riummer 18
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 277
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Das Kloster Ossiach.
Von Rose Schur (Wien).
?ch blättre in der mächtigen Chronik non Valoasor,
die im Jahre 1686 erschien und eine genaue
Beschreibung Kärntens gibt. Der alte Chronist
berichtet uns non allen Burgen, Schlössern,
Klöstern und Städten des Herzogtums und erzählt
uns alle Geschichten, die er non jedem Orte
erfahren hat. ln dem Buche befinden sich auch
reizende Kupfer der oerschiedenen Orte. Da ist
das „lustige“ Velden der Grafen zu Kheoen-
hüller, da ist das „Schloß Eeonsfein“ einer
frommen Bruderschaft — heute das fashionable
Pörtschach — da ist die stolze Burg Handskron,
die leider in den franzosenkriegen zur Ruine
rourde, und da sehen mir auch das mächtige,
zu Valnasors Zeiten non Benediktinern bewohnte
Ossiacher-Kloster, das heute nach ganz unoer
ändert dasteht. Cs ist ein grofjes, roeit ausgedehntes Ge
bäude, dicht am Ossiacher See gelegen, in seiner frühesten
Zeit im romanischen Stil erbaut. Später rourde es restau
riert und ercoeitert, die Kirche ist oollkommen gotisch.
Wie es entstanden ist, das erfahren toir auch oom
alten Valoasor. Im grauen ITIitfelalter herrschte im Ge
biete des Ossiacher Sees ein reicher Graf namens Ozio.
Seine Gemahlin hie§ Irenburg. Ihr ältester Sohn zog nach
Rom, rourde da oom Papste getauft und bekehrte auch
seine Cltern zu frommen Christen. (Cnde des 6. Jahrhunderts.)
Graf Ozio lief) zu Chren seines Sohnes, der Patriarch oon
flquilea rourde, ein grofjes Kloster bauen und berief
Benediktiner IlJönche dahin. Ilach ihm rourde das Kloster
Ossiach genannt und nach dem Kloster erhielt der See
seinen flamen. Die Stifter Ozio und Jrenburg liegen in
der Kirche begraben.
Die Kirche selbst ist sehr sehenswert. Sie liegt
inmitten eines kleinen, poetischen Dorffriedhofes, der wieder
oon den grauen Klostermauern eingeschlossen wird. Be
merkenswert an dieser Kirche ist, aufjer den oielen Reliquien
und seltenen Kostbarkeiten, die sie birgt, ein einfaches
Grab an ihrer flufjenseite und ein Bild, das über diesem
Grabe, an der Kirchenwand, in rohester Weise ausgeführt
ist. Cs stellt den König Boleslaus II. oon Polen dar,
der hier bestattet ist. Seine Geschichte, und wie er in
das, oon Polen so entfernte Kärnten kam, finden mir bei
Valoasor ebenfalls. König Boleslaus II. (1058 59) mar
ein tapferer Krieger, der die Preufjen besiegte und oon
seinem Volke sehr gefeiert wurde. Seine Crfolge machten
ihn aber übermütig und da ihn der Crzbischof Stanislaus
oon Krakau deshalb tadelte, geriet er mit ihm in Streit
und erschlug den frommen Kirchenfürsfen, der später heilig
erklärt wurde. Seit dieser gräflichen Tat mied das Glück
Boleslaus. Der Papst belegte ihn mit dem grofjen Bann
und oon Reue erfafjt, beschloß der Polenkönig nach Palä
stina und Rom zu ziehen, um dartßufje zu tun. Cr kam
aber nur bis nach Ossiach, Dort brach er zusammen
und lebte, nachdem er sich erholt hafte, neun Jahre als
stummer Haien bruder, die schwersten Arbeiten oer
richtend, im Kloster. Crsf als er den Tod herannahen fühlte,
gab er sich zu erkennen, erhielt die Absolution und starb
in frieden. Sein Siegelring wurde Jahrhunderte lang
aufbewahrt.
Valoasor erzählt uns dann auch noch oon den oielen
Äbten des Klosters, oon Kaiser Karl V., der auf seiner
?lucht oor ITloriz oon Sachsen, nach Villach und auch nach
Ossiach kam, oon den selten grofjen fischen, die im
See gefangen wurden, oon der bedeutenden Gelehrsamkeit,
die im Kloster herrschte, oon den Wundern, die durch
die kostbaren Reliquien ausgeführt wurden, oon den
Türkenkriegen, die aber glücklicherweise das Kloster nicht
oerheerfen und oon noch oiel anderen erbaulichen und
merkwürdigen Dingen und Begebenheiten. — Wenn wir
aber heute das Kloster oon einem Cnde zum andern durch
wandern, sehen wir noch manch Rnderes, oon dem der
Chronist nichts berichten konnte, da essich oiel später ereignete.
Im Refektorium bleiben wir gebannt stehen. Von
den Wänden herab grüfen uns die Porträts der Habs
burger, die hier oon fromiller, dem größten lllaler
Kärntens (18. Jahrhundert) oerewigt wurden, fluch die
Wände der anstoßenden Räume und die Decken schmücken
herrliche Gemälde oon seiner Hand, Szenen aus der öster
reichischen Geschichte darstellend.
Wir gehen weiter. In den oerschiedenen Zellen liegen
Stöfe oon manuskripten. Die wertoollsten wurden schon
oor Jahren gesichtet und geordnet und in grofjen Biblio
theken untergebracht, aber es ist vielleicht noch manches
wertoolle da, das bisher dem forscherauge sich entzog.
Rn Schreibtischen sifen forstbeamte und in den weiten
Sfiegenhäusern hallt der Schritt oon Soldaten. Denn aus
dem grofjen Sifje der Gelehrsamkeit wurde im Haufe der
Jahre ein Gestüt und ein forstmeisteramt. Das Benediktiner
Kloster wurde nämlich unter Kaiser Josef II. aufgehoben
und das mächtige Gebäude praktischen Zwecken zugeführt.
Wo einst die gelehrtesten Gespräche geführt wurden, werden
jetjt ßodenberechnungen aufgestellt, und wo einst die
stillen Brüder gröfjte Weisheit niederschrieben, laufen Sol
daten oon einem Stall zum andern, ganz unbekümmert
um all die Romantik, die sie umgibt. Aber vielleicht
findet sich doch einmal jemand, der in stillen Sommer
wochen in all dem Winkelwerk in den grofjen Gemächern
und den kleinen Zellen genau Hachschau hält: er wird
oielleicht unter all den aufgehäuften Papierstoffen, außer
Holz- und Haferrechnungen, manches Interessante und für
die Geschichte Ossiachs und Kärntens Bedeutsames finden.