MAK
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internationale Sammler-Zeitung. 
Hummer 22 
fine berühmte ITlethode, lTeulinge daranzukriegen, heilst j 
in der Sprache der Händler ein Bild mit einer flmme in 
die Welt zu schicken, was bedeutet, ein Bild wird für eine 
gewisse Zeit in irgend einem roeitabgelegenen Bauernhause 
untergebracht, dort in einem Stall oder in einer dumpfen 
Kammer aufgehängt, um mit Staub und Schmutj bedeckt 
zu werden. Der schlaue Händler wird sodann oerkünden, 
er habe gelegentlich einer Reise in einem Bauernhause 
ein seltenes Kunstwerk entdeckt und diesen Fund unter dem 
Siegel der strengsten Verschwiegenheit jenem Sammler 
mitteilen, dem er das Bild anhängen will. Bin gemein 
schaftlicher Besuch der Fundstätte ist der nächste Schritt. 
Der befragte Bauer wird immer antworten, dafj er nicht 
wufjfe, dafj ein wertoolles Bild im Hause sei, oder dafj es, 
seit er denke, dort hänge, dafj es schon zu seines Grofj- 
oaters Zeiten dort gehangen habe usw., dafj er ferner auch 
gehört habe, das Bild sei ein kostbarer Schatj. Run läfjt 
der Händler seine Redekunst wirken und das feine Geschäft 
kommt in der Regel zustande, wofür aber der Bauer blofj 
eine Kleinigkeit erhält. Zuweilen werden zwar auch echte 
alte Bilder in Bauernhäusern entdeckt, doch selten in einem 
guten Zustande. Die Bauern haben die unoerständige 
Gewohnheit, die Bilder mit Knoblauch oder Zwiebel zu 
reinigen; dabei nehmen sie nicht nur den Firnis, sondern 
auch die mertuolle Patina und gewisse Farben weg, so 
dafj in oielen Fällen nur der goldene Untergrund und die 
tiefer aufgetragenen Farben übrig bleiben. Doch solche 
Ruinen werden uon den Händlern eifrig gesucht, um einen 
Pappenstiel gekauft und hernach geschickte und in der 
Kunstgeschichte bewanderte Ulaler beauftragt, das Bild 
zu restaurieren oder besser gesagt, es auf Grund der noch 
sichtbaren Originalkonturen neu entstehen zu lassen. Der 
neue Schöpfer des Kunstwerkes erhält in der Regel nur 
einige IHark täglich und mufj ängstlich darauf bedacht 
sein, dalj niemand ihn bei seiner Arbeit sieht. Br lebt 
deshalb meistens im Hause seines Brotherrn und wird 
während seiner Arbeit oon der Außenwelt so strenge abge 
schlossen wie Fra Filippo Cippi, der als er seine berühmte j 
ITladonna für das Haus der IRedici malte, in einem Atelier 
buchstäblich gefangen gehalten wurde. Die Rachahmung 
der alten [Reister geschieht heute am häufigsten in Italien, 
denn der Italiener besitjt noch einen Teil des Genius seiner 
Vorfahren und er scheint instinktmäijig das Schauen und 
Fühlen der ITleister des 13. und 14. Jahrhunderts zu treffen 
und kann ihre Werke zuweilen mit sympathischer Treue 
wiederholen. Amerika ist ooll mit solchen Bildern, deren 
Echtheit oft in nichts anderm als in dem Entwürfe und in 
der Ceinwand besteht, auf der sie gemalt sind. 
Gemälde der älteren Zeit mit goldenem Untergrund 
und seltsamem Entwurf werden am meisten in Siena erzeugt, 
wo man die Holztafeln oor aller Welt außerhalb der Coden 
zum Trocknen aufstellt. Es sind dies zumeist oon Würmern 
durchfressene und mit chemischen Rütteln älter gemachte 
Tafeln, zuweilen werden alte, doch oerdorbene Bilder als 
Grundlage benütjf. Um beim Kaufe eines Bildes aus der 
Zeit Giottos nicht hintergangen zu werden, tut man am 
besten, sein Augenmerk auf eine einfache Komposition zu 
richten, da die Fälschung komplizierter Zeichnungen mit 
oiel Personen leichter als die der einfachen Cinien gelingt. 
Eine beliebte Probe, die alle Händler warm empfehlen, 
besteht in dem Abreiben des Bildes mit Alkohol, wodurch, 
wenn die Farben nicht Weggehen, der sichere Beweis 
gegeben sein soll, dafj die Farben und der Firnis im Caufe 
einer langen Zeit unzertrennbar geworden sind. Aber den 
ist nicht so, denn die Erfindungsgabe des Rlenschen ist 
grenzenlos, wenn es gilt, den Höchsten zu hintergehen und 
so ist auch gegen das Abreiben mit Alkohol ein wirksames 
mittel gefunden worden, man hat erfahren, dafj die 
Eingeborenen ITlexikos und Brasiliens einen Kaktus in 
Streifen schneiden, daraus einen Absud bereifen, der, wenn 
er mit Farben oermischt wird, diesen einen hohen Wider 
stand gegen Feuchtigkeit oerleiht. Die Eingeborenen streichen 
mit dieser mischung ihre Hütten an, um sie wetterfest 
zu machen. Die Bilderhändler machten sich diese ITlethode 
sofort zu eigen und haben damit erzielt, dalj ein Bild, in 
dessen Farben dieser Kaktusabsud gemischt wurde, den 
Angriffen der meisten Chemikalien widersteht. Die Alkohol 
probe und manch andere ist somit nichts mehr wert. 
Was das Beschauen der Rückseite eines auf Holz 
oder Ceinwand gemalten Bildes anbelangt, da weilj sich 
jeder geriebene Händler auch zu helfen, wie überhaupt 
die Käufer in der Regel nicht wissen, wie schlau und 
gründlich die Händler zu Werke gehen. So wird mittelst 
eines besonderen Ceims eine neue Kopie oder eine alte 
Rachahmung eines alten ITleisters an die Ceinwand eines 
wirklich alten, aber wertlosen Bildes sorgfältig geklebt 
und das Ganze hierauf in einem Ofen gebacken, wobei 
der Ceim sich fein oerteilt und die bei den Sammlern 
beliebten Sprünge entstehen, die für das sichere Zeichen 
eines hohen Alters gelten. Holzasche und Rauch geben 
auch ein scheinbares Zeugnis für das Alter und Cakritjen- 
saft kuriert ebenso wirksam ungläubige Amateure, als 
mit Husten behaftete Kinder. RTit einem Absud oon Süfjholz 
kann man nämlich einem Bilde den warmen, goldenen 
Ton geben, den die Sammler teuer bezahlen. Auch für 
die Herstellung der Fliegenflecke und des aus Staub und 
Schmutj gebildeten Belags haben die Fälscher ein bewährtes 
Rlittel. Sie bereiten, um Fliegenflecke auf einem Gemälde 
anzubringen, eine mischung mit schwachem Gummi 
und Tusch oder Sepia, tauchen darin einen feinen Pinsel 
ein und sprifjen sodann aus mehrere JTtefer Entfernung 
auf das zu alternde Bild. Die etwa zuoiel entstandenen 
Fliegenflecke werden leicht beseitigt, solange die Flüssigkeit 
nicht eingetrocknet ist. Kommen in einem Bilde Stellen 
oor, die den Kopisten zu schwer erscheinen — was freilich 
selten ist, weil die Kopisten meistens tüchtige Ulaler sind 
dann wird die betreffende Stelle mit einer Schmuijschicht 
belegt, gefirnist und sodann mit einem feuchten Tuche 
sorgfältig abgerieben. Das Wasser bildet mit dem Firnisse 
bald einen Schimmel, der oerlaufend angeordnet wird und 
dadurch den Anschein erweckt, als ob "der Schimmel auf 
die natürliche Weise entstanden sei. Beim Herstellen eines 
alten Bildes werden auch die Cinien nachgeahmt, die in 
der Künstlersprache pentimenti heifjen und angefangene, 
hernach aber oerbesserte Konturen bedeuten, Viele berühmte 
Bilder der Künstler haben solche pentimenti, die als Beweise 
der ursprünglichen Absichten der Künster gelten und die 
Fälscher wollen solche Zeichen der Echtheit nicht oermissen 
lassen. 
Über den Wert der Signaturen ist kurz zu sagen: 
Rur die Reulinge halten sie für untrügliche Zeichen der Echtheit, 
Es gibt Ulaler, die das Rachahmen der Signaturen als ihr 
Spezialfach gewählt haben und dies so gut können, dalj 
sie diese Kleister selbst täuschen könnten. Ein beliebter Trick 
der Händler ist, die Signatur unter einem der früher 
beschriebenen, schimmeligen Flecken anbringen zu lassen, 
um den Käufer die Entdeckung der Signatur zu überlassen, 
nachdem ihm eingeredet wurde, das Bild sei oon diesem 
ITleister. Geht der Käufer wirklich daran, den Schimmel 
zu beseitigen, dann triumphiert der Händler und hat eine 
sichere Kundschaft mehr. 
In früheren Zeiten waren die Rachahmer nicht selten 
heroorragende Künstler. Jakob uan Huysum malte Bilder, die 
er als solche oon Jan oan Huysum dreifjig Jahre nach dessen 
Tode oerkaufte. Konstantin Retscher malte uielemale das 
berühmte Porträt Karl I., das nun in fast allen grofjen Galerien 
oorhanden ist. Cuca Giordano worein unübertrefflicherRach- 
ahmer seiner Vorgänger und Daoid Teniers der Jüngere malte
	        
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