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Internationale Sammler-Zeitung.
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Verdienst zuzurechnen, daß er jede ITlöglichheit lienußt hat, um
eine Sammlung dieser Insekten zusammenzubringen, die als die
weitaus reichste der Welt gerühmt worden ist. Als der Card sie
im Jahre 1901 durch einen Spezialkenner besichtigen und abschäßen
ließ, wurde die Zahl der in uorzüglicher Erhaltung norhandenen
Exemplare auf mehr als 200.000 festgestellt. Sie umschlossen
ungefähr neun Zehntel aller bekannten Arten, dazu aber auch nach
eine große IHenge uon unbearbeiteten formen. Seit jener Zeit
wurde die Sammlung noch um rund 60.000 Stück oermehrt. Was
eine derartige Sammeltätigkeit für die Wissenschaft bedeutet, geht
aus der ITlitteilung heroor, daß das grofje londoner lAuseum bisher
nur etwa 4000 Arten oon Kleinschmetterlingen besaß, dagegen
durch das fürstliche Geschenk des Cords um ungefähr 45.000 Arten
bereichert werden wird. Als Zugabe hat Cord Walsingham dem
Staat auch noch eine wichtige Bibliothek geschenkt, die einen
großen Teil der oorhandenen Citeratur über Kleinschmetferlinge
umfaßt. Cord Walsingham hat sich schon mehrfach als Gönner
des Britischen ITluseums bewiesen und hatte bisher wenigstens
15,000 Tierarten überwiesen, darunter eine glänzende Jnsekten-
sammlung aus Kalifornien und eine besonders wertoolle Zu
sammenstellung oon britischen Schmetterlingen und JTloften, deren
Raupen in oerschiedenen Stadien ihres Wachstums neben den
oollkommen ausgebildeten Insekten auf ihren futterpflanzen ange
bracht waren.
Keramik.
(mittelalterliche Keramiken.) Aus florenz wird uns
geschrieben: Während in Perugia, Deruto, Todi und Gubbio die
Untersuchungen alter Brunnen bisher meist nur unbedeutende
funde mittelalterlicher Keramik zutage förderten, ist neuerdings in
den alten Brunnen uon Oroieto eine ganz außerordentlich grofje
Itlenge wertvollen lllaterials zum Vorschein gekommen. Wie be
kannt, hatte im ITliftelalter jeder Bürger die Verpflichtung, die zu
seinem Hause gehörigen Straßen sauber zu halten. Jn Oroieto
machten sich die Einwohner die eigentümliche Beschaffenheit des
oon tiefen Rissen durchzogenen Tuffsteins zunuße, und in die
felslöcher und Brunnen hinter ihren Häusern warfen sie zer
brochenes Geschirr, Glasgeräte und alte Haushaltungsgegensfände,
deren sie sich entledigen wollten, für die Geschichte bestimmter
mittelalterlicher Gebräuche und für die zeitliche Aufeinanderfolge
der einzelnen Gefäßformen und ihrer Dekorationsmotioe haben
die alten Oruietaner Brunnen eine ähnliche Bedeutung, wie die
„Kjökkenmöddingen“ uorhisforischer Zeiten. Ganz unten finden
sich die Gefäße ohne Glasur, darauf folgen Töpfe mit weißer,
grüner und dunkeloioletter Glasur, dann die grünen und die blauen
mit Tropfenmustern, mit Glasuren oon solcher Stärke, daß sie fast
ein flachrelief ergeben, darauf die oielfarbigen ITlajoliken mit
JTlefallüster. Die primitioen Oruietaner Gefäße zeigen geometrische
oder blattförmige lAusterung, gelegentlich griechisch-etruskische
Dekorationsmotioe, häufig auch die Wappen alter familien oder
der jeweiligen Podesta und Capitani del Popolo. Von einigen be
sonders interessanten Stücken machte kürzlich Peride Perali ITlit-
teilung. Ein großes Gefäß wies eine mittelalterliche Redaktion des
ITlythus oon Ödipus und der Sphinx auf, ein Teller zeigte die
Cilien des Hauses Anjou zwischen zwei Wappen der IHonaldeschi
und das alf£ Symbol der Stadt Oroieto, eine gekrönte Sirene, die
mit den Händen ihre beiden Schwänze umfaßt, nach der Aleinung
Peralis wäre dieser interessante Teller mit einem der Besuche
Karls oon Anjou in Oroieto in Verbindung zu bringen. Andere
Gefäße zeigen Allianzmappen und geben sich a s Hochzeitsgeschenke
zu erkennen. Verhältnismäßig selten finden sich Darstellungen
menschlicher figuren. Um so häufiger dagegen sind Tierfiguren,
namentlich der guelfische Cöwe und der ghibeliinische Adler, ferner
der Pfau, der Star, der Hirsch. Daneben kommen auch phanta
stische Bildungen oor, z. B. Hörnen und Schlangen mit mensch
lichem Kopf. Auf den Gefäßen mit Reliefschmuck sind bestimmte
Pflanzenornamente mit Alaiskolben und Pinienzapfen als Sinnbilder
der fruchtba keit anzutreffen. Die ITlajoliken mit Überlaufglasur
und Tropfendekorationen sind meist alte Aachahmungen toska
nischer Erzeugnisse. Ein weniger starkes Blau und eine gewisse
Unkorrekfheit der Zeichnung unterscheiden sie oon diesen auf den
ersten Blick. Illoderne Aachahmungen, die zum Teil mit großem
Geschick angefertigt sind, kommen seit einiger Zeit in großen
Klengen in den Kunsthandel. Ein großer Teil der Oruietaner
Brunnenfunde ist nach auswärts oerkauft worden. Von deutschen
lAuseen besißt Schwerin eine hübsche Sammlung Oroietaner
fragmenfe; in florenz hat der Antiquar Elia Volpi eine in ihrer
Art fast oollständige Sammlung dieser Keramiken oereinigt. Wichtig
für das Studium sind ferner die Kollektionen des Aooocafo Alar-
cioni, des Ingenieurs Riccardo lAaurini in Oroieto und des
Herrn A. Hubert, der kürzlich in seinem Buche: „Ceramiche
mndioftvali orvietane“ die Aufmerksamkeit der Sammler und der
forscher auf diese Erzeugnisse umbrischer Keramik zu lenken
oersucht hat.
numismatik.
(neue lAünzen.) mit Beginn dieses Jahres wurden in
Rumänien neue Silbermünzen mit dem Bilde einer Hanfbüschel
schneidenden Bäuerin und der Jahreszahl 1910 ausgegeben. - An
neuen b e I g i s ch e n lAünzen sollen zunächst Stücke zu 2 und 50 Cn.,
zu 1 und 2 fr. hergestellt werden. Die leßten drei münzsorten
werden auf der Aoersseife das Bild des Königs Albert tragen, die
2 Centimestücke sollen den Aamenszug erhalten, dessen Anbringung
stößt aber wegen der Durchlochung der lAünzen noch auf
Schwierigkeiten.
(Kometendarstellungen auf antiken münzen.) Der
Aumismatiker Jmhoof-Blumer berichtet in der „Aeuen Zürich.
Ztg.“: „Bei Beginn des 1. Jahrh. oor Christus erinnerte man sich
der gewaltigen Himmelszeichen, die in der zweiten Hälfte des 2
oorchrisllichen Jahrhunderts so großen Schrecken oerbreitet hatten,
und hielt sic für Gö'terzeichen, die die künftige Größe des ponti-
schen Reiches unter lAithradates Cupator ooraussagten. Tat
sächlich haben in den Jahren 136—134 und wieder im Jahre 119
o. Chr. oerschiedene besonders glänzende Kometenerscheinungen
stattgefunden. Da lAithradates im Jahre 131 geboren wurde und
sein Vater 120 starb, seßte man diese astronomischen Vorgänge
in Beziehung zu dem großen pontischen König, und zur Erinnerung
daran mag oon einem pontischen Vizekönig am kimmerschen Bos
porus oder in Kolchis jene seltene Kupfermünze geprägt morden
sein, die einen Kometen im Bilde führt. Ein Analogon dazu haben
wir in Rom, wo Kaiser Augustus in Erinnerung an den glänzenden
Kometen, der im Jahre 44, sechs lAonate nach der Ermordung
seines Vaters, am Himmel erschien, einen Denar prägen ließ, der
den berühmten Stern der Julier oerewigte. Im gleichen Sinne ist
der Steinbock als lAünzbild des Augustus zu erklären, indem der
Begründer des römischen Kaiserreiches unter diesem Zeichen des
Tierkreises geboren wurde und durch seine Umgebung dazu gebracht
worden sein mochte, auch dieses Zeichen als Horoskop seines Glückes
zu betrachten. Aus diesen münzgeschichtlichen Befrachtungen geht
heroor, daß, so sehr auch im Altertum die Schweifsterne als Vor
zeichen blutiger Ereignisse aufgefaßt wurden, man diese dann doch
wieder als glückliche Omina betrachtete und sie zum Ruhme der
Götter, Herrscher und Städte, zum Gedächtnisse glücklicher Ereignisse
und ruhmvoller Taten oerwendete.“
(Preise oon der lAerzbacherschen JAünzauktion.) Aus
lAüncher wird l?richtet: Die Auktion römischer und griechischer
lAünzen, die oci de n Aumismatiker Eugen lAerzbach er stattfand, ist
höchst erfolgreich oerlaufen. Die hervorragenden Bronzen und die
wie frisch aus der lAünze gekommenen Goldmünzen aus der römi
schen Zeit haben außergewöhnliche Preise erzielt, und es ist ein
Rekordpreis für eine antike Bronze erreicht worden, für die
Augustusbronze Ar. 1122 wurden oon dem ersten Condoner
lAünzhause 1575 JAk. gezahlt. Auch Ar. 1205 und 1213 (llero-
bronzen) erreichten oerhältnismäßig hohe Preise: 220 und 425 lAk.
Das Porträt des Galba (1246) und das des Vitellius (1260 und 1268)
erreichten 505, 360 und 445 lAk., und in der Preislage zwischen
200 und 600 lAk. wäre noch eine große Anzahl Bronzen zu nennen.
Von den römischen Goldmünzen erzielte Ar. 433 (Gens Cassia)
500 lAk., Ar. 697 (Gens Junia) 650 lAk., Ar. 1784 (Aureus des
Septimius Seoerus mit Julia, Caracalla und Geta) 495 Alk., Ar. 1824
(Elagabal) 420 Alk., Ar. 7056 (die Konstantinmedaille) 750 )Ak. —
Um oon den Griechen nur die allerheroorragendsten zu nennen,
so wurden Ar 2351, 2352 und 2354, drei Didrachmen oon Erofon,
mit 795, 1400 und 1200 lAk. bezahlt. Die herrlichen Syrakusaner
Ar. 2572 und 2575, Dekadrachmen des Künstlers Euainetos, brachten
es auf 2200 und 1575 JAk. Erwähnenswert sind noch Ar. 2716,
Tefradrachme uon Chalcidice, 820 )Ak.; Ar. 2884, der Stüter oon
Cocri Opuntii, 625 lAk. und Ar. 2901, der sehr seltene Stater oon
Theben, 905 Alk,; Ar. 5055 und 3056, Tetradrachme uon Cyzikus
und Goldstater oon Campsakus, 1150 und 1500 lAk. und Ar. 5181,
die Goldtetradrachme der Kleopatra IIJ., lloo Alk. Die lAünz-
kabinette haben auf dieser Auktion im Ganzen weniger gekauft
°! s die großen Händler aus Condon, Paris, Wien, lAünchen; aber
die Alünchener lAünzsammlung hat für einen geringen Preis
(200 lAk.) einen Tetrobol uon Dicaea erstanden, den man als
eines der entzückendsten Werke antiker Kleinkunst betrachten darf.
Einen interessanten Auftrag hatte ein amerikanischer Kunst
freund gegeben: er ließ sich durch seinen Condoner Vertrauensmann