MAK
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Internationale Sammler-Zeitung. 
riummer 10 
Und damit trat auch naturnotarendig ein Umschwung 
im Wesen der sinnlichen Betätigung ein. Der Expansion 
der Kraft sind non der Ratur stets enge Grenzen gezogen. 
Die sinnliche Betätigung roandelt sich deshalb aus einer 
ITlanifestafian der Kraft zu einem bloßen Spiel, zum Ge 
tändel. Die Hiebe wird zur Galanterie. Denn Spiele kann 
man endlos ausdehnen, Spiele kann man jeden Tag neu 
nariieren. Spielerisch roerden daher alle Huldigungsformen, 
damit aber trat]dem um so raffinierter. Alles Seelische, 
Geistige und Künstlerische ist nur ITlittel der Stimulanz: 
neue Variationen der Galanterie zu entwickeln und ständig 
5ig. 10. £ely: flelly Gwyn, die Geliebte Karls II. oon England. 
neue Offenbarungen in jeder dieser neuen Variationen zu 
ermöglichen. Das Taster wird damit gesellschaftsfähig. 
Gs wird nicht offiziell zur Tugend, aber es wird ideologi- 
sierf im Dienste des obersten Tebenszweckes „Genießen“; 
in diesem Zweck und Ziel findet es seine Rechtfertigung. 
Das ist das Geselj des Absolutismus und seine spezi 
fische Ausprägung im Sexuellen. Wie dieses Gesetj sich 
in den uerschiedenen Klassen durchsetzt und in jeder seinen 
spezifischen Ausdruck findet, wie es die Tebensphilosophie, 
die Sprache, die Gesetze der öffentlichen und priuaten 
Sittlichkeit, die Rechtsanschauungen und so weiter formt, 
wie es literatur und Kunst befruchtet und, erst im Barock 
und später im Rokoko, die ihm adäquaten Kunstformen 
entwickelt, — das soll der Inhalt der „Galanten Zeit“, 
des zweiten Bandes non Gduard fuchs’ „Illustrierten 
Sittengeschichte oom ITlittelalter bis zur Gegenwart" bilden, 
dessen erste Tieferungen uns bereits oorliegen. 
Die bedeutsamsten sittengeschichtlichen Dokumente 
aus diesem Zeitalter liefern natürlich die objektioen Künste, 
und unter diesen obenan steht die ITlalerei, — die 
malenden und zeichnenden Künste sind in jedem Strich, 
in jeder Arabeske eine einzige Huldigung, ein uieltausend- 
strophiger Preisgesang auf die Wonnen und Seligkeiten 
der Galanterie in allen ihren Abstufungen, Variationen 
und finessen. 
Aus diesem Reichtum, aus diesem raffiniert tönenden 
Tiede einen Teil des Allerschönsten, des Interessantesten 
und auch des Seltensten zur Dokumentierung seiner Dar 
stellung oorzuführen, ist die Absicht des Verfassers, Und 
diese Absicht ist, soweit es nach den bisherigen Proben 
schließen darf, Gduard fuchs so oorzüglich gelungen, wie 
noch keinem forscher und Sammler oor ihm. Der neue 
Band wird die besten farbstiche enthalten, die die eng 
lische und französische Kunst im achtzehnten Jahrhundert 
heruorgebracht hat, er wird einen grofjen Teil der erlesensten 
und merkwürdigsten Kupfer des Barock und Rokoko 
bringen, und außerdem an zahlreichen non fuchs zum 
erstenmal wieder an den Tag geförderten Produkten der 
Volkskunst belegen, dafj die Galanterie in die Bürgerslube 
ebenso Ginzug hielt, wie in die Salons des höfischen Adels 
und der Geldaristokratie . . . 
Welch grol'ze Sorgfalt der Verlag oon Albert Tangen 
in JTlünchen auf die möglichst originalgetreue Wiedergabe 
dieser künstlerischen Kostbarkeiten nermandte, mögen die 
Ulusirationsproben erweisen, die wir dem Prachtwerke 
entnehmen. 
fig. 7 präsentiert einen galanten Kupferstich non 
Jean Honore fragonard: Der KliT3. Gs ist eine Widmung 
des Künstlers an den TRarschall Grafen de la Tour 
d’Au 0 erg ne. 
Jn fig. 8 hat Thomas Rowlandson den Tord 
Quensbury, einen der bekanntesten englischen Roues 
seiner Zeit, oeremigt. Wer die Schöne an der Seite des 
alten Grafen ist, sagt uns das Buch nicht. 
Damen dürfte das Augsburger Schabkunstblatt (fig. 9) 
interessieren, da die hier dargestellte Dame die Hut- und 
federnmode um das Jahr 1785 zeigt. Das Blatt rührt 
oon J. Haid her. 
fig. 10 bietet das Bild der IRrs. Relly Gwyn, der 
Geliebten Karls II. oon Gngland. Der Ala 1er ist der Hol 
länder Peter Tely, eigentlich Pieter oan der fals, der 
nach Van Dycks Tode nach Tondan kam und da bald ein 
gesuchter Porträtmaler wurde. 
Aus dem Jahre 1781 stammt der reizende englische 
Schabstich „The Hlilitary Beauty“, den wir in fig. 11 
reproduzieren. Der llame des Stechers ist nicht bekannt. 
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Die gefälschte Keilschrift. 
In diesen Blättern ist oft daoon erzählt morden, dafj in oer- 
schiedenen ländern eine große Anzahl kunstoerständiger ITlenschen 
lediglich dauern leben, Antiquitäten zu fälschen und sie als echt 
in den Handel zu bringen, eigentlich ist dieser schurkische Vor 
gang nur eine natürliche Solge des immer mehr überhandnehmen 
den, an und für sich sehr lobenswerten Sammeleifers und je mehr 
sich der Horizont der Kunst erweitert, desto umfangreicher wird 
auch das Gebiet der Fälschung, Was wird nicht alles gefälscht? 
moderne und alte Bilder, Terrakotten und Bücher, Porzellan und 
münzen, Gewebte Stoffe und Briefmarken, Waffen und Auto 
graphen, Grzeugnisse der Goldschmiedekunst, Bronzen und ITle- 
daillen, kurz fast alle jene Gegenstände, nach denen der Sammel 
geist oerlangt. Wurden ja nicht einmal die altehrwürdigen Könige 
Ägyptens hieroon uerschont, und in der zweiten Hälfte des uorigen 
Jahrhunderts mußte es sich sogar Ramses TU. gefallen lassen, 
dafj sein überlebensgroßes Standbild aus schwarzem Basalt aus
	        
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