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internationale Sammler-Zeitung.
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fortseljen, wenn man die mit den beiden bedienenden Mädchen
des Hauses schäkernden Gestalten betrachtet, den halb abgewen-
defen Kürassier rechts, den das ITtädchen sein Spiel uergessen
läfjt, und den Husaren, der im Hintergründe beim zweiten Tische
den ITlinnesold erhaschen will, fln diesem Tische wird gewürfelt,
einige ergraute Kauallerieroffiziere, denen man den Dienst „uon
der Pike auf“ ansieht, sind besonders intensio dabei. Einer uon
ihnen, der durch den scherzweise uerkehrt aufgesetzten Helm
uielleicht in Anlehnung an einen ähnlichen Gebrauch in der fran
zösischen flrmee beim Tragen des Zroeispitjes — wohl nur be
sonders drastisch dartun will, dafj er jetzt oom Dienst nichts
wissen wolle, schnalzt mit den Tingern und glotzt auf den Tisch,
wo sich das Glück eben sehr zu seinem Mifjuergnügen dem jungen
Artillerieoffizier zugewendet hat. Im Vordergründe können zwei
Hunde sonst uielleicht unbestrittene Lieblinge des Bataillons
oder der Diuision zu keinem friedlichen ITleinungsausfousche
gelangen.
Ein großes uon Jah. Fiep. Höchle 1815 gemaltes Aquarell
führt uns inmitten wogenden Kampfgetümmels. Es ist wohl eine
Szene aus den Befreiungskriegen. Vielleicht der Entwurf zu einem
Gemälde, ist das Bild mit hinreil'zendem Schwünge gemalt, möglich,
dafj es den Reiterkampf der altbewährten achten Kürassiere mit
den französischen Canciers bei Troyes am 25. Februar 1814 dar
stellen soll. Der bewölkte Abendhimmel wird noch uerdüstert durch
den Qualm der lichterloh brennenden Festung im Hintergründe, ln
wütendem tagen über das schon leichenbedeckte Gefechtsfeld prallen
die Reiter aufeinander. Der ersten einer hat ein Kürassier den
Tranzosen das Kleinod, die mit dem Adler geschmückte Standarte
entrissen; die wild auf ihn eindringenden wehrt er, uon einem
Kameraden unterstützt, mit kühnem Säbelhieb ab, und mit einem
mächtigen Salz des Pferdes, durch den ihn der ITlaler als Mittel-
punkt des Bildes kräftig heraushebt, bringt er die kostbare Beute
in Sicherheit, denn schon wird er uon den mit hochgeschwungenen
Säbeln heranbrausenden Reitern, Daran die Offiziere, aufgenommen,
tinks im Vordergründe zieht ein grell beleuchtetes Intermezzo das
Auge auf sich. Zwei Reiter jagen an einander uorbei, die Ceiber
ihrer Pferde in dem aufgestachelten Vorwärts mächtig gedehnt;
diesen iTtoment des Vorbeirasens will jeder nützen zum wuchtigen
Hieb auf den Gegner. DerTranzose duckt und neigt sich zurSekond;
der Österreicher holt, im Sattel sich hebend, zur wuchtigen Prim
aus; im Sturm, der ihn daherführt, fliegt alles an ihm; die Scheide,
die Schöfje des Rockes, die Kartusche, die Haare wehen ihm oom
Kopf, der im Getümmel den Helm uerlor, das grimmige, blutbe
sudelte Antlitz blickt wütend auf den feind herab. Das Bild, über
dessen Realismus wir staunen, mufz der Kleister mit tiefer Be
geisterung an den Taten jener blutigen lahre entworfen haben.
(Erstehungspreis 450 K).
Weif weniger ist dem Künstler eine Szene aus demselben
Teldzuge u. zw. speziell aus der Geschichte des Ulanenregiments
llr. 2 gelungen. (Friedrich Dittmayer rettet durch persönliche
Tapferkeit seinen Oberstwachtmeister Treiherrn uon Trach aus der
Gefangenschaft der feindlichen Kürassiere in der Affaire bei Ville-
neune, 17.Tebruar 1814). Das Aquarell diente zur Vorlage für eine
Cithographie (uon Kriehuber?) und ist zu akademisch gehalten.
Die Säbelhiebe, die man führen sieht, nehmen sich so unfrei aus,
wie wenn sie schematischen Darstellungen der Techtkunst entnommen
wären. Der Preis uon 310 Kranen ist als ein uerhältnismäljig hoher
zu bezeichnen (Katalog Ar. 234). Ansprechender ist eine in Sepia
ausgeführte Cagerszene, die das Treiben im Kaoallerielager beim
Signale Vergatterung nicht ohne Teben darstellt. Eine zweite lager-
szene (llr. 230 des Kataloges) erinnert sehr stark an Kob eil,
nicht nur in dem gewählten Milieu, dem Hintergründe (München?),
der Siestastimmung des Ganzen, sondern auch in der weniger
flüchtigen Ausführung.
Einem Zeitgenossen Höchles und Kiningers, dem heute nur
noch wenig gekannten Jah. B. Seele gehört eine Sepiazeichnung
an, die zwei französische Reiter auf Vorposten darstellt. Die Mond
scheinstimmung der sonst anspruchslosen Studie ist glücklich dar
gestellt. (llr. 590, 250 K).
Typen aus der Radetzkyzeit, uon Karl Schindler entworfene
Bleistiftzeichnungen, hauptsächlich in ihrem Österreichertum sehr
charakteristische kleine Porträts uon Offizieren und Mannschaft
zeigen, wie gegen die Mitte des 19. Jahrhunderts sich die Militär
malerei durch ethnographische Studien oertiefte, während uordem
; solche Details wohl nur mehr oder weniger zufällig (z. B. gelegentlich
1 beim ebengenannten Seele) anzutreffen sind. (nr. 556 f., 150 bzw.
‘ 510 K).
Eine aufjerordentlich figurenreiche Bleistiftzeichnung Anton
Strangs chwandtners stellt das Getümmel eines Kampfes
zwischen italienischer und österreichischer Kauallerie, die erstere
am Ausgange eines Hohlweges überfällt, sehr lebendig dar. (ftr.
410, 80 K).
Ein hübsches Stimmungsbild, ein Kriegsbild fernab uain
Schlachtfeld, ist das Aquarell Tremls, das uns in den ersten
Hof der Testung Hohensalzburg uersetjt. Durch das Tor, uor dem
ein Posten angedeutef ist, blickt man auf die schneebedeckten
Gipfel der Salzburger Berge. Drei Mann uom Salzburger Haus
regiment llr, 59 bewachen einen Trupp uon sechs piemontesischen
Gefangenen. Der Biedermeiertypus unseres Militärs ist ausgezeichnet
getroffen; die weiten, weifzpassepoilierfen Pantalons, der seinem
liebensende nahe Track, der hohe, gegen oben und uorne ausladende
Tschako, tn der Gruppe der Gefangenen, die offenbar ihrer Unter
bringung harren, fällt uor allem ein Offizier in resignierter Haltung
auf. Die anderen weniger gut, einige sogar dürftig bekleidet,
scheinen mit ihrem Cose nicht eben unzufrieden. Ein Ziuilist im
Hintergründe in grauem Mantel und Zylinder ist wohl als irgend
ein reoolutionärer Rädelsführer gedacht Das Aquarell erzielte 600 K.
Auch einige Miniaturen gingen in den Besitz des Museums
über. Die uon ßoatti 1829 signierte (40 K), welche einen Offizier
des 8. Jägerbataillons darstellt, zwei weit bessere Offiziersporträts
(50 und 70 K), die um 1800 entstanden sein müssen, und ein kleines
Bildchen eines ziemlich beleibten österreichischen Generals, das
wohl den Hoch- und Deutschmeister Erzherzog Maximilian dar
stellt und um 1790 gemalt sein dürfte, (llr. 494, 60 K).
Dies die heruorragendsfen Stücke, welche uom Heeresmuseum
erworben wurden. Es bleibt nur zu wünschen, dafj sic dem Publikum
nebst anderen Stücken aus der Bildersammlung des Museums
durch baldige Ausstellung leichter zugänglich gemacht werden, was
freilich beiden gegenwärtigen räumlichen Verhältnissen des Museums
auf schier unüberwindliche Schwierigkeiten stöfzf. Unter den Ansäljen
zu einer militärisch-historischen Bildergalerie, für welche so manches
wertuolle Stück in den Depots des Museums bereit ist, wird den
beschriebenen Kunstwerken jedenfalls stets ein erster Platz bleiben.