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Seite 154 
Internationale Sammler-Zeitung. 
jeijt noch nirgend gefunden worden seien. Die Regierung lehnte 
zuerst ab, und Redfowles, der freund und geschäftliche Vertreter 
Bridgeports, «erlangte nun doppelt so oiel als oorher und der 
Staat erwarb die seltenen und kostbaren Gegenstände. 
Cord Tannemore erzählte nun dem schwedischen Professor 
und Archäologen Clusius, dessen Hilfe er zur Entdeckung der 
fälschung in Anspruch nahm, folgendes (wir folgen nun teilweise 
dem Buche): 
„Sechs Tage hindurch suchte ich mir selber einzureden, dafj 
die neuermorbenen Backsteine echt seien. Am siebenten Tage ging 
ich zu unserem freunde Kingsby, Sie wissen, er ist jetzt Direktor 
des ITluseums, und ich bat ihn, mich die funde genau untersuchen 
zu lassen. .Dies sei soeben geschehen, 1 meinte er. Ich teilte ihm 
meine Ansicht bezüglich der Echtheit der Steine mit, worauf er 
antwortete: ,Die bedeutendsten Archäologen, auch Ramlinson, haben 
die Ziegel geprüft, ehe das ffluseum sie gekauft hatte; Ihre zu- 
oerlässige, fachmännische Untersuchung wird uns jedoch sehr 
schätzenswert sein.“ Daraufhin übergab er mir die Steine. Ich 
nahm sie mit mir. Es wurde in den fachkreisen bekannt, dafj ich 
die Steine für gefälscht hielt, und wenige Tage, nachdem ich die 
Untersuchung begonnen hatte, kam Redfowles, Bridgeparts freund, 
der den Verkauf der Antiquitäten betrieben, zu mir. Er behauptete 
dafj ich ihm Genugtung schuldig sei, da ich ihn und seinen freund 
durch meine Behauptungen als Betrüger gekennzeichnet habe und 
forderte mich zum Zweikampfe.“ 
Der Professor hatte, mährend der Cord redete, den Kopf 
erhoben und rief jetzt lebhaft aus: „Tannemore, ich werde sekun 
dieren! Ich tu' es gern, sehr gern sogar.“ 
„Clein, nein!“ erwiderte Tannemore. „Ich werde mich nicht 
schlagen Ich danke Ihnen warm für Ihr Anerbieten, aber, lieber 
freund, hören Sie! Schwereres, ungleich Schwereres mutz ich uan 
Ihnen erbitten. — Ich werde mich also nicht schlagen. Denn, würde 
ich in diesem Duell fallen, dann wäre es mir unmöglich, den Be 
weis des Betruges zu erbringen, und Bridgeport und Redfowles 
könnten heimlich über alle ehrlichen Archäologen lachen. Ich aber 
will sie entlaroen “ 
Tannemore lächelte bitter, als er fortfuhr: „Das heifzt, ich 
wollte sie entlaroen, deshalb habe ich mit Redfowles ucr Zeugen 
am 6. August uorletzten lahres folgenden Vertrag abgeschlossen: 
Es seien mir zwei fahre gegeben, den Beweis zu liefern, dal) die 
Inschriften auf den Ziegeln gefälscht seien. Wenn ich innerhalb 
der gegebenen frist diesen Beweis zu erbringen imstande sei, 
müsse Redfowles sich zu oon mir anzugebender Zeit töten; gelinge 
mir der Beweis nicht, läge die Dauer meines Cebens in seinem 
Belieben.“ 
Ruhig, gemessen, ernst hatte der Cord diesen Teil seines 
Berichtes gemacht, und ruhig, gemessen und ernst fuhr er fort: 
„llun bin ich, nachdem ich uiele ITlonate lang gearbeitet habe, 
dahin gekommen, sagen zu müssen, dafz ich die fälschung, die ich 
instinktio noch immer als existierend annehme, nicht riachweisen 
kann. Ich spüre es, ah! ich weil], dafz die Steine unecht sind, 
aber ich kann es nicht beweise 
Der Professor wandte sich an seinen freund und Gast und 
sprach: „Sie, lieber Tannemore, sagen, dafj Sie schon alles, was 
zur feststellung der Unechtheit der fraglichen Altertümer geschehen 
konnte, unternommen haben. Wie ich glaube, mutzte es das erste 
sein, was Sie tun konnten, den rein polizeilichen Weg zu betreten.“ 
„So dachte ich auch“, e. widerte Tannemore. „Ich wandte 
mich an Burton, den scharfsinnigen Detektiu Englands, und bat 
dessen berühmten, amerikanischen Kollegen, Josuah Knigfleth, um 
seine Unterstützung. 
Beide operierten mit 2000 Pfund und unter Aussicht auf 
einen hohen Preis acht lllanate hindurch; dann muffte man Burton 
unter irrenärztliche Behandlung stellen und Josuah Knigfleth teilte 
mir tief beschämt und tief oerdrossen mit, dafz olle Bemühungen 
erfolglos geblieben seien.“ 
„Und dann, Cord, begannen Sie mit Ihren Arbeiten?“ 
„Und dann begann ich mit meinen Arbeiten, natürlich auf 
wissenschaftlicher Basis.“ 
rtummer lo 
„Ich nehme an, dafz Sie eine genaue Untersuchung der 
mesopotanischen Ruinenfelder einleiteten.“ 
„Das tat ich. Ich mufjtc zuerst zu konstatieren suchen, dolj 
daselbst nicht andere, unzweifelhaft echte Keilschriftreste in 
derselben Weise, also angeblich demotisch geschrieben, zu finden 
seien, hätten sich echte Dokumente, genau in der Art der ge 
fälschten geschrieben gefunden, so hätte ich eine Handhabe 
des llachweises weniger, Aber auch Bridgeporfs funde hätten 
auch weniger Wert, denn nur aus dem Umstande, dafj bis 
her keine demotische Keilschrift gefunden morden ist, konnte 
Bridgeports Genosse, dieser schlaue und kühne Redfowles, den 
grofzen Wert dieses fundes ableiten. Aus ebendemselben Grunde 
mar er aber auch sichergestellt, des Betruges nicht überwiesen 
werden zu können. Wer will es Bridgeport und seinen Konsorten 
beweisen, dafz eine demotische Keilschrift nicht existiert hat? Ich 
habe auf und in den alten Trümmerfeldern keine Schriftspur ent 
deckt, die derjenigen gleicht, welche auf den angekauften Gegen 
ständen angebracht ist. Dadurch ist freilich keinerlei Beweis er 
bracht! Immerhin aber wird mir nach diesen gründlichen forschungen 
das alleinige Vorkommen der demotischen Schrift auf jenen Steinen 
noch oerdächtiger.“ 
„Dasselbe denke ich auch“, bemerkte der Professor, worauf 
der Cord fortfuhr: „Und ich bin wahrhaftig gründlich zu Werke 
gegangen. Ich habe mit Beihilfe oon 50 dazu brauchbaren Ceuten 
oom 22. April uorigen Jahres bis zum lefztoergangenen 20. februar 
Assyrien, ITtedien und Babylonien mit der gröfjten Genauigkeit 
nach Schriftzeichen durchsucht. Ich fand nur die uns schon be 
kannten Schriftzeichen, oon irgend welchen anderen aber entdeckte 
ich keine Spur, auch dort nicht, wo angeblich die funde gemacht 
morden sind.“ 
„Haben Sie auch an den felsmänden oon Birutum gesucht? 
forschte der Professor. 
Tannemore nickte. 
„Bis zur höchsten Inschrift fünfhundert Dieter über der 
Talsohle wurden sie erforscht.“ 
„Und im Schlamme des Euphrat? Auch in ihm hat man 
einige Ziegel gefunden.“ 
„Ich habe ihn auf weite Strecken hin baggern lassen “ 
„Und nichts gefunden?“ 
„nichts, das auch nur die Spur eines Schriftzeichens ge 
tragen hätte.“ 
„Dann müssen wir unsere forschungen auf die Pseudofunde 
selber beschränken, auf die Goldblechtafeln und die Backsteine. 
Sie haben doch, lieber Cord, das Gold als Stoff, als ITletall, schon 
untersucht, geprüft, ob es nicht Spuren einer neuzeitlichen Kom 
position, einer Cegierung besitze?“ 
„Das Gold ist Gold oon Ophir, wie es die Assyrer benützt 
haben und wie es freilich heute noch benützt werden kann.“ 
„Und die Backsteine?“ fuhr der Professor fort, sind sie 
aus altassyrischer Erde?“ 
„Die Backsteinplatfen haben genau dieselbe mineralische 
Zusammensetzung wie die echten, genau dieselbe Dichte und 
Schwere wie jene; sie können aus Ton oon ßirsi flimrud, sie 
können aus Erde oon Ekbatano sein.“ 
Der Cord schmieg und starrte zu Boden. 
Bedächtig redete der Professor weiter. 
„Die Keilzeichen“, sagte er, „sind in den Steinen oertieft, 
das heifzt, sie sind aus ihnen herausgearbeitet worden — und — 
wir missen, warum Sfahlklingen und Stahlspitzcn stumpf werden. 
Können sich nicht nahezu molekulare llletallteilchen, die sich oon 
den oerwendeten Werkzeugen losgelöst haben, in den Kanten- 
minkcln der oertieften Keile finden? Vielleicht liefze sich durch 
diese konstatieren, dafj die Instrumente, welche Bridgeports Ziegel 
bearbeitet haben, aus — Besscmer Stahl waren?“ 
„Daran dachte auch ich,“ erwiderte der Cord ruhig, „und 
ich suchte und ich fand Spuren des Eisens — genügende Reste 
daoon, um sie analysieren zu können. Ich analysierte sie also. 
Es war weiches Eisen, fast weiches Roheisen, Eisen, wie es auch 
Kambyses und Darius Hystaspes oerwendet haben könnten. —
	        
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