg;
sie enthielt uiel alte Kunst und eine große Zahl interes
santer Japonica. Die Auktion ühl hingegen mar nebst
oielen Altertümern durch ihre Reichhaltigkeit an schönen
alten ITlöbeln heroorragend, die Sammlung des Herrn oon
Walcher durch alte Keramiken. In jüngster Zeit erregte eine
Sammlung alter Zinngeräte und eine Sammlung aus Tirol leb
hafte Aufmerksamkeit, festere brachte eine schöne Reihe der
so seltenen alten italienischen ITlajoliken auf den markt.
Sind hier nur die Hauptmomente angeführt, die sich
im Dorotheum abspielen, so liegen dazmischen zahllose
kleinere Auktionen, die mehr oder minder Sammlungs
gegenstände enthielten. Die mannigfaltigkeif, die so grofj
ist, daß es schroer märe, alle Sorten non Sammlungs-
gegensfänden aufzuzählen, nötigte häufig dazu, die kleineren
Kollektionen zu teilen und abgesonderte Spezialitätenauk
tionen zu oeranstalten. So rourden Aliniaturen, Stiche,
Bücher, Porzellan, Gemälde, alte Keramiken, ethnographische
und nafurhistorische Objekte, Glas, Waffen, Zinn, alte
ITläbel u. dgl. m. jeroeils auf einen Auktionstag zusammen
gezogen, um die speziellen Interessenten dafür zusammen
zu bringen. Das Zusammenströmen der Antiquitäten mehrte
sich so, dafj so ziemlich jede Woche ein Antiquitätentag
stattfinden konnte. Daß fast alles Käufer fand, mar ein
sichtliches Zeichen dafür, dal] der Kreis der Sammler sich
nach und nach erweiterte. Auch das Ausland wandte dem
Institute immer mehr Aufmerksamkeit zu, die Kaufaufträge
uon auswärts mehrten sich, die Kataloge werden weithin
oerschickt. Das Dorotheum steht nicht nur mit den in
ländischen ITtuseen in Graz, Trappau, Prag und Krakau in
Berührung, auch die Wiener Anstalten, das Kunstgewerbe
museum, das Hofmuseum, die Hofbibliothek, die Albertina
machen hier Ginkäufe und die ITtuseen in Dresden, Berlin,
Hamburg, das Germanische ITluseum in Dürnberg senden
Aufträge. In Ungarn scheint das Dorotheum besonders
bekannt geworden zu sein, da oon dorther fortwährend
Anfragen und Anbote einlaufen und die ungarischen ITtuseen
schon häufig hier nationale frwerbungen machten. ITtan
ersieht aus dieser (Entfaltung, dafj das Dorotheum hinsichtlich
des Antiquitätenmarktes oon Jahr zu Jahr mehr in Geltung
gekommen ist. Jn Hinsicht auf Preisbildung ist es in ge
wissen Spezialitäten sogar maßgebend geworden, so in Alf-
Wiener Porzellan, altem Zinn u. a. m.
Dadurch, dafj die Sammlerkreise sich infolge des
Bestandes des Dorotheums bedeutend oermehrten und die
Antiquifäten-Auktionen so auffallend Zunahmen, ist es er
klärlich, dafj gleichzeitig trotj des Dorotheums, das anfänglich
als mifjliebige Konkurrenz betrachtet wurde, der reguläre
Antiquitätenhandel nicht gelitten, sondern im Gegenteile
zugenaminen hat. Das zeigt sich schon darin, dafj die Zahl
der Antiquitätenhandlungen, namentlich in der inneren Stadt
Wien nicht etwa eingeschrumpft, sondern ganz erheblich
fortgeschritten ist. Das könnte nicht sein, wenn nicht das
Dorotheum eine allgemein günstige Wirkung geübt hätte.
Die Antiquitätenhandlungen florieren neben dem Dorotheum
und sie werden desto mehr florieren, je mehr Teufe in das
Interesse gezogen werden, wozu die oielen Auktionen
nicht wenig beitragen. Darum hat sich die anfänglich
scheue Ängstlichkeit der Antiquitätenhändler oor dem
Dorotheum oollkommen gelegt, sie kommen und gehen im
Hause aus und ein, nehmen an den Auktionen teil, führen
Kaufaufträge aus und informieren ihre Kommittenten im
Auslande, wenn wichtiges im Dorotheum im Zuge ist, kurz,
sie sind non der Grkenntnis erfüllt, dafj sie dasselbe In
teresse wie das Dorotheum haben, nämlich den Kreis der
Sammler zu oergröfjern und dadurch den Antiquitätenhandel
zu heben, was ihnen und der Anstalt gleicherweise zum
Vorteile gereicht.
Weniger günstig steht es mit den Kunstauktionen,
soferne sie Gemälde zum Gegenstände haben. Die Zahl
der Sammler und Interessenten oon Gemälden älterer Zeit
ist in Wien recht spärlich, man könnte sie mit llamen
aufzählen und doch nur eine karge Tiste zusammenbringen,
mit dieser geringen Zahl oon Interessenten stehen die
wenigen Kunsthändler, die sich mit dem Verkaufe oon
Bildern alter JTleister befassen, in persönlicher Berührung.
Cs ist daher erklärlich, dafj sie es ungerne sehen, wenn
ihre Klienten im Dorotheum Ankäufe machen. Denn ihr
beschränkter Handel wird nach ihrer Auffassung dadurch
noch mehr beschränkt. Doch ist diese Anschauung nicht
richtig. Alte Gemälde existieren massenhaft, Originale und
Kopien, auch Rachahmungen; sie sind fast unoerkäuflich
und gerade deshalb wenden sich ihre unglücklichen Besiijer
an das Dorotheum in der TReinung, ihre in der Ginbildung
kostbaren Besiijtümer hier um schöne Preise an den Jllann
bringen zu können. Die Anstalt ist nach ihren Grundsätzen
nicht in der Tage nur Gutes anzunehmen und dadurch
gezwungen, so manche Gemäldeauktion abzuhalten, die
schon im oorhinein schwachen Grfolg oerspricht. Dadurch
entsteht die Ansicht, dafj Gemäldeauktionen im Dorotheum
weniger gut gehen. Das ist aber ein falsches Urteil.
Wirklich gute JTteisterwerke finden hier ebenso guten Absatz
wie anderwärts, was sich schon oft genug gezeigt hat.
Würden die Kunsthändler sich die Auffassung der
Antiquitätenhändler zu eigen machen, nicht jede gute Auktion
mit scheelen Augen als ihren Gntgang ansehen und das
Dorotheum lieber als eine Anstalt betrachten, die den Sinn
für alte Kunst durch den Zusammenfluß oon Besuchern
oerbreitet, die Interessenten oermehrt und hiedurch auch
ihr Interesse fördert und würden einige oon ihnen nicht
unausgeseßt gegen das Dorotheum eifern, so würden sie
sich selbst mehr nüßen, als sie dem Dorotheum schaden
können, denn die Gntmicklung des Dorotheums ist unauf
haltsam und eine notwendigkeit, je größer die Stadt und
je mehr sie international wird. Die Kunsthändler brauchen
das nicht zu fürchten, sie haben Vorteile in der Hand, mit
denen das Dorotheum nicht konkurrieren kann, oor allem
den der beständigen fühlung mit ihren Klienten und Be
friedigung ihrer Wünsche. Dagegen genießt das Dorotheum
Vorteile, die wieder ihnen nicht zugute kommen und zwar
die Großzügigkeit des Apparates und den amtlichen Cha
rakter. Gine Ausgleichung der Gegensäße, direkte Harmonie,
ein Hand- in Handgehen wäre höchst wünschenswert und
würde der allgemeinen Hebung des Kunstmarktes, der Ver
breitung des Kunstoerständnisses bestens zu statten kommen.
Und nun noch ein Wort über die „Internationale
Sammlerzeitung“. Sie ist freudig zu begrüßen und es ist
nur zu wünschen, daß sie Wurzel fasse und sich ausbreite.
In Wien existiert nichts ähnliches und der ITlangel wurde
schon lange empfunden. Geht aus den oorstehenden Aus
führungen heroor, daß die Sammlerkreise in den leßten
Jahren sichtlich größer geworden sind, so ist auch die
Annahme begründet, daß die Zeitung einem Bedürfnisse
entspricht und oielen willkommen ist, die sich teils belehren,
teils nachrichten über alles, was mit dem Sammelwesen
zusammenhängt, erhalten wollen. Das Dorotheum ein
Sammelpunkt der Sammler, die „Sammler-Zeitung“ ein
Sammelpunkt für alle ITtifteilungen, die sie interessieren;
der Anreiz wird sich dadurch erhöhen, der Sinn für Anti
quitäten aller Art gewinnen und die Gntwicklung des
Wiener Plaßes wird in einer Richtung fortschreiten, in der
sie bis jeßt — wie oft genug bedauert wurde — zurückstand.