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Metadaten: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVI (1881 / 184)

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von Geiatreichigkeit und derPuder, die Schnünlte, ein immenser Reifrock und die Contouclie, 
denen zu Liebe dann manche Veränderungen in dem übrigen Costüme nothwendig 
wurden, nicht ohne eine gewi_sse Originalität und Talent, die verblassten Farben in Blau, 
Rosa, Lila und Silbergrau zu verwenden. Dem entsprechend wurde auch die männliche 
Tracht mcnuettgerecht umgestaltet im Sinne der Verkleinerung und das bedeutsamste 
Symbol der grüßeren Hälfte des XVlll. Jahrhunderts bildet nunmehr der Zopf und der 
Haarbeutel. 
Die costümlichen Veränderungen während der politisch so denkwürdigen Periode 
von t75o-t8t5 bildeten den Gegenstand der dritten Vorlesung am t8. November. Das 
Absterben der alten Zeit und ihrer Gesellschaft, das Vordrangen der neuen mit der 
Losun nach Natur und Wahrheit, und die begleitende Aufregung der ganzen geistigen 
Welt uropa's wurde vorn Vortragenden in kurzen scharfen Zugen geschildert. Auch im 
Costum mischt sich in den Jahrzehnten unmittelbar vor der französischen Revolution 
Altes und Neues; der Coilfeur wird Academicien und schafft Frisuren a la Flore, Po- 
mone, ä la victoire, caprice de Voltaire etc., während die Manner in Frankreich vorerst 
nur die Rococo übertreiben. Inzwischen kamen von anderwarts bereits die Vorboten der 
neuen Zeit: das Werthercostüm aus Deutschland, der runde Hut und der Frack über 
England aus Amerika besonders durch den Vortritt der Literaten als Zeichen des Libe- 
ralismus angenommen von allen jenen, die sich von dem bisherigen Zwang: der Sitte, 
des Denkens. der politischen Bevormundung losmachen wollten. ln Frankreich selbst kam 
diese Mode ä l'anglaise nicht ganz zur Geltung, schon beginnt das Sansfaqon um sich zu 
greifen, bei den Frauen fast mehr als bei den Mannern. Theatercostüme ä la Susanne, 
andere mit dem hochaufragenden Fichu auf der einen Seite, schwarzer Frack und Cylinder 
auf der anderen sind die hervnrragendsten Erscheinungen zu Beginn der französischen 
Revolution, die zunächst allerdings mit Puder, Zopf und Perrucke aufraumte, dafür aber 
in ihren costümlichen Ausgeburten: Sansculotismus, den lncroyables, Merveilleusen und 
der Statuenkleidung ä la grecque und ä la sauvage in der That das Unglaublichste leistete. 
In gemilderter Weise ging dieses Costnm durch das Kaiserreich in's XIX. Jahrhundert 
über, im Ganzen und Großen die Grundform unserer modernen Kleidung bietend. Frack, 
Pantalons, Cylinder und Tunica gingen auch im übrigen Europa siegreich ihren Weg, 
nur dass die Reaction in die früher etwas verwilderten oder übertriebenen Formen nicht 
Verschönerung, sondern die in solchen Perioden übliche Versteifung brachte. 
Bei diesem Stadium beschloss Regierungsrath von Falke seine Ausführungen über 
die Costumgeschichte, als Resultat nur noch zusammenfassend, dass auch das Costom aus 
bestimmten vorhandenen Ursachen mit Nothwendigkeit entsteht, kein Spiel des 'Zufalls 
und kein wirres Durcheinander von Launen und Einfällen ist. Alle drei Vortrage wurden 
mit größtem Beifalle aufgenommen und hatten sich unter den zahlreichen Zuhorern auch 
hohe Persönlichkeiten, wie Se". kais. Hoheit Erzherzog Rainer, die Exoellenzen Minister 
Conrad und Chlumetzky und der Curator des Museums Graf Zichy eingefunden. 
Der lnhalt jenes Vortrages, welchen Regierungsrath Bucher am 25. November 
-Ueber Gegenwart und Zukunft des Ausstellungswesens- hielt, ist um der zeitgemäßen 
Wichtigkeit dieser Frage willen weiter oben in einem besonderen Artikel hervorgehoben. 
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Donnerstag den z. December hielt Dr. Linke eine Vorlesung über Faience. Da 
dieselbe vollinhaltlich als Beila e zu den nächsten Nummern unserer Mittheilungen er- 
scheinen wird, so soll hier bloä eine kurze Besprechung derselben Platz finden. 
Der Vortragende behandelte sein Thema vorwiegend vom technischen Standpunkte. 
Nach allgemein einleitenden Worten über die Bedeutung der heutigen Keramik, die ein 
hervorragendes Beispiel des modernen, segensreichen Bundes von Kunst und Technik 
biete und in der gleichmäßigen Ausnutzung der Kunstprincipien sowohl als der technischen ' 
Errungenschaften unserer Zeit groß geworden sei, wurden an detn Faden der historischen 
Entwicklung der Keramik all jene technischen Momente zusammengetragen, die eine 
flüchtige Skizzirung der Fabricationsweise. eine Charakterisirung der einzelnen Faience- 
arten ermöglichten. Es wurden die Emailfaiencen besprochen: die alte Majolika sowie 
die modernen Imitationen resp. veredelten Fabricate von Ginori in Doccia, die Palissy 
Faience, die sogenannte englische Majolika und das Päteemail, sodann die durchsichtig 
glasirten Poterien, die den Namen Faience tragen, von der sogenannten Schweizer Majolika 
aufwarts bis zur echten Faience, die an einigen alten, wie modernen Repräsentanten 
charakterisirt wurde: den Wedgewood-Fabricaten, an diversen osterreichischen, beziehungs- 
weise Wiener Producten, der Kunstfaience von Deck in Paris, der sogenannten Barbotine- 
Faience und endlich an der Faience von Zsolnay in Fünfkirchen. Demonstrationen der 
besprochenen Producte unterstützten den sehr beifallig aufgenommenen Vortrag.
	        
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