Seife 156
Hummer 10
Internationale Sammler-Zeitung.
kann, und dafj der Einfachheit halber dazu eine Platte der kursie
renden Emission benußt wurde. Immerhin darf nicht uergessen
merden, dafj dieses Kontrollzeichen ja kein eigentliches Wasser
zeichen ist, sondern einfach durch Pressung in das Papier einge
drückt wurde und demnach dem uorlicgenden Stück auch nach
träglich eingeprägf morden sein kann. Da aber auch das Papier
non demjenigen der Ausgabe 1854 abroeichf, mufj dach offenbar
mit einem besonderen Druck zu Versuchszwecken oder der irr
tümlichen Bcnußung eines unrichtigen Papieres gerechnet werden.
Die Einprägung des Kontrollzeichens macht absolut den Eindruck,
als ob sie oor dem Druck der ITlarke oorgenommen worden wäre
und nicht etwa nachträglich unter gleichzeitiger Beleuchtung des
Papieres. Beoor das Stück aber als echte Abart bezeichnet werden
darf, sollte die Existenz weiterer Exemplare festgestellt werden,
oder dann müßte ein Beleg dafür erbracht werden können, daf3
das Stück wirklich oon einem Brief übgelöst morden ist. Dieser
ITleinung ist auch ein bekannter schweizerischer Prüfungskommissär,
dem die lllarke zur Prüfung Dargelegen hat. Jedenfalls ist sie
sehr interessant.
(Die Internationale Postwertzeichen-Ausstellung
Wien 1911.) Von geschälter Seite wird uns geschrieben: „Just in
den Tagen, in denen das Schicksal der Säle der k. k. Gartenbau-
Gesellschaft dem Schauplaß der ersten österreichischen Brief-
marken-Aussteliung im Aooember des Jahres 1881 — besiegelt
wird, kommt eine frohe Botschaft: Eine dritte Briefmarken-Aus-
stellung in Wien. Aach einer Pause uon einundzwanzig Jahren
wird Wien wieder der Sammelpunkt aller Philatelisten sein, nicht
zum Schaden der Residenz und nicht zum Schaden dieses schönen
Zweigs des Sammelsports. Vieles hat sich im Caufe der Zeit ge
ändert. Der kleinen, in bescheidenem Rahmen gehaltenen „Garten-
bau“-Ausstellung folgte im Jahre 1890 die schon größere im k. k.
ITluseum für Kunst und Industrie, der nun in den Tagen uom 7.
bis 17. September in den Sälen der Sezession die dritte Inter
nationale Postwertzeichen-Ausstellung folgen wird. Sehr weit sind
bereits die Vorarbeiten gediehen, was Wien an bekannten Hamen
auf dem Gebiete der Philatelie aufzuweisen hat, ist seit Wochen
zu fruchtbringender Arbeit oereinigf und das kleine Berafungs-
zimmer des uorbereitenden Komitees im Hotel Klomser ist fast
wöchentlich der Sammelplaß aller philatelistischen Koriphäen Wiens.
Auch uon den Behörden wird der kommenden Ausstellung das
größte Interesse entgegengebrachf. Von Seite des k. k. Arbeits
ministeriums mit einer ansehnlichen Suboentian bedacht, erfreut
sich die Internationale Postwertzeichen-Ausstellung Wien 1911 des
Protektorates des Handelsministers Dr. Richard Weiskirchner
und des Ehrenpräsidiums des Generaldirektors für Post- und
Telegraphen-Angelegenheiten, Sektionschefs Dr. friedrich Ritter
Wagner oon Jauregg Ebenso haben die Postdirektion, die
Staatsdruckerei und die Ceitung der Sezession dem Unternehmen
ihre Dollste Unterstützung zugesichert. Eine besondere Überraschung
ist allen Philatelisten durch die Alitarbeiterschaft des bekannten
lllalers und Schöpfers der österreichischen Jubiläumsmarken, Pro
fessors Kalo llloser zugedacht. Ihm dankt die Internationale
Postwertzeichen-Ausstellung den Entwurf der Ausstellungs-
marke, die, Dom ITleister Schirnböck gestochen, ein Kunstwerk
besonderer Art bildet, dessen Herstellung die k. k. Staatsdruckerei
übernommen hat. Diese marke wird gewiß das Entzücken aller
Kenner finden. Von internationalen Größen und Sammlern liegen
bereits umfangreiche Anmeldungen oor und auch die Händler
werden mit erstklassigem material oertreten sein. Die Dollste
Anerkennung aller Fachleute werden aber die Ausstellungsräume
selbst finden. Eine Belichtung, wie sie nur ein der Kunst ge
widmetes Gebäude zu bieten oermag, sichert den einzelnen Samm
lungen die größtmöglichste Entfaltung, eine Errungenschaft, die
gegen frühere Ausstellungen dieser Art sehr in die Wagschale
fällt. Zu gleicher Zeit tagt in Wien auch der 25. Deutsche Phila-
lelistentag. Schon heute ist dessen glanzDoller Verlauf gesichert
und das zeitliche Zusammentreffen beider Veranstaltungen wird
gewiß nur zum Erfolge der Internationalen Postwertzeichen-Aus
stellung beitragen. So darf der frohen Hoffnung Ausdruck ge
geben werden, daß die Internationale Postwertzeichen-Ausstellung
Wien 1911, an deren Spiße Herr Hermann de la Rcnotiere Ritter
oon Kriegsfeld als Präsident, die Herren Polizeirat Grimm,
J.-U.-Dr. Friedrich Uhl und Rudolf friedl als Vizepräsidenten und
Herr A. Passer als Sekretär stehen, jenen Erfolg finden wird,
der nicht nur im Interesse des Ansehens unserer Stadt, sondern
auch im Interesse der so wichtigen Briefmarkenkunde oom Herzen
zu wünschen ist.“ — Das Sekretariat der Ausstellung befindet
sich Wien, IX./,, ITlüllnergasse 4, wohin alle Zuschriften zu richten
sind. Allen Ausstellern wird eine besondere Versicherungs
möglichkeit ihrer Sammlungen geboten und werden die einzel
nen Ausstellungsobjekte Tag und 11 acht eigenen Aufsichtsorganen
unterstellt sein. Die Ausstellung umfaßt 20 Klassen mit 60 Sekti
onen, deren jede mit zahlreichen llledaillen, sowie Aner
kennungsdiplomen bedacht ist.
Uhren.
(Eine Standuhr oon falconnet.) Der kürzlich in Paris
oerstorbene Graf Jsaac de Camondo hat, wie man sich erinnert,
seine bedeutenden Kunstschäße dem ITluseum des Couure oermachl,
Die TesfamentsDollsfrecker des Grafen sind jeßt, so berichtet man
aus Paris, damit beschäftigt, dieses Vermächtnis an Herrn
Dujardin-Beaumeß, den Unterstaatssekretär der schönen Künste,
auszuliefern, und es wird nicht mehr lange dauern, bis die „Samm
lung Camondo“ eine allen Blicken zugängliche Aufstellung gefunden
haben wird. Das wertoollsfe Stück der Sammlung ist jene oft
geschilderte Standuhr mit den drei Grazien, die Etienne-lTlaurice
falconnet, der berühmte Bildhauer, der oon 1716 bis 1791 lebte,
schuf. Und es dürfte wenige Kunstwerke geben, die im Caufe
einer oerhältnismäßig kurzen Zeit so fabelhaft im Werte gestiegen
sind, wie diese Uhr. Sie stellt drei unbekleidete Grazien oor, die
sich, untereinander durch Blumengewinde uerbunden, an eine Säule
lehnen, auf der sich eine zweihenklige Vase erhebt. Ein schmaler
Streifen an der Vase dient als Zifferblatt. Schon die Zeitgenossen
falconncts bewunderten diese Grazien, oon denen der Philosoph
Diderot im Scherz gesagt haben soll: sie zeigten alles, nur nicht
die Stunden. Im Jahre 1855 befand die Uhr sich im Besiße eines
Kaufmanns in frankfurt am Alain. Hier sah sie ein erfahrener
Kunsthändler, erwarb sie für 1200 lAark und oerkaufte sie bald
darauf um 5600 lAark an den Baron Double, einen der bekann
testen Pariser Kunstsammler llach dem Tode des ßa ons Double,
1881, wurde sein llachlaß in alle Winde oerstreut. Graf Isaac de
Camondo kaufte bei der Versteigerung, die eine der bedeutendsten
ihrer Art mar und im Ganzen 2,600.000 franken brachte, die Uhr
falconnefs für die Summe oon 101.000 franken. Alan fand den
Preis damals schrecklich hoch, ja er wurde geradezu als ein Beispiel
dafür, zu welchen unsinnigen Ausgaben die Sammlerwut führen
könne, angesehen. Es sollte sich heraussteilen, daß der Graf
Camondo auch bei dieser Gelegenheit seinen Geschäftssinn nicht
oerleugnet hatte. Denn als die Uhr 1900 in der Ausstellung der
retrospektioen französischen Künste in Paris zu sehen war und
allgemeine Bewunderung erregte, bot ein Amerikaner für sic eine
runde ITliliion. Aber Graf Camondo oerlangte deren zwei, und an
dieser kleinen Differenz scheiterte das Geschäft. Somit hat das
zarte und zerbrechliche Kunstwerk in dem Zeiträume eines halben
Jahrhunderts mindestens um das tausendfache seines Wertes
zugenommen.
Uerschiedenes.
(Erwerbung eines alten Kunstwerkes). Aus Tri es t
wird uns geschrieben: Seit zwei Wochen schmückt die Hauptwand
zwischen dem Crocefisso- und dem hl. Sergius-Alfare im St. Justus
schiffe der Kathedralbasilika ein künstlerisch mertoollcs, oermutlich
aus dem Ausgange des 15. Jahrhundertes stammendes Triptychon,
das in drei Aischen den hl. Augustin, den hl, Sebastian und einen
Schußengel, in einem ITIittellelstücke darüber den Dom Tode erstan
denen Heiland darstellt, lllan hat Grund zur Annahme, daß dieses
Bildwerk einst der heute oerfallenen Klosterkirche zu San Bernardino