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Hummer 5
Internationale Sammler-Zeitung.
Eine der kostbarsten Bibliotheken der jüngsten Zeit mar die
oon Karl und Franz Trau im Verlaufe uan 50 Jahren gesammelte
Inkunabel- und rrtanuskriptensammlung, die im Jahre 1905 in Wien
oersteigert murde. Das bedeutendste Stück derselben mar der im
Jahre 1465 uan Fust und Schotter auf Pergament gedruckte „Cicero
officia et paradoxa“. Dieses Buch brachte den beträchtlichen Betrag
oon K 50.000 herein. 6s mag einen Begriff oon der Werfsfeigerung
derartiger Seltenheiten geben, roenn man hört, dafj dasselbe
Cxemplar dieses Buches 20 Jahre uorher für den Preis oon zirka
K 5000 oerkauft murde. Der Wert hat sich also oerzehnfacht.
Troß des engen Rahmens dieses Artikels kann ich nicht umhin,
auch einiger bedeutender Bibliophilen unserer Jeßfzeit zu gedenken.
Vor allem des regierenden fürsten Johann Tiechfenstein, dessen
Bibliotheken zu Wien, feldberg etc. mit den berühmtesten öffent
lichen Bibliotheken an Reichtum und Bedeutung rioalisieren. Sehr
kostbar und besonders an Uianuskripten mit llliniaturen und
Werken des XV. und XVI. Jahrhunderts reich ist die Bibliothek
Sr. Cxzellenz des Grafen Hans Wilczek auf Schloß Kreuzenstein.
Bücherliebende Geschlechter sind auch jene der fürsten Schroarzen-
berg, der fürsten Trautmannsdorff, der Grafen Schönborn,
JFinsky, Harrach und Hardegg, roie überhaupt der öster
reichische Adel in seinen Schlössern zahlreiche kostbare Bücher
sammlungen beherbergt. Sammler und Amateure, roie Rudolf
Ritter oon Gutmann, Dr. llliller oon Aichholz, Dr. Tanger,
Dr. figdor, Dr. oon Pfeiffer, Dr. Heymann u. o. a., die in
ihren Bücher- und Kunstschäßen leben und sie zum Außen der
Wissenschaft und Kunst freistellen, dürfen nicht übergangen
roerden.
Jn Ungarn mar stets die Verehrung für das gedruckte
geistige Produkt in den gebildeten Kreisen in hohem Kloße mach
und zahlreiche bedeutende Prioatbüchersammlungen geben hieroon
Kenntnis. 6s ist allgemein bekannt und in zahlreichen Schriften
geroürdigt, mas König JUatthias Coroinus durch seine Tiebe zu
den Büchern für Wissenschaft und Kunst geleistet hat. Die oon
ihm angelegte Sammlung oon Handschriften murde leider mährend
der Türkenkriege teils zerstört, teils geraubt und nur einige öffent
liche Bibliotheken können sich des Besitjes oon Corvinu-Codices
rühmen. Heroorragende Bibliophilen in Ungarn roaren und sind
die fürsten 6szferhäzy, deren Schäle in Visenstadt Sehens-
mürdigkeiten bilden, fine der größten Prioatsammlungen bildet
die oon Grafen Samuel Teleki 1795 in ITlaros-Vdsörhely angelegte
Bibliothek. Heroorragende Verdienste um die Bücherpflege erroarb
sich Graf franz oon Szechenyi durch die Schenkung seiner groß
artigen Biblothek an die ungarische Ration. Sie bildet den Grund
stock der zum Ungarischen llatianalmuseum gehörigen Szechenyi-
Tandesbibliothek, der größten und reichsten Bibliothek des Tandes.
Bedeutende ungarische Bibliophilen roaren UJartin Georg Kooachich
(1745 1821), IJJartin Georg Ragy, dessen kostbare Sammlung
ungarischer Inkunabeln und lllanuskripte der ungarische Staat für
125,000 Gulden ankaufte, Tudroig farkas und Stefan llagy.
Unter den geistlichen Würdenträgern roäre besonders der Kardinal
und Fürstprimas oon Ungarn Johann Simor in Gran (1815—1891)
und der Domprobst Josef Dankö in Preßburg (1829 — 1894) her-
oorzuheben. Beide oon tiefer Gelehrsamkeit und außerordentlichem
Kunstsinn beseelt. Ihre Büchersammlungen enthielten soroohl an
Drucken, als auch an Handschriften die herrlichsten Schöße und
ein großer Teil derselben fiel nach deren Ableben an öffentliche
Sammlungen Ungarns. Jn ihrer Art einzig und sehr kostbar mar
die Bibliothek des königlichen Senatspräsidenten Georg oon Rath.
Sie enthielt die seltensten Hungarica und gelangte in den Besiß
der königl. ungarischen Akademie der Wissenschaften. Ähnlich ist
die Bibliothek des Grafen Alex. Apponyi, eines feingestimmten
Bibliophilen, dessen glänzend ausgestatteter Bibliothekskatalog
seine gründlichen Studien und seine Tiebe für Bücher dokumentiert.
Sehr bedeutend ist auch noch heute der Anteil des ungarischen
Adels an der Pflege der Bibliophilie. Die familien der Grafen
Kdrolyi, Karütsonyi, Zichy, Teleki, Szechenyi, Vigyäzö,
unterhalten zum Teil herrliche Bibliotheken auf ihren Schlössern.
Selbstuerständlich finden sich ebenso zahlreiche Bücherfreunde und
Sammler unter den übrigen Ständen, ich ermähne nur die Samm
lungen des Professors frischer und des ITlalers Scholz in
Budapest. Sie sind roeit über die Grenzen des Tandes hinaus
bekannt.
6s ist selbstuerständlich, daß der mir zugeroiesene enge
Raum ein meiteres fingehen in dieses Thema nicht gestattet,
meine Arbeit ist eine fragmentarische und soll nur in schroachen
Umrissen den Beroeis liefern, daß in Österreich und Ungarn stets
und in allen gebildeten Kreisen das Verständnis für die Bedeutung
und den Wert des Buches uorhanden mar und gepflegt murde.
Frankreich, fngland und Amerika sind uermöge ihres größeren
Reichtums in der angenehmen Tage, höhere Preise für seltene
Bücher zu bezahlen als mir. Die Tiebe zum Buche und der Wunsch,
dasselbe zu besißen, ist aber bei uns in gleichem IJlaße oorhanden
nnd cs gab in jügster Zeit Fälle, roo der Opfermut oaterlähdischer
llläcene kostbare Schöße den mitberoerbenden Ausländern ab'
gerungen und heimischen Bibliotheken einoerleibt hat.
Ein römischer Gräberfund in Dänemark.
6in interessanter Gräberfund aus der römischen Periode des
eisernen Zeitalters murde im vergangenen Sommer auf dem Besitz
tum der Baronin Jullinge auf der Insel Tolland gemacht. Das
dänische llationalmuseum hat sich durch die oerhältnismäßig
glückliche Bergung der bedcutungsuollen Fundgegensfände sehr
oerdienf gemacht; die Stücke roerden nächstens im dänischen
Rafionalmuseum der Besichtigung zugänglich gemacht roerden.
Liber den Fund hat uor einigen Tagen der JTluscumsdirektor Herr
Sophus müller in einer Versammlung der dänischen Gesellschaft
für Altertumsforschung einen Vortrag gehalten und hierbei u. a.
ausgeführt:
Fremde Arbeiter, die bei einer Zuckerfabrik auf Tolland be
schäftigt roaren, stießen im Jahre 1908 zufällig auf ein Grab, dessen
Inhalt sie indessen rücksichtslos durcheinander roarfen. Zufällig
aber erhielt das JTJuseum oon ITlaribo (Tolland) oon der Sache
Kenntnis, und mit frlaubnis des Grundstücksbesitzers Grafen Friis
rourden nun die folgenden Ausgrabungen durch das dänische
Rafionalmuseum geleitet. Jm uorigen Jahre gelang es dem Kon-
seroator des JJluseums, Herrn Rosenberg, drei unbeschädigte
Gräber bloßzulegen, non denen das eine mit dem darunter befind
lichen Tehm herausgehoben murde. Dieses Grab murde in uiroer-
ändertem Zustande dem JRuseum zugeführt, roo es in diesem
Zustande ausgestellt roird, nachdem die im Grabe gefundenen
Gegenstände präpariert morden sind. Dieses Grab lag etroa zroei
IJleter unter der Grdoberfläche und enthält die Teiche einer etma
dreißigjährigen roeiblichen Person; die Frau ist ziemlich groß ge-
roesen: 1'6S Dieter. 6ine reiche „Aussteuer“ oon Schmucksachen
mar ihr ins Grab mitgegeben morden; an jeder Schulter hatte sie
eine Bügelnadel aus Silber, an der Brust zroei solche, die Radeln
sind so ticfestigt geroesen, roie sie oon den römischen Frauen ge
tragen rourden, roas für die Annahme spricht, daß die Frau römische
Tracht getragen hat. Am Kopfe lagen zroei Haarnadeln aus Silber
mit Knöpfen oon Filigranarbeit aus Gold; am Ringfinger der rechten
Hand trug sie einen Goldring, in der Form eines modernen Ver
lobungsringes; nus der folgenden Periode hat man in mehreren
Fällen einen solchen glatten, goldenen Ring gefunden er hat
sicher eine größere Bedeutung als ein qemöhnlicher Schnvuckqeqen-
stand gehabt.
Rachdem man die steinerne Schicht entfernt hafte, fand man
am Hauptende dieses Grabes eine Holzschicht und darin die Reste
eines Toilettenschreins mit Schloß. Die Tage des Schlosses zeigt
aber, daß der Deckel offen gestanden hat. Jm Schrein lagen eine
Bronzeschere, ein Bronzemesser und eine Bronzenadel. An der
Seite des Schreins lag ein geschliffenes Glas; roeiter fand man im