Hummer 8
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 125
fünfzehnte Jahrhundert zurück. Eins der ältesten ITtanuskripte zeigt
die Unterschrift des Herzogs Richard uon Uork, des Vaters
Eduard IV'.; es finden sich traurige Hufzeichnungen der unglück
lichen ITlnria, der Königin der Schatten, und selbstbewußte Briefe
der Königin Elisabeth; auch der Vertrag, durch den ITlaria, die
spätere Königin uon Schottland, die damals erst ein Kind oan zehn
ITlonaten mar, mit dem künftigen Eduard VI. uersprochen murde,
ist in der Sammlung uorhanden, Der Vertrag trägt als Datum
den 24. Oktober 1543. Siebenundzroanzig Jahre später ist ein
Brief ITlarias an ihren Schmager Karl IX. datiert und zroar aus
Chatsmorfh. Sie bittet ihn um Hilfe und uerlangt besonders, er
solle sich selbst an Elisabeth menden. Die Sammlung enthält aus
dieser Zeit eine interessante Urkunde, die zu dem Prozeß gegen
ITlaria Stuart gehört, nämlich das Original der Zahlungsanweisung
des hundert Pfund betragenden „Blutgeldes“ an Sir John Popham,
der den Prozeß in Fotheringay geleitet hat. Die Sammlung be
schränkt sich durchaus nicht auf Briefe der englischen Könige. Sie
enthält zum Beispiel sieben Briefe uon Catharina ITledici, die
zwischen 1560 und 1570 an ihre Tochter Elisabeth, Königin uon
Spanien, gerichtet sind, der ihre mutter gute Ratschläge erteilt.
Der Anfang eines dieser Briefe lautet: „Vertraue dich, meine liebe
Tochter, Qott an, denn Du hast mich ebenso glücklich gesehen wie
dich, in der Erwartung, nie eine andere Sorge zu haben, als die,
uan dem Könige, Deinem Vater, nicht genug geliebt zu werden,
der mir mehr Ehre antat, als ich nerdienfe; aber ich liebte ihn so (
sehr, daß ich, wie Du weißt, immer fürchtete, er liebe mich nicht
genug. Und Gott hat ihn uan mir genommen und hat mich, hier
mit nicht zufrieden, mit drei kleinen Kindern in einem fremden
Königreiche gelassen, wo ich keine Seele habe, der ich mich anuer-
trauen kann . ..“ Jn einem anderen Briefe Catharinas uon ITledici
beklagt sich die Königin bitter über die Feindschaft des Hauses
öuise nach dem Tode ihres ältesten Sohnes, Franz TT. Andere
ihrer Briefe behandeln die Intriguen des Admirals Coligny und
den Versuch des Herzogs uon tlemaur, den Herzog uon Orleans,
den späteren Heinrich 111., zu entführen. ATanuskripte aus Frank
reich reichen bis in die Zeit lTapoIcons III. Unter den übrigen
ATanuskripten oerdienen noch zwei Erlässe Crommells Erwähnung,
in denen die Pferderennen Derbofen werden, ferner zwölf Briefe
der Frau uon lllaintenan und das Originalmanuskript der Frau uon
Pompadour, in dem sic ihre letzten Verfügungen über ihre Besiß-
tümer niedergelegt hat. Gleichzeitig mit den lAanuskripten wird
ein zwölfteiliger Fächer aus demselben ßesitje zum Verkauf gelangen,
der die Autogramme uon zwölf berühmten Künstlern trägt, unter
ihnen die lTamen Whistler und Joachim.
Bibliophilie.
(Auktion der Bibliothek Dr. Horn.) In der Buchhandlung
uon TTlax Perl in Berlin gelangt uom 18. bis 2u. April die Biblio
thek aus dem Aachlasse des Bibliophilen Dr. Ernst Horn in
Blödling zur Versteigerung. Die aus 13S4 nummern bestehende
Sammlung enthält seltene Werke. Eines der wertuollsten darin ist:
J. de la Fontaine: (JoiiLes et Xouveiles en vers. Amsterdam, 1762;
es enthält 140 Kupferstiche Reich sind die Klassiker uertreten:
Von Goethe sind zwei Exemplare der bei Göschen in Ceipzig 1787
erschienenen achtbändigen ersten Ausgabe da, ebenso die erste in
13 Bänden bei Cotta erschienene Ausgabe 1806—1810, zwei Exem
plare der ersten Ausgabe uon Goethes neuen Schriften (Unger,
Berlin, 1792 — 1800) und die uollständige letzter Hand in 60 Bänden.
Hieran schließen sich uiele Erstausgaben einzelner Werke, u a.
Faust in drei Exemplaren, Göß uon ßerlichingen, Clauigo usw.
Ein Exemplar uon Goethes Gedichten letzter Hand trägt den llamens-
zug des Philosophen D. F. Strauß, aus dessen Besiß es stammt.
Von Schiller ist eine sehr seltene Ausgabe da, Gaedeke unbekannt:
Sämtliche Werke. 18 Bände, Wien bei Karl Gerold 1790 10; sowie
eine wohlerhaltene Gesamtausgabe der ersten uon Chr. G. Koerner
besorgten und bei Cotta 1812 erschienenen. Die Räuber sind mit
einem Exemplar der ersten Ausgabe und einem der ebenso sel
tener „zwoten uerbesserten Auflage“ uertreten. Van Don Carlos
ist ein breitrandiges Exemplar der ersten Ausgabe da, sodann die
Braut uon lAessina, Kabale und Ciebe, Wallenstein, Fiesko, Anthologie
auf das Jahr 1782; Auenturen des neuen Telemachs, Der Parasit.
Gedichte usw. Sehr reich ist Cessing uertreten; so durch den
ersten Druck der ersten Gesamtausgabe seiner Schriften. Berlin
bei C. F. Vaß 1753/55. Ferner durch Festausgaben uon Berengarius
Turonensis, Briefe antiquarischen Inhalts, Freundschaftlicher Brief
wechsel zwischen Ccssing und seiner Frau, Die Erziehung des
menschengeschlechts, Fabeln, Gedichte uon Andreas Scultetus. Die
Gefangenen, Hamburgische Dramaturgie, Caokoon, Custspicle Von
dem Zwecke Jesu und seiner Jünger, Wie die Alten den Tod ge
bildet, Nuiiiqae ea tristis imago. lllinna uon Barnhelm, ITafhan der
Weise, Die Trauerspiele, Des Herrn uon Voltaire Kleinere historische
Schriften, aus dem Französischen überseht uon G. E. Ccssing.
Weiter werden ausgeboten: Berlinische Oden und Cieder (48 Cieder
uon Cessing enthaltend) Ceipzig 1756 und: Theologischer llachlaß
Berlin. 1784.
(Rechts Schwierigkeiten bei der Veröffentlichung
uon Goethes Urmeister.) ln der leßten Ausgabe des Börsen
blattes für den deutschen Buchhandel findet sich folgendes Seifen
inserat: „Wilhelm lAeisters theatralische Sendung. Die Ver
öffentlichung findet im Herbst, sofern sie überhaupt erscheint,
in meinem Verlage statt. Weitere TlTitfeilungen folgen bald. Eugen
Diedrichs Verlag in Jena.“ Das merkwürdige Inserat, das es
uermutlich zu einiger literaturgeschichtlicher Berühmtheit bringen
wird, läßt es als möglich erscheinen, daß eine Veröffentlichung des
sensationellen Züricher Goethefunds zunächst überhaupt nicht erfolgt.
CTlan wird annehmen dürfen, daß sich die Bedenken des nun
mehrigen ßesißers des ITlanuskripts auf die Rechtslage im Falle
der Veröffentlichung beziehen. Es im Auslande oeröffentlichen will
er aus erklärlichen Gründen nicht. Für eine Veröffentlichung im
Reich aber ist die Rechtslage offenbar sehr merkwürdig. Was der
Diedrichssche Verlag erworben hat, ist ein ITlanuskript. An diesem
ist sein Besiß unbestritten: er kann unter anderem nicht dazu
gezwungen werden, cs zu ueröffentlichen oder eine Abschrift dauon
herzugeben. Was er aber nicht mit erworben hat, ist das Autor
recht an dem Roman; und ein solches besteht in Deutschland an
posthumen Werken dieser Art und mährt 10 Jahre uon der ersten
Veröffentlichung an. Ebenso in den durch Ciferaturkonoention mit
dem Reich uerbundenen Staaten. Wer besißt nun dieses Autorrecht?
Wenn direkte Erben fehlen, könnte jeder Tlachfahre eines beliebigen
Vorfahren Goethes es für sich reklamieren, und zwar — und das
ist das Bedenkliche — auch nach der Veröffentlichung durch den
Verleger, der dann entrechtet würde. Flur wenn ein solcher ITach-
fahre nicht auftritt, gehört das Autorrecht dem, der die Veröffent
lichung ueranlaßt. Ein mittel, etwaige Reklamanten zu zwingen,
sich schon jefqt zu melden, gibt es rechtlich nicht.
Bilder.
(Rembrandts „Jüdischer Student“.) Der Hcm-yorker
millionär Otto H. Kahn, der jüngst erst das Porträt uon Franz
Hals und seiner Familie für zwei ITlillianen Kronen erworben hat,
hat ein weiteres Gemälde für 700.000 Kronen angekauft. Es ist
dies Rembrandts „Jüdischer Student“, der sich bisher in der
Sammlung des russischen Kunstliebhabers Paul Delarom befand.
(Carrieres Verlaine-Bildnis.) Das berühmte Porträt des
Dichters Verlaine, das Carriere gefertigt hat, ist für das Cuxem-
bourg-niuseum angekauft worden und wird uon nun ab eine
Zierde dieser Sammlung bilden. Aus diesem Anlaß erzählt der
„Figaro“ die Geschichte der Entstehung dieses Werkes, die zugleich
ein Beweis ist für das tragische Schicksal des Dargestellten und
die geniale Schaffenskraft des ITlalers. Das Werk, das in zahl
reichen Abbildungen so uielen den Eindruck uon der melancholisch-
uisionären Traumkunst des großen Cyrikers uermitfelt hat, war
bisher fast uöllig unbekannt und in der Sammlung uon Jean Dolent,
einem Freunde Verlaines, uerborgen. Dolent, der auch Carriere gut
kannte, brachte eines Tages den Dichter in das Atelier des ITlalers.
Verlaine sprach nicht; er lief nur unruhig im Zimmer auf und ab,
irgendeiner wirren Phantasie nachhängend und unuerständliche
Worte murmelnd. Rasch griff Carriere zum Pinsel und arbeite un
unterbrochen. Hm Abend ging der arme Bohemien fort, den
runden Hut in den Hacken geschoben, seinen alten Schal um den
Hals geschlungen, das Porträt unter dem Arm; er sah wie ein
Farbenreiber aus, der auf Arbeit geht. Zwei Tage darnach erschien
er wieder bei Dolent, noch zerrissener und zerlumpter, aber sonst
in demselben Aufzuge. JITif einer wirren und zugleich uertrauens-
seligen llliene streckte er dem Freunde sein Bildnis hin. Der
Hunger trieb ihn, das Werk zu uerkaufen und mit 300 Franken
zag er ab. Bei dem Verkauf der Sammlung Dolent erzielte das
Werk 22.000 Franken, uon denen 17.500 Franken der Staat und
den Rest einige Kunstfreunde aufbrachten.
Philatelie.
(Tleuheiten.) Wir können heute wieder über eine größere
Anzahl uon Tleuheiten berichten:
Brunei ergänzt seine Serie 1908—09 durch eine Briefmarke
2 c. braunschwarz.