Hummer 2
Internationale SammIer-Zeitung
Seite 23
UUas Kataloge erzählen.
ein rieh non Sybel hat in einer seiner Vorlesungen
auf den hohen, aber kaum beachteten Wert hin-
geroiesen, den Autographenkatalage für die
Wissenschaft besten. Unwillkürlich wird man
an dieses Sybel sehe Wort erinnert, roenn man
den reichhaltigen Katalog einer Autographen-
sammlung durch blättert, die ooni 25.-27. d. Ul.
in dem Geschäftslokal non K. C. Henrici in
Berlin, Kurfiirsfensfraße 148, zur Versteigerung
gelangt.
Dem forscher roie dem Sammler bietet der
mit oielen Illustrationen und faksimiles geschmückte Katalog
reiche Hnregung, da fast alle hernorragenden ITlänner, die
im taufe der letzten oier Jahrhunderte das politische, roie
rein geistige und künstlerische Heben Deutschlands und
Guropas beeinflußt haben, mit Briefen oder Schriftstücken
in dieser Sammlung oertreten sind.
Den österreichischen Sammler roerden in erster Tinie
die Autographen interessieren, die sich auf sein Kaiser
haus und insbesondere auf seinen, in aller Welt oerehrten
Kaiser beziehen. Da ist besonders ein Brief des oer-
eroigten Crzherzogs franz Karl erroähnensroert, der am
18. August 1830 seinem Schroager König Tudroig 1. oon
Bayern die Geburt seines ältesten Sohnes, des jeßigen
Kaisers franz Josef I. mit folgenden Worten meldet:
„Caere ITlajestät:
Ich beeile mich, Sie zu benachrichtigen, daß meine
gute Sofie mit einem Sohne, dem Himmel sey Dank,
glücklichst entbunden morden ist. Cs ist ein äußerst
kräftiges, starkes Kind. Das Kind soroohi als auch
meine freu befinden sich so roohl als möglich unter
den Umständen einer oorausgegangenen schroeren Cnt-
bindung, roo das Kind sogar mit der Zange genommen
roerden mußte,
Caere lllajestät!
Ihr ergebenster Schroager
franz Karl.“
Schönbrunn, den 18. August 1830.
Sehr interessant ist auch ein Brief des berühmten
Bildhauers Christian Rauch oam 19. Dezember 1852 über
den ersten Besuch des Kaisers franz Josef am Berliner
Hofe. Der Künstler gibt da oon der Persönlichkeit des
jungen Herrschers — franz Josef zählte damals erst 22
Cenze folgende Schilderung: „Seit der jugendliche frische
Kaiser oon Österreich hier ist, roird jede Stunde zu einem
feste. Sein hübsches, unbefangenes fürstliches Wesen gefällt
allgemein, seine Gesichtsbildung mit überschattet schönen
blauen Augen ist ganz die der Ututter und nur im besten
Cbenmaß zeigt sich das Habsburger Herkommen. Gestern
abend hatte ich die große Chre, dem Kaiser oon Ihrer
Ulajestäf im Opernhaussaal oorgestellt zu roerden und
oorstehendes roie dessen Gewandtheit der Rede und Ciebens-
roürdigkeit recht nahe genießen zu können . . .“
Vom Kaiser selbst findet sich in der Sammlung eine
mit Bleistift geschriebene Ulanöoerorder (11 Zeilen auf
einem Oktaoblaft, 15. Dezember 1850.) Der früh oer-
storbene Kronprinz Rudolf ist durch zroei Briefe oer
treten. Ciner de dato Prag 7. Januar 1879 ist an einen
Grafen gerichtet, der andere, Taagh, 10. lllai 1886 datiert,
an Dr. G. Hayek,
Von früheren Herrschern aus dem Hause Habsburg,
bzro. Habsburg-Tothringen fehlt in der Sammlung keiner.
Von Kaiserin IllariaTheresia finden roirfünf Autographen,
(fig. 8) gibt die Schlußworte einer Verfügung in Regierungs
sachen des Königreichs Ungarn wieder.
Reich ist die Sammlung an Autographen deutscher
Herrscher und Staatsmänner. Cine Rarität bildet ein eigen
händiger Brief des großen Kurfürsten an den Ularkqrafen
Cm st zu Brandenburg datiert: Cölnn an der Spree, 5. Apriliis
1667: „Was das bewußte Werk anlangt, so roerde ich mich
geroiß in Carolsbandt einstellen und roollen oor allem als
dan abrede nehmen“. Von friedrich Wilhelm I. ist ein
zehn Tage oor seinem Tode an den Generalleutnant ITlann-
roiß gerichteter Brief: „Potsdam, 21. Ulay 1740: Dieses
ist die erste Rächt, daß ich 5 Stunden geschlafen habe.“
Cs war der leßte Brief des Königs.
friedrich der Große ist mit oier eigenhändigen
Briefen und der äußerst seltenen Unterschrift unter einem
Todesurteil oertreten, roider den Ulusketier Wigand, „daß
derselbe wegen Crschießung seiner Chefrau mit dem
Schroerdte zu richten und sein Körper auf dem Rieht Plaß
zu oerscharren. Berlin, 7. July 1785“. Von der Königin
fuise liegen mehrere Briefe oor, die Streiflichter auf die
politischen Vorgänge jener Zeit werfen. Den Cindruck, den
der Tod dieser fürstin iibfe, gibt ein Brief des „lustigen“
Onkels Georg (tandgraf oon Hessen-Darmstadt) wieder,
der am Tage des Ceichenbegängnisses ein Schreiben mit
folgenden Worten unterbricht: „Cben kommt der Teichen-
roagen und der Sarg oor meinem fernster an und stört
alle fassung, die ich nur mit Ulühe mir abgeroinnen kann
Verzeihen Sie daher die Cile dieses Bidets . .
Wie gut es Kaiser Wilhelm I. schon als Prinz oon
Preußen mit den kleinen Teilten meinte, zeigt folgender
Brief an den Intendanten der königlichen Theater: „Berlin,
10. IRärz 1847. Wenn Sie mich fragen, was ich zu Ihrem
heutigen Crlasse sage, so erwidere ich, daß ich eine so
unglaublich kleine Beschränkung der Ausgaben für die
königliche Kasse oöllig unpassend halte, wogegen es aber
eine ungemeine Härte, ist, Personen, die so schlecht an und
für sich bezahlt sind, den Cebensunterhalt auf solche Weise
nach zu oerkürzen.“
Vom Kaiser Wilhelm 11. ist eine sehr schön aus
geführte kalligraphische Arbeit als dreizehnjähriger Prinz:
„Programm zu einer Theateraufführung im kronprinzlichen
Palais. Berlin, Sonntag, den 25. februar 1872. Das Gast
haus im Spessart. Schauspiel in drei Aufzügen.“ Prinz
Wilhelm spielte den jungen Goldschmied felix.
Von der Kaiserin Auguste Viktoria ist ein Brief
nom 23. februar 1865 oorhanden, der „Hiebe Cousine“ über’