MAK
Seife 86 
Plummer 6 
Internationale Sammler-Zeitung. 
veröffentlicht. Gr hat damals mehrere hundert Gemälde 
non alten meistern ersten Ranges aus Italien in die grollen 
europäischen Sammlungen gebracht; sieben der non ihm 
aufgespürten und erroorbenen Bilder schmücken heute z. B. 
die Condoner national Gallery. Sein erster Kauf mar 
sogleich mit einem merkwürdigen Erlebnis nerbunden. Gs 
handelte sich um ein seltenes Werk des Fra Angelico, 
eine Darstellung des Jüngsten Gerichts, die non einem 
unbekannten PRanne dem Bilderrestaurateur ITlatti ange- 
bofen roar. ITlotfi hatte das sehr schmutjige Werk, dessen 
Farbenpracht erst nach der Reinigung zum Vorschein kam, 
für 400 Scudi ermorben und bot es nun, nachdem er sich 
non der Gchtheit dieses mysteriösen Fundes überzeugt hafte, 
der Condoner Galerie an, die damals noch kein Werk des 
großen manches non Fiesoie besafj. Ponzone rourde nach 
Gngland geschickt und sollte 5000 Scudi, d. h. 20.000 ITlk. 
oerlangen. Der Preis erschien zu hoch, doch erregte das 
Werk solches Interesse, daf; der Direktor Gastlake selbst 
nach PRailand fuhr und es dort schließlich für 2500 Scudi 
ercoarb. Als die Arbeit Fra Angelicos nun nach Condon 
gebracht rourde, erlitt das Schiff, auf dem sie sich befand, 
Schiffbruch und das so geheimnisooll aufgetauchte Werk 
schien roieder auf immer in das Dunkel der Verschollenheit 
zurückoersunken. Da ereignete sich zroei Jahre später ein 
neues Wunder. Ponzone befand sich gerade in Genua, 
als ihm ein Seemann zufällig ein Bild zeigte, das er bei 
einem Schiffbruch aus den Wellen aufgefischt hatte und 
das sich als der bei dem Schiffbruch mit untergangene Fra 
Angelico erwies. Der Schiffer hatte den goldenen Rahmen 
auf den Wellen hin- und herschaukeln sehen und ihn ans 
Band gefischt. Gr hatte oon dem oerlorenen Fra Angelico, 
der oiel Aufsehen machte, gehört und bot ihn nun für 
1000 Scudi an. Obgleich das Bild stark beschädigt toar, 
erwarb es Ponzone doch roieder und oerkaufte es für 
20.000 Cire weiter; es befindet sich heute in Amerika. 
Gine ganze Anzahl oon Botticellis kam damals 
durch den rührigen Bilderhändler zum Verkauf. So erwarb 
er oon einem anderen Gngländer Barker für den Spott 
preis oon 500 Scudi das berühmte Bild oon „Alars und 
Venus“, das jeijt in der Condoner Rational Gallery hängt. 
Gin anderes Bild Botticellis, eine Heiligendarstellung, ent- 
[ deckte er bei einem Signor Barili, für dessen Vorfahren 
der maler selbst das Bild geschaffen haben sollte. Aber 
Barili wollte sich daoon nicht trennen; erst als zwei Gnkel 
das Bild erbten, glaubte der Händler mehr Aussicht zu 
haben. Doch die beiden Grben lagen, obwohl sie Zwillinge 
waren, miteinander in heftigem Streit: der eine wollte den 
Botticelli oerkaufen, der andere nicht, Ponzone bot ihnen 
5000 Cire. Schließlich wurde der eine Zwilling so wütend, 
daß er die eine, ihm gehörige Hälfte des Bildes durch 
Reooloerschüsse oöllig zerstörte. Die andere Hälfte ging 
dann in den Besits Ponzones über und wurde oon ihm 
für 6000 Cire weiter oerkauft. 
Gin aufregendes Abenteuer knüpfte sich an einen 
herrlichen Tizian, den die manche einer oenetianischen 
Kirche für 22.000 Cire oerkaufen wollten, um notwendige 
Restaurationsarbeiten an dem Bauwerk oorzunehmen. 
Ponzone besaf] zufällig eine gute Kopie des Werkes, die 
an der Stelle des Originals aufgehängt werden sollte. 
Alles mufjte auf die geheimste und oorsichtigste Weise 
geschehen, denn es mar im Jahre 1878 und die Regierung 
hatte bereits oon dem Plan etwas oerlauten hören. Als 
die Priester und der Händler sich des Rachts in der Kirche 
einfanden, um den Umtausch oorzunehmen, erwies sich die 
Kopie als zu gro^ und es mußten drei Zoll der Ceinmand 
abgeschnitten werden, damit sie den Plaß auch richtig 
ausfülle. Das kostete oiel Zeit. Plößlich wird an der 
Kirchentür gepocht und im Ramen des Gesekes Ginlaß ge 
fordert. Während die Priester die Zutritt Begehrenden 
aufhalten, schneidet Ponzone resolut den Tizian oon dem 
PRauerbalken, der ihn durch die Jahrhunderte getragen, 
schneidet die kostbare Ceinwand aus und hängt die Kopie 
an die Stelle. Gr rollt das echte Bild zusammen, oerbirgt 
es und alles glückt. Am nächsten morgen ist er mit dem 
Plleisterwerke schon unterwegs, um es einem Condoner 
Ciebhaber zuzuführen. 
Auch mit einer berühmten PRadonna Raffaels, die 
ihm der JTtarquis Aresa für 50.000 Cire oerkaufte, mufjte 
der Händler in Rächt und Rebel flüchten, weil die Familie 
des JTlarquis während der Abnahme des Bildes hinzukam 
und das Gerücht eines Diebstahls nun gewaltiges Auf 
sehen erregte. 
Kunststickereien. 
Die Künste und das Kunstgewerbe liefern so Vollendetes, 
der gute Geschmack ist so nerfeinert, dafj es schwer hält, efroas 
zu finden, das nicht auch heute überall und aufs beste 
gearbeitet würde. Und doch gibt es unter den Kunstpradukfen 
ein Stiefkind, das kaum gepflegt wird tuie uor Zeiten, ruo im 
Kloster, im Schlofj und im Bürgerhaus die schönsten Zierden der 
Interieurs entstanden. 
Kunststickerei heifjf dieses Stiefkind. Cs ist nahe oerroandt 
mit dem edelsten, dem unschäfjbaren Gobelin, ist zu müheuoll für 
unsere kurze Zeit und roird oor allem oerdrängt oon sehr schätj- 
baren dekoratiuen Techniken, roie Applikation, ITlaschinarbeit etc., 
welche Techniken aber alle unter dem Zeichen des die Augen er 
müdenden stehen, da es eben an der Jndioidualität und jener 
Hingebung fehlt, die etwas besonderes und persönliches aus jedem 
alten ITlusselinefuch, aus jedem Kelchdeckchen machen. 
Unoergefjlich sind mir die Schäle, die llonnberg und 
andere österreichische Klöster einst in Salzburg im Künstlerhaus 
uereint hatten, oon denen nichts übertroffen wurde und nichts 
erreicht wird, was ich seither gesehen habe. 
eine kleine Kollektion oon etwa 25 Arbeiten, die sich ganz 
an jene anlehnen und zum Teil oon ihnen inspiriert sind, wird 
in den nächsten Tagen in den Räumen des Kunsfoereines (1., 
Weihburggasse 22) zur Ausstellung gelangen. Cs sind alle Sfil- 
arten da oertreten, die Anspruch auf Wert in der Innendekoration 
erheben können. Reproduktionen, die mit dem raffiniertesten Ge 
schmack und mit dem kostbarsten material, manche nach alten 
und ältesten Vorbildern, uiele nach entwürfen der oornehmsten 
Künstler geschaffen wurden. Kein Stück existiert im Duplikat bis 
auf eines, welches heute im Besifje eines ITluseums ist. Da sind 
Wandbespannungen, die sich in kühnen Cinien, Blumen und Früchte 
oercinigend, auf weifjem, leicht goldig getontem Atlas ausnehmen, 
als sähe man durch ein wunderoolles Glashaus in den kühlen 
Abendhimmel. Kleine Panneaux im Stil Couis XV., wo auf hellem, 
wie ziselierten Grunde, die Radel Buketts aufblühen läfjt, die jenen 
Eindruck des Selbstoerständlichen heroorbringcn, den sonst nur 
Bilder machen. Dossiers und Fauteuilbezüge in Flachstich, fest 
gefügte Zeichnung und helle, freudige Farben, als habe man die 
Stücke aus alten Schlössern entführt; allerdings entstammen manche 
dieser Vorbilder einem ehemaligen Candsik des Grafen o. Cham 
bord. Da ist eine Klaoierdecke auf alt-rosa Grund, echtester 
Couis XIV., ein kleiner Gobelin ebenso, eine winzige Kassette in 
Burgundertechnik, bestimmt, irgend etwas Schönes zu beherbergen, 
aber in der unübertrefflichen Feinheit der Ausführung, zarteste 
Arabesken in Gold, in denen Flamingos stehen, und Blüten, welche 
eine ITtadonna mit dem Jesuskind umrahmen, — selbst an Juwelen 
gemahnend. 
Eine meifje Tischdecke ist da, ganz bescheiden in mehreren 
gelben Tönen gearbeitet, die ist gewif} nicht mehr zu übertreffen. 
Doch ist nichts auf den Effekt gea. beitet, nichts, das die Aufmerk 
samkeit gewaltsam erregt und wer nicht an alter Kunst seine 
Freude hat, wird seine Rechnung nicht finden. 
Wien, im JTlärz. ' c. C.
	        
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