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Internationale Sa m ml er-Z ei tu n g. 
Hummer 14 
ist zum Unglück noch an drei Stellen mit dicken Bändern um- 
rounden, die aussehen tnie tlletallreifen, mit denen man ehemals 
die hölzernen Kanonenrohre umwickelte. Die neue ITlarke ist um 
einen figürlichen Schmuck bereichert morden, nämlich um den 
britischen löwen; außerdem trägt sie zu dem alten Texte, der 
oben „lYstisjv aM lt>‘ o in-“, unten „•> c ivnin“ lautet, den 
Wert in Zahlen. Was zunächst den Cöwen angeht, so haben eng 
lische Kunstkritiker mit Recht an ihm getadelt, daI3 er ebenfalls 
uerunglückt ist. Die uordere Partie ist ganz erträglich, aber die 
ganze hintere Hälfte, nor allem die Schenkel, sind uiel zu flach 
und muskelarm; außerdem scheint der Schwanz aus dem Schenkel 
herauszuwachsen Durch die Anbringung des Cöwen hat der Text 
„Ore IVi uv“ seinen ursprünglichen Plaß uerloren, und so muffte 
er nach unten rücken. Das ist ein weiterer ITIangel. Bei der alten 
lllarke ist der Text nämlich innerhalb der fläche angebracht, jel3t 
aber ist er gewissermaßen aus ihr herausgerückt und wirkt wie 
ein Anhängsel. 
Uer5chieöene5. 
(Pierpont ITlorgan als Sammler.) Aus Budapest 
wird gemeldet: Der amerikanische ITlilliardär Pierpont lllorgan 
hat, wie „Az Est“ meldet, dem Grafen Erdödy das Anbot gestellt, 
das ganze Galgoczer fideikommiß der familie Erdödy zu kaufen. 
Dieses Anbot hat eine außerordentlich interessante Vorgeschichte, 
lllorgan ist bekanntlich ein leidenschaftlicher Sammler non Kunst 
werken und Altertümern. Cr hatte nun in Erfahrung gebracht, daß 
in dem Galgoczer Schlosse des Grafen Crdödy wertuolle Kunst- 
schäße aufbewahrf werden, so unter anderem eine besonders wert 
uolle Throndecke, die ursprünglich Eigentum des Königs lllatthias 
Coruinus gewesen sei. ITlorgnn stellte dem Grafen Crdödy zu 
nächst den Antrag, daß er diese Kunstschäße kaufen wolle, die 
der frühere Herr des fideikommisses Galgocz, Graf Rudolf Crdödy, 
auf 700.000 K geschäßf hatte. ITtorgan fügte jedoch gleich hinzu, 
daß er auch geneigt wäre, einen oiel höheren Preis zu bieten. Ein 
familienraf der gräflichen familie Crdödy, der nach Galgocz einbe 
rufen wurde, erklärte sich mit dem Verkaufe einoerstanden, wenn 
IHorgan für die Kunstschäße einen Preis non sieben lllillionen 
Kranen zahle, lllorgan nahm das Anbot an und bat um eine 
rasche Abwicklung des Geschäftes. Graf Crdödy machte nun dem 
Ulinisterpräsidenten Grafen Khuen-Hedernary non der Ange 
legenheit mitteilung. Der ITlinisterpräsident erklärte jedoch, daß 
die Kunstschäße Eigentum des fideikommisses seien und deshalb 
nicht oerkauft werden können. Ein neuer familienrat machte darauf 
ITtorgan das Anbot, er möge das ganze fideikommiß an sich bringen, 
wobei dann auch die Kunstschäße in sein Eigentum übergehen 
würden. ITtorgan erklärte sich auch damit einuerstanden. Die 
ungarische Regierung nahm jedoch den Standpunkt ein, daß ein 
fideikommiß unverkäuflich sei. Es könne nur mit Zustimmung des 
Kaisers oeräußert werden, doch werde die Regierung dem Kaiser in 
ablehnendem Sinne referieren. Graf Crdödy hat hierauf einen neuen 
Weg betreten. Es wurde festgestellt, daß die Veräußerung des 
fideikommisses in dem falle möglich märe, wenn statt des 
oerkauften fideikommissarischen Besißes ein anderer Besiß mit 
demselben Inuentarmerte gekauft und fideikommissarisch gebunden 
werde. Da min lllorgan weit mehr als den Inoentarwert für das 
Gut zu bieten geneigt war — der Preis soll sogar ein mehrfaches 
des gesamten Jnoentarmertes betragen haben — würde der familie 
Crdödy ein Überschuß oon mehreren lllillionen Kronen übrig bleiben. 
Graf Emmerich Crdödy hat ein diesbezügliches Gesuch der fidei 
kommissarischen Behörde bereits überreicht. „AzCst“ hat in dieser 
Angelegenheit auch den Justizminister S z e k e I y und den Referenten 
der Kunstabteilung des Kultus- und Unterrichtsministeriums ITlini- 
sferialrat Ci p pich befragt. Der Justizminister erklärte, daß die 
Angelegenheit noch nicht durch seine Hand gegangen sei. JTlinisterial- 
rat Cippich aber meinte, daß sich die Sache noch in einem sehr 
frühen Stadium befinde und noch die fideikommissarische Behörde, 
das Justizministerium und den lllinisterrat zu passieren habe, be- 
oor sie uor den Kaiser gelangt, der die endgiltige Entscheidung 
treffen wird 
(Briefe Peters des Großen im Wurstladen.) Eigen 
händige Briefe des russischen Zaren, Peter der Große, wurden, 
wie aus St. Petersburg geschrieben wird, in dortigen Wurst- 
und Heringsläden aufgefunden, wo sie als Packpapier Verwendung 
gefunden hatten. Die Vorgeschichte dieser selbst für russische Ver 
hältnisse skandalösen Vorgänge ist folgende: Peter der Große 
hat seinerzeit mit dem Grafen T a t i s ch t s ch e w, dem Präsidenten 
der staatlichen Uralbergwerke, wegen Ausbeutung des in den Berg 
werken enthaltenen Reichtums einen großen Briefwechsel geführt. 
Diese Briefe des Zaren wurden oon dem Grafen Tatischtschew in 
das staatliche Archio der Bergwerke, das sich in Jekaterinburg 
befindet, einoerleibf. Die jeßige Verwaltung der Uralbergwerke ging 
nun mit der Absicht um, die ganzen alten Akten zu oerkaufen; 
sie fühlte aber nicht die Verpflichtung, „ich oon dem Inhalt und 
der Bedeutung des Archios zu überzeugen. Die Akten wurden alle 
herausgesucht und oor drei Wochen auf einer öffentlichen Ver 
steigerung ausgeboten. Die ganze „lllakulafur“, die einen Wert oon 
oielen IOO.OOO Rubeln hatte, ging für ein paar Pfennige fort. Der 
Käufer war der Inhaber einer größeren Anzahl oon llahrungs- 
mittelgeschäften, darunter auch mehrere Wurstläden. Ein Altertums 
forscher und Professor sah eines Tages, daß die lllagd die Wurst 
in einem eigenartigen alten Papier mit Krone eingewickelt hatte 
und sah sich das Papier näher an. Er erkannte bald, daß er einen 
eigenhändigen, sehr bedeutsamen Brief des' großen Zaren Peter 
oor sich hatte. Er ging auf der Stelle zum Wursthändler, um sich 
über die Herkunft dieses großartigen Schriftstückes zu unterrichten. 
Hier erfuhr er, wieso diese seltenen und kostbaren Archiodokumente 
in den Wurstladen gekommen waren. Aun ging sein erstes Be 
streben dahin, zu oerhüten, daß nicht noch weitere Wertobjekte 
auf eine so unwürdige und haarsträubende Weise oernichtet würden. 
Er erbot sich, jeden Preis für den Rest des Archios zu zahlen, und 
die kunstoerständige Verwaltung gab es ihm für ein paar Pfennige 
hin, da sie froh war, der Anseßung eines neuen Auktionstermins 
und aller damit oerbundenen Schwierigkeiten enthoben zu sein. 
mu5een. 
(Die Sammlung 11 eines in der Alten Pinakothek.) 
Aus 111 ü nchen wird berichtet: Seit Kurzem beherbergt unsere 
ehrwürdige Galerie neben der rühmlich bekannten Sammlung 
Carstanjen eine weitere leihgabe non prioater Seite: Die Samm 
lung des Herrn 111 u. llemes (Budapest). Zwar nicht die ganze 
Sammlung, die etwa hundert Gemälde umfaßt, sondern nur 56 Stück. 
Aber diese drei Dußend Bilder stellen nicht nur eine Auslese des 
Besten aus der Sammlung selber dar, sie gehören auch zum aller 
besten Kunstbesiß überhaupt, und jede Galerie dürfte es sich zur 
Ehre rechnen, diese ITleisterwerke oormeisen zu können. Wir 
sehen oor allen Dingen Greco, acht Werke aus oerschiedenen 
Zeiten, ergänzt durch die „Entkleidung Christi“ unserer Pinakothek 
und eine höchst interessante Caokoon-Gruppe, ein großes frühwerk, 
in dem die 00m Eicht modellierten, äußerst kühn gestellten Akte 
oor einer weiten Candschaft gruppiert sind. Eine „Heilige familie“ 
(um 1600) und „Christus am Ölberg“, ein spätes Werk, sind wohl 
die koloristischen Glanzstücke der Serie. Es ist schlechthin bewun 
derungswürdig, wie Greco durch farbige Cichtempfindungen zu 
charakterisieren weiß, etwa den weltentrückten Christus in mystisch 
kalte Töne hüllt, während die schlafenden Jünger im Vordergründe 
oon ganz irdischen färben und kräftigen Cichtern sozusagen triefen. 
Er oerzichtet oft genau wie die Impressionisten auch, auf die Kenn 
zeichnung des Stofflichen, zu Gunsten dieser farbigen Ceuchtkraft. 
Und dennoch gibt er der Jungfrau auf der „heiligen familie“ ein 
gläsernes fruchtschälchen in die Hand, das in seiner durchsichtigen 
Zartheit ebenso oollendet den Eindruck der ITlalerei spiegelt wie 
etwa der fließende Silberschleier der ITladonna. Zwei Porträts, 
der junge Cuis Gonzaga (1584) und ein spanischer Kardinal (um 
1600) beides Brustbilder, zeigen den Künstler oon der besten Seite 
objektioer ITlenschenbeobachtung. Seine religiöse Inbrunst, soweit 
sie sich in stereotypem Augenaufschlagen, in stehenden Gesten,
	        
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